NBA

"Das Hawks-System schadet Schröder"

Die SPOX-Redakteure diskutieren mit Demond Greene über die anstehenden Playoffs
Cookie-Einstellungen

Dennis Schröder hat zu wenig Unterstützung für Runde zwei

Demond Greene: Für mich ist in Atlanta die Frage: Wem gehört das Team? Schröder? Millsap? Howard? Das ist nicht zu erkennen, da es keine klare Rollenverteilung gibt. Sie haben zwar Spaß, miteinander zu spielen, aber es steckt kein System dahinter. Sie waren sehr inkonstant die ganze Saison über - das glich schon einer Achterbahnfahrt. Und vor ein, zwei Wochen war es ja tatsächlich fraglich, ob sie es überhaupt in die Playoffs schaffen. Es fehlt im Vergleich zu den Top-Teams wie Boston oder Cleveland ein klarer Star, der das Team kontrolliert, verbal und auf dem Feld.

Thorben Rybarczik: Und vor allem fehlt dem Team Shooting. Genau das hat sie vor zwei Jahren, als sie Erster im Osten gewesen sind, doch ausgezeichnet in einem Spielsystem, in dem es Fünfer-Lineups gab, in denen jeder Spieler den Dreier treffen konnte. Sie lagen bei der Quote von Downtown auf Rang zwei - in diesem Jahr ist es Rang 24. Das war mit der Umstellung von Horford auf Howard zu erwarten, aber es fehlt halt auch auf den anderen Positionen Feuerkraft. So hilft das beste Ball Movement der Welt nicht weiter. Ich sehe auch das Problem, dass kein weiterer Backcourt-Spieler selber kreieren kann, Tim Hardaway ist da nicht konstant genug. Deshalb fehlt es in der Tat an Unterstützung für Dennis. Wenn dann auch noch Millsap einen schwachen Tag erwischt, sehe ich in den Playoffs überhaupt kein Land für dieses Team.

Alex Schlüter: Wenn man sich den Kader anschaut, dann kriegen sie es schon hin. Ich habe schon Spiele gesehen, bei denen man wirklich das Gefühl hatte, sie machen es der Defense des Gegners schwer, wenn Schröder in den Drive kommt. Und wenn er sich etwas zurücknimmt, gehen sie über Millsap in den Post. Aber ihr habt schon recht: Es gibt mit Sicherheit auch Spiele, in denen man das überhaupt nicht erkennt, in denen man leider auch bei Dennis noch sieht, dass er keine Alternative hat, wenn die ersten Würfe nicht fallen. Ich bin aber auch der Meinung, dass Coach Budenholzer nicht alles richtig gemacht hat. Er hat zu spät Verantwortung in die Hände von Dennis gelegt. Das Verhältnis von den beiden ist ja sowieso etwas schwierig. Ich will das Ganze jetzt nicht dramatisieren, aber bei dem, was man in den letzten Monaten aus Atlanta mitbekommen hat, hat man das Gefühl, dass nicht viel passieren muss, bis die beiden aneinandergeraten. Und das ist natürlich nicht die beste Voraussetzung. Und: Dieses Team ist nicht rund zusammengestellt. Da sollte man im Sommer noch einmal rangehen. Aber es gibt Potenzial. Deshalb sehe ich sie beispielsweise gegen Washington vorne.

Martin Klotz: Im Ernst, Alex? Ich habe sie gegen die Wizards hinten - und zwar deutlich. Ich finde die Frage von Demond spannend: Wem gehört das Team? Dennis hat in den ersten Wochen der Saison einen guten Job gemacht und gezeigt, dass er Starting Point Guard sein kann. In der zweiten Saisonhälfte war ich aber enttäuscht von ihm. Oft war es so, dass er abgesehen von seinem Speed keine Ideen und Möglichkeiten hatte, das Spiel zu beeinflussen. Und ich hatte das Gefühl, dass sich das Team damit abgefunden hat, einfach nur um Platz 6 bis 10 zu spielen. Niemand hat den Willen und die Energie gezeigt, das ändern zu wollen. Das war auch bei Dennis so: Wenn das erste Pick-and-Roll nicht funktioniert hat, war der Angriff praktisch tot. Und es fehlte an Einsatz, dann noch etwas draus zu machen. Da habe ich mir mehr erwartet. Und auch generell hätte er nach dem überzeugenden Beginn als Starter mehr und mehr die Führungsposition für sich einfordern sollen.

Alex Schlüter: Und genau das ist bei Budenholzer so schwierig! Seine Teams werden von ihm bestimmt. Nur sehr wenige Coaches sagen so viele Spielzüge an wie er. Das schadet Schröders Spiel, der ja vor allem von Spontaneität und Kreativität lebt. Ich habe das Gefühl, dass Budenholzer nicht mit sich selbst vereinbaren kann, diesem Charakter Dennis Schröder, mit dem er oft genug aneinandergerät, die Zügel in die Hand zu geben.

Demond Greene: Ich sehe ein weiteres Problem, Alex: dem Team fehlt noch ein Guard. Schröder ist auf der Eins auf sich allein gestellt. Malcolm Delaney ist ein Rookie und braucht noch Zeit, auch Jose Calderon ist bisher kaum ein Faktor. Dennis muss die Verantwortung allein tragen. Es gibt bei den Hawks keine Aufstellung, in der mal ein anderer Spieler den Ball bringt und Schröder auf der Zwei spielen und sich etwas erholen kann. Bei den anderen Top-Teams ist das nicht so: Da gibt es Deron Williams in Cleveland, Shaun Livingston bei Golden State oder Jamal Crawford und Austin Rivers in L.A. Jeder von ihnen kann mit den Startern zusammenspielen und die Topspieler entlasten. Meine Meinung: Atlanta hätte Jeff Teague behalten sollen. Die beiden hätten sich einfach abwechseln können - mal der eine auf der Eins, mal der andere. Natürlich Schröder gern als Starter und Teague von der Bank, aber in der Schlussphase hätte man beide auf dem Court gehabt. Das hätte den Backcourt viel unberechenbarer gemacht. Aber so sehe ich auch nicht, dass sie gegen die Wizards eine Chance haben werden.