Im US-Sport gibt es den Begriff "New Owner Syndrome" und seltener war er so passend wie in Phoenix. Vor gut 14 Monaten übernahm Mat Ishibia die Kontrolle über die Franchise von Ex-Besitzer Robert Sarver, der sich über Jahre den Ruf eines Pfennigfuchsers erarbeitet hatte. Aufgrund eines Verfahrens wegen Belästigung am Arbeitsplatz musste Sarver verkaufen und Ishbia wurde zunächst wie ein Heiland gefeiert, obwohl Phoenix zu diesem Zeitpunkt eine enttäuschende Saison spielte.
Dabei waren die Suns in einer guten Position. Sie hatten alle ihre Picks, eine funktionierende Mannschaft, die noch 2021 bis in die Finals marschierte und in Devin Booker einen aufstrebenden Superstar. Klar, Chris Paul alterte, dennoch war Phoenix gefühlt nur einen Move davon entfernt, wieder ein waschechter Contender zu sein. Geduld wäre angesagt gewesen, bis der richtige Move da sein würde, aber bei neuen Besitzern braucht es stets mal ein Statement - das erste Anzeichen des "New Owner Syndrome."
Phoenix Suns: Mat Ishbia hat das "New Owner Syndrome"
Für Ishbia war das Kevin Durant, damals 34 Jahre alt. Höchstpersönlich schubste er den Deal, der über Monate in der Schwebe war, über die Ziellinie, für den zweimaligen Finals-MVP wurde beinahe das komplette Tafelsilber verscherbelt. So ist das oft mit neuen Besitzern, Geduld ist eben keine Stärke. Dabei handelt es sich stets um erfolgreiche Geschäftsmänner, oft Selfmade-Milliardäre, die in ihrem Leben mit Sicherheit großartige Entscheidungen getroffen haben und unzählige Deals abgeschlossen habe, im Sport dann aber auf die Nase fallen.
Die NBA ist nicht vergleichbar mit der Wirtschaft, sie ist zwar kapitalistisch veranlagt, hat aber eben auch fast schon kommunistische Züge aufgrund des Salary Caps, die durch den neuen Tarifvertrag noch einmal verschärft wurden. Und Ishbia? Der bügelte all diese Bedenken weg und versicherte, alles zahlen zu wollen, was nötig sei.
Das mag vor ein Jahren noch möglich gewesen sein (siehe die Clippers mit Steve Ballmer oder die Warriors), nun aber hat die NBA dem mit neuen Regularien einen Riegel vorgeschoben, just als Ishbia als Neuling in die Liga kam.
Phoenix Suns: Der Beal-Trade wird die Franchise verfolgen
Jedem war in diesem Moment klar, wie klein das Titelfenster sein würde. Immerhin, mit Durant kam der wohl am besten zu integrierende Superstar und Phoenix spielte den Rest der Saison wie ein Titelanwärter, bevor sich der alternde Chris Paul in der Serie mit Denver verletzte und die Suns letztlich mit 2-4 gegen den späteren Champion in der zweiten Runde ausschieden.
Das Ganze löste eine Kettenreaktion aus. Coach Monty Williams musste seinen Hut nehmen, der umstrittene Deandre Ayton wurde getradet und dann folgte auch noch der wohl größte Fehler unter Ishbia: Ein letztes Mal warfen die Suns für Bradley Beal alles in die Schale, was sie hatten. Jener Beal, der auf einem der schlechtesten Deals der NBA sitzt, eine No-Trade-Klausel hat und den viele andere Teams nicht einmal mit der Kneifzange anfassen wollten.
Warum war denn Beal für ein paar Zweitrundenpicks zu haben? Die Suns stellten sich diese Frage scheinbar nicht und Spiel 6 der Wolves-Serie war letztlich das beste Beispiel für dieses unfassbar teure Missverständnis (9 Punkte, 6 Turnover, 6 Fouls). Übrigens: Für die Saison 2026/27 hält Beal - da ist er 33 Jahre alt - eine Spieler-Option über 57,1 Millionen Dollar, man könnte meinen, dass er sie zieht. Hatten wir schon erwähnt, dass er jeden Trade ablehnen kann?
Phoenix Suns: Wie bei den Looney Tunes
Beal soll hier gar nicht der Sündenbock sein, für seinen Vertrag sowie seine chronischen Verletzungsprobleme kann er schließlich wenig. Es zeigt stattdessen, mit wie wenig Bedacht Phoenix bei der Kaderplanung im Sommer vorging. Phoenix hat drei Stars, die alle gerne werfen, dafür gab es keinen echten Spielmacher und keinen Center, der die Drecksarbeit erledigte. Das alles wurde nach dem von Ishbia selbst ausgerufenen Mantra "Gewinnen um jeden Preis" völlig vergessen.
Und wer meint, dass Ishbia hier kein Faktor ist, dem sei dieser Bericht ans Herz gelegt, in dem ein anonymer Mitarbeiter wie folgt zitiert wird: "Es ist wie bei den Looney Tunes hier. (...) Er ist sehr involviert, zu involviert. Ich weiß, dass er College Basketball gespielt hat. Aber ich würde sagen, dass er absolut keine Ahnung hat, wenn es um Basketball geht. Und doch trifft er hier alle großen Entscheidungen."
Ich diagnostiziere hier endgültig "New Owner Syndrome". Vieles erinnert an die Jahre von Mikhail Prokhorov bei den Brooklyn Nets, der Haus und Hof für die Alt-Stars Kevin Garnett und Paul Pierce opferte (Boston sollte dies Jaylen Brown und Jayson Tatum bescheren) und damit ähnlich krachend scheiterte. Es dauerte fast eine halbe Dekade, bis sich die Nets von diesem Fiasko erholten.
Phoenix Suns: Mehr All-In ging gar nicht
Die Suns stehen dank Booker und Durant - sie sind noch immer Top-15-Spieler - zwar besser da, doch schon kommende Saison wird Phoenix weit über 200 Millionen Dollar an Gehältern zahlen müssen. Sollte dies zum Ende der Spielzeit 2024/25 immer noch der Fall sein, verlieren die Suns ihren Erstrundenpick 2032. Und das alles für ein Aus in der ersten Runde?
Sicher ist der Misserfolg nicht nur Ishbia anzulasten, schließlich steht er nicht auf dem Feld und selbst mit diesem alles andere als perfekten Kader hätten die Suns besser abschneiden müssen. Doch die Entscheidungen der letzten Monate haben Phoenix in eine Ecke gedrängt, aus der man kaum wieder herauskommt.
So stehen die Suns mit dem teuersten Kader der Liga da, haben so wenig Flexibilität wie kein anderes Team (es wurden bereits Swap-Rights für weitere Swap-Rights getauscht) und müssen eigentlich darauf bedacht sein, die Kosten zu kürzen. Wie das funktionieren soll? Völlig offen. Noch nie ging ein Team so All-In wie diese Suns-Franchise und nun reichte es nicht einmal zu einem einzigen Sieg in den Playoffs. Das ist ein Totalschaden und derjenige, der wohl die größte Verantwortung trug, der kann nicht einfach ausgetauscht werden.