Das Championship-Team ist tot, lang lebe das neue Dallas! Die Mavericks-Tradepolitik ist ungewöhnlich, riskant - und hoch spannend. Doch was können die Verpflichtungen? Die neuen Gesichter im Kurz-Porträt: Lamar Odom, Vince Carter, Delonte West, Brandan Wright, Sean Williams und der neue Defensiv-Guru Monte Mathis.
Am 25. Dezember ab 17.45 Uhr: Der NBA-Saisonstart mit Nowitzki LIVE bei SPOX!
#7 Lamar Odom
*6. November 1979
Größe/Gewicht: 2,08 Meter / 104 Kg
Position: Power Forward / Small Forward
NBA-Erfahrung: 10 Jahre
Klubs: Los Angeles Lakers, Miami Heat, Los Angeles Clippers
Die erste Reaktion war ein "Nein? Wirklich?". Nicht nur Brian Cardinal zeigte sich überrascht, wie eilig es das TV-Team damit hatte, bei den Mavericks die ersten Aufnahmen für die Reality-Sendung von Lamar Odom und seiner Frau Khloe Kardashian zu schießen.
Bei Odom selbst ist herauszuhören, dass ihm all der Trubel, den er aus L.A. mitbrachte, etwas unangenehm ist: "Ich werde mit meinen neuen Mitspielern, Coach Rick Carlisle und Besitzer Mark Cuban darüber sprechen."
Zumindest Dirk Nowitzki erteilte ihm Absolution: "Im Locker Room ist eh immer der Zirkus los. Daher ist es okay, solange die Kameras nicht vor meinem Haus stehen."
Mit seiner medialen Überpräsenz riskiert Odom, mehr als Celebrity denn als NBA-Profi wahrgenommen zu werden - dabei weiß er mit dem Basketball so behände umzugehen wie kaum ein anderer. Man könnte so weit gehen zu behaupten, dass Odom der einzigartigste Basketballer der Liga ist.
Niemand kombiniert die Größe und die Skills eines Big Man mit den Ball Handling und dem Überblick eines Point Guards wie er. Sein Idol der Kindheit war Jason Kidd - und wer Odom passen sieht, fühlt sich unweigerlich an seinen neuen Teamkollegen erinnert. Carlisle nennt ihn daher einen "Point Power Forward".
Entsprechend wird es nicht möglich sein, für Odom ein exaktes Aufgabenprofil zu umreißen. Mal wird er Nowitzki als Power Forward vertreten, mal Shawn Marion als Small Forward. Abhängig von Gegner und Taktik soll er, ähnlich wie beim WM-Sieg 2010 mit dem US-Team, auch als Center auflaufen.
Das alles wird ihm zugetraut, weil seine Palette an Talenten schier grenzenlos ist: Er scort zuverlässig (letzte Saison: 14,4 Punkte), reboundet exzellent (8,7), verteilt Assists (3,0) und trifft ordentlich von der Dreierlinie (38,2 Prozent). Carlisle: "Mit Lamar haben wir unserem Spiel unglaublich viele Dimensionen hinzugefügt."
Die Mavericks mussten Tyson Chandler gehen lassen - und ersetzen ihn durch den flexiblen Odom. Dadurch geht Dallas ein Center der Premium-Güte ab, dafür werden die Mavs unkonventioneller, unberechenbarer - und gefährlicher von der Bank. Mit Odom und Jason Terry verfügt der Meister über zwei Reservespieler, die in den letzten drei Jahren je einmal zum besten Sixth Man der NBA gewählt wurden.
Vince Carter: Half Man, Half Amazing mit der Dunk-Phobie
Delonte West: Die seltsame Mischung aus Barea und Stevenson
Brandan Wright: Kevin Garnett für Arme
Sean Williams: Block-Monster oder Faultier?
Monte Mathis: Der neue Defensiv-Guru
#25 Vince Carter
*26. Januar 1977
Größe/Gewicht: 1,98 Meter / 100 kg
Position: Shooting Guard / Small Forward
NBA-Erfahrung: 12 Jahre
Klubs: Phoenix Suns, Orlando Magic, New Jersey Nets, Toronto Raptors
Im vergangenen Jahrzehnt war Carter "Half Man, Half Amazing" und sein Spitzname "Vinsanity" fasste zusammen, wie überirdisch verrückt seine Athletik war - und wie egozentrisch sein Verhalten ob seines Privilegs als Superstar. Getty
Aber mit schwindender Athletik wurde auch sein Wesen bodenständiger. Spätestens mit dem Trade 2009 von New Jersey nach Orlando richtete sich Carter in der Nische als Rollenspieler ein, der nicht klagt und schlicht das liefert, was verlangt wird: Punkte.
Der 34-Jährige mag als Basketballer langweiliger geworden und verletzungsanfällig sein, doch er weiß immer noch, wo der gegnerische Korb hängt: "Ich spiele schlauer als früher. Ich habe mich in Demut geübt und über die Jahre die fundamentalen Dinge gelernt. Ich versuche nicht mehr, die Leute nur zu überspringen. Das ist mir mittlerweile zu riskant."
In der vergangenen Saison gelangen ihm für Orlando und Phoenix 14,0 Punkte (36,1 Prozent Dreier), 3,8 Rebounds und 2,0 Assists.
Durch seine kostengünstige Verpflichtung (3 Millionen Dollar pro Jahr) war Dallas in der Lage, Rudy Fernandez und Corey Brewer abzugeben und weitere Millionen zu sparen. "Ich weiß nicht, ob Vince noch jede Nacht 25 Punkte liefern kann. Vince ist dennoch jemand, der 25 Punkte macht, wenn es nötig ist", sagt Besitzer Cuban.
Es bleiben trotz allem die Zweifel ob seines maladen Körpers - die erste Trainingseinheit verpasste er wegen einer leichten Entzündung im Knie - und seiner fast schon notorischen Nachlässigkeit in der Verteidigung. Dies sei aber nicht folgenschwer für Dallas, sagt Jason Terry: "In unserem System kann jeder Defense spielen. Ihr habt doch mich und Dirk letztes Jahr gesehen, oder nicht?"
Lamar Odom: Jason Kidd im Körper eines Riesen
Delonte West: Die seltsame Mischung aus Barea und Stevenson
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#13 Delonte West
*26. Juli 1983
Größe/Gewicht: 1,91 Meter / 82 kg
Position: Point Guard / Shooting Guard
NBA-Erfahrung: 6 Jahre
Klubs: Boston Celtics, Cleveland Cavaliers, Seattle SuperSonics, Boston Celtics
Zwei Seelen und zwei Basketballer in einem Körper: Mit Delonte West begrüßen die Mavericks einen Neuzugang, der mit wenigen Worten nur schwer zu beschreiben ist.
Seine manisch-depressive Erkrankung und die fast schon absurd anmutende Anklage 2009, weil er in einem dreirädrigen Motorrad fahrend von der Polizei angehalten und wegen des Führens von drei Pistolen in einem Gitarrenkoffer verhaftet wurde, sind wohl dokumentiert. Gleichzeitig betonen seine ehemaligen Mitspieler aber, welch umgänglicher und von Grund auf guter Mensch West sei.
Zufall oder nicht: Ähnlich vielschichtig tritt er auch als Basketballer auf. Einerseits ist er ein Schöngeist, der Kreativität (Karrirere: 9,7 Punkte, 3,6 Assists) und einen sicheren Dreier (37,3 Prozent) sein Eigen nennt. Andererseits ist er jemand, der mit Toughness vorangeht und sich in den Gegenspieler verbeißen kann.
"Ich mag Menschen, die brav ihre Milch trinken. Aber ich mag es nicht, wenn wir zu viele Spieler haben, die nur Milch trinken. Wir brauchen Spieler, die edgy sind, die eine Attitüde mitbringen", sagt Coach Rick Carlisle.
General Manager Donnie Nelson verdeutlicht: "Delonte hat die Härte, diese Ich-nehme-keine-Gefangenen-Mentalität. Er ist ein Winnertyp und hat vor nichts Angst."
Was West umso wertvoller macht: Er wurde nicht nur extrem günstig verpflichtet (Minimun-Jahresgehalt von 1,1 Millionen Dollar) - er alleine kann auch zwei Abgänge ersetzen.
So kommt ihm die Rolle des Point-Guard-Backups für Jason Kidd zu, die zuvor der nach Minnesota abgewanderte J.J. Barea bekleidete. Außerdem soll er jene Minuten von Defensiv-Spezialist DeShawn Stevenson erhalten, um den gegnerischen Shooting Guard zu decken.
Obwohl West 5 Zentimeter kleiner und 17 Kilo leichter ist als Stevenson, wird ihm diese Aufgabe zugetraut: "Delonte trifft nicht nur den Jumpshot und versteht es, mit und ohne den Ball Einfluss aufs Spiel zu nehmen. Er kann auch jeden verteidigen", sagt Kidd.
Lamar Odom: Jason Kidd im Körper eines Riesen
Vince Carter: Half Man, Half Amazing mit der Dunk-Phobie
Brandan Wright: Kevin Garnett für Arme
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Monte Mathis: Der neue Defensiv-Guru
#34 Brandan Wright
*5. Oktober 1987
Größe/Gewicht: 2,08 Meter / 95 kg
Position: Forward / Center
NBA-Erfahrung: 4 Jahre
Klubs: New Jersey Nets, Golden State Warriors
Brandan Wright weiß nur zu gut, welch unheilvolle Wendung eine hoffnungsvolle Basketballer-Karriere genau an der Schwelle zwischen NCAA und NBA nehmen kann. Am Elite-College-Programm von North Carolina noch bejubelt und im Draft 2007 an 8. Stelle gezogen, ist seitdem nichts mehr, wie es einmal war.
Seine Vielseitigkeit sollte ihm zu einer großen Karriere verhelfen, wegen seiner Physiognomie und den athletischen Fähigkeiten wurde er gar mit dem jungen Kevin Garnett verglichen. Doch nach vier Jahren in der NBA weiß man noch immer nicht recht, wie gut Wright tatsächlich ist. Wegen zwei Schulter-Verletzungen verpasste er die komplette Saison 2009/10. Von 328 möglichen Spielen bestritt er lediglich 114. Seine Karriere-Stats: 5,4 Punkte und 3,0 Rebounds in 12,6 Minuten.
Entsprechend ungewiss ist selbst Coach Rick Carlisle über die Sinnhaftigkeit der Verpflichtung: "Er hatte seine Schwierigkeiten und viel Pech. Dennoch bleibt er ein großartiger Athlet, der extrem aktiv ist, ein gutes Gefühl für das Spiel mitbringt und eine Menge Luft nach oben hat."
Wright wird gemeinhin als Power Forward geführt, der dank seiner Schnelligkeit auch als Small Forward eingesetzt wurde. Mit seinen 2,08 Metern hält Carlisle ihn sogar dafür befähigt, als Center auszuhelfen - obwohl Wright mit 95 Kilo zu den leichtgewichtigen Big Men gehört. Gemeinsam mit Ian Mahinmi, Sean Williams und Brian Cardinal wird er um die wenigen Minuten konkurrieren, die nicht Brendan Haywood, Dirk Nowitzki, Lamar Odom und Shawn Marion vorbehalten sind.
"Letzte Saison war mein Comeback-Jahr. Ich war nicht ganz fit bis Januar, Feburar, aber in den letzten zehn Spielen habe ich mich endlich wieder gut gefühlt auf dem Parkett", sagt Wright.
Dennoch bleibt er ein Risiko für die Mavs - jedoch nur ein kleines. Wright bekam nur einen Ein-Jahres-Vertrag für das Minimum-Gehalt.
Lamar Odom: Jason Kidd im Körper eines Riesen
Vince Carter: Half Man, Half Amazing mit der Dunk-Phobie
Delonte West: Die seltsame Mischung aus Barea und Stevenson
Sean Williams: Block-Monster oder Faultier?
Monte Mathis: Der neue Defensiv-Guru
# 51 Sean Williams
*13. September 1986
Größe/Gewicht: 2,08 Meter / 107 kg
Position: Power Forward / Center
NBA-Erfahrung: 3 Jahre
Klubs: New Jersey Nets
Der Verlauf seiner Karriere in den vergangen zwei Jahren ist weniger beeindruckend, dafür aber der Spitzname, der sich seit den Anfangszeiten in der NBA hält: "Le Freak Elastique", sagte Ex-Trainer Lawrence Frank und fasste zusammen, was Williams ausmacht.
Kraft seiner Athletik gehörte der 17. Pick 2007 bereits im NBA-Debütjahr zu den besten Blockern der NBA. Zuvor hatten die Kommilitonen am Boston College für die Partien des Uni-Teams Werbung mit dem Slogan gemacht: "Die Sean Williams Block Party dürft Ihr nicht verpassen!"
spoxNach der starken ersten Saison für New Jersey (5,6 Punkte, 4,4 Rebounds und 1,4 Blocks in 17,5 Minuten) siegte jedoch der Nichtsnutz in ihm.
Die vom College bekannten Disziplinlosigkeiten, das geringe Engagement im Training, Scherereien mit der Polizei: Seine unreife Art führte dazu, dass ihn die Nets nach zwei verschwendeten Jahren entließen.
Von 2010 an verdingte sich Williams in China, Puerto Rico und den Texas Legends, dem Farmteam der Mavericks. Daraufhin unterschrieb er vor dieser Spielzeit einen Zwei-Jahres-Vertrag beim israelischen Klub Maccabi Haifa, aus dem er sich herauskaufen durfte, um nach Dallas zu wechseln.
Denn als Mavs-GM Donnie Nelson nach einem weiteren Backup für Brendan Haywood fahndete, erinnerte er sich an den 25-Jährigen und dessen Leistungen bei den Legends: 14,4 Punkte, 9,4 Rebounds und 2,0 Blocks.
Lamar Odom: Jason Kidd im Körper eines Riesen
Vince Carter: Half Man, Half Amazing mit der Dunk-Phobie
Delonte West: Die seltsame Mischung aus Barea und Stevenson
Brandan Wright: Kevin Garnett für Arme
Monte Mathis: Der neue Defensiv-Guru
Monte Mathis
*2. Juni 1967
Position: Co-Trainer / Defensive Coordinator
NBA-Erfahrung: 6 Jahre
Klubs: -
Die NBA-Variante des so oft erzählten Tellerwäscher-Märchens läuft unter dem Titel "Vom Video-Analyten zum Star-Trainer": Unter anderem beschritt bereits Miami-Heat-Headcoach Erik Spoelstra den mühsamen, aber auch vielversprechenden Weg. Monte Mathis musste ebenfalls zahllose Stunden in einem verdunkelten Büroraum der Mavericks verbringen und vor dem Laptop sitzend komplexe Spielzüge der Gegner erst erkennen, dann anaylsieren und dem Coaching-Staff zusammenschneiden.
Dies gelang ihm jedoch derart vorzüglich, dass er beginnend 2005 vom Head-Video-Coordinator über den Player-Development-Coach zum Co-Trainer und in diesem Sommer sogar zum Defensive Coordinator befördert wurde. Seine Aufgabe ist so wichtig wie herausfordernd: Ihm obliegt es, den als Headcoach zu den Toronto Raptors gewechselten Dwane Casey zu ersetzen. Als Verteidigungs-Guru und wichtigster Zuarbeiter von Rick Carlisle.
Ein wesentlicher Baustein für die gewonnene Championship war die von Casey designte Defense. Kein Team verstand es, so meisterlich zwischen Mannverteidigung und Zonenverteidigung zu variieren und die Grundprinzipien der Defense umzusetzen wie die Mavericks. Caseys exzellenter Leumund brachte ihm den Karrieresprung in Toronto - und Mathis die Chance, in der Mavs-Hierarchie aufzusteigen.
Mathis spielte unter anderem an der University of Kansas und wurde von keinem Geringeren als Trainer-Legende Larry Brown gecoacht, bevor er in Toledo weiterstudierte, wo er sich nicht nur im Basketball, sondern auch im Baseball versuchte. Mit Erfolg, nach seinem Uni-Abschluss 1981 spielte und trainierte er drei Jahre lang bei den Farmteams der MLB-Klubs Atlanta Braves und Chicago White Sox.
Darufhin arbeitete der heute 44-Jährige als Assistenztrainer an einer High School in Cincinnati sowie an mehreren Colleges (McNeese State, South Alabama, Toledo, Ohio State, Xavier). 2005, nach 11 Jahren in der NCAA, öffnete sich die Tür bei den Mavericks - eben als Video Coordinator. "Monte ist ein fleißiger Arbeiter, der die richtige Präsenz mitbringt. Er ist bereit für die Aufgabe", sagt Headcoach Carlisle.
Mathis selbst kündigt an, Caseys Vermächtnis fortführen zu wollen: "Das System wird sich nicht verändern. Unsere Veteranen kennen es und die neuen Spieler werden es so schnell es geht lernen, davon bin ich überzeugt."
Lamar Odom: Jason Kidd im Körper eines Riesen
Vince Carter: Half Man, Half Amazing mit der Dunk-Phobie
Delonte West: Die seltsame Mischung aus Barea und Stevenson