2. Was macht den Reiz aus - gerade im Vergleich zur NFL?
Jan Weckwerth (Triple Option): Zu dieser Frage könnte ich viele Seiten füllen. Für Taktikfüchse treffen insbesondere in der Offense radikal unterschiedliche Spielsysteme und -philosophien aufeinander: von Triple Option und Smashmouth über die verschiedenen Spread Offenses bis zur Air Raid. Dagegen wirkt die NFL beinahe wie ein Einheitsbrei. Auch die diversen Defense-Strategien sind hochinteressant, etwa Michigan States Press Quarters oder TCUs 4-2-5 Defense. Dadurch ergeben sich jeden Spieltag wieder völlig neue Matchups, teilweise gar ein Kampf der (Football-)Systeme mit oft spektakulärem Ausgang. Entsprechend hat die Position des Quarterbacks auch nicht die alles überragende Bedeutung wie in der heutigen NFL. Als Sportromantiker gefällt mir zudem die engere Bindung zwischen Spieler und Team: Man wählt aus den verfügbaren College-Angeboten "sein" College aus und bleibt dem auch nach Ende der Karriere beziehungsweise des Studiums stark verbunden - wenngleich die Menge an Transfers in den letzten Jahren zugenommen hat. Einen speziellen Charme versprühen auch die kleineren Conferences, bei denen noch nicht alles komplett durchprofessionalisiert ist.
mySPOX-User JaydoggBO: Was ich besonders faszinierend finde ist die Begeisterung der Fans, wenn man sich anguckt, was da für eine Stimmung herrscht und was die Fans auch für eine Show veranstalten. Weiterhin finde ich ebenfalls die Verbundenheit der ehemaligen Spieler zum College super. Ganz oft sieht man ja dass sich diese Spieler immer wieder am College zeigen und sich auch in voller Hingabe für die aktuellen Ergebnisse des Teams interessieren. Sportlich finde ich es sehr herausfordernd, dass ein College seine Spieler viel kürzer als in der NFL halten kann und auch immer frühzeitig damit planen muss, sie zu ersetzen.
Stolle (Footballerei): Diese Frage höre ich öfter. Ich habe sie tatsächlich vor einigen Monaten bei der Footballerei versucht zu beantworten. Kurz gesagt: Mich begeistern so viele Aspekte, da geht es mir ganz ähnlich wie Jan. Ich mag es, die Entwicklung der Spieler zu verfolgen. Ich mag die Unberechenbarkeit des Sports. Ich mag den College Lifestyle. Ich mag die Traditionen, die einfach leidenschaftlicher und intensiver gelebt werden als im Profibereich - egal in welchem US-Sport. Ich mag die historischen, riesigen Stadien. Ich mag die Rivalitäten. Aber vor allem mag ich die Stimmung. Wer einmal bei einem College-Footballspiel war, der wird es immer besser finden als die NFL.
Christian Schimmel (derdraft.de): Zum einen ist es für einen Mitteleuropäer, der mit Fußball samt Auf- und Abstieg sozialisiert worden ist, schon mal spannend, 120 Mannschaften aufgeteilt in regionale Ligen in einer Spielklasse starten zu lassen. Das System und auch die Meisterschaftsentscheidung, damals eines Wahlsystems plus Computer Ranking, heute per Komitee, sind in jeder Hinsicht besonders. Dazu kommt, dass in den Ligen oft sehr unterschiedliche Philosophien vertreten werden und man sehr viele verschiedene Strategien sieht. Das Wichtigste ist aber zweifellos das Drumherum: Die Stadien, die Rivalitäten, der Enthusiasmus, die Traditionen der einzelnen Colleges und auch die weitreichende Geschichte. Das ist alles eine Nummer intensiver und teilweise auch größer als die NFL. Die Stimmung und die Identifikation der Studenten und Fans mit ihren Teams ist außergewöhnlich.