NFL

Power Ranking nach Woche 4: Patriots und Chiefs - Eine Klasse für sich?

SPOX-Redakteur Adrian Franke ordnet nach dem ersten Saisonviertel alle 32 Teams ein!
© getty
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24. Tennessee Titans (2-2)

Ranking vor Saisonstart: 25.

Was genau sind die Titans? Gefühlt stelle ich mir diese Frage bei Tennessee seit drei Jahren, und das erste Viertel dieser Saison ist keine Ausnahme. Die Offense ist massiv inkonstant, das liegt teilweise an schlechtem O-Line-Play, teilweise an Mariota, teilweise an schlechten Play-Designs und teilweise an fragwürdigen Play-Calls. Also alles andere als eine vielversprechende Kombination. Die Titans sind zu Big Plays vor allem via Play Action und Screens in der Lage, was aber keine verlässliche Basis für eine Offense ist. Die Defense ist gut, insbesondere die Secondary auch mehr als das - aber wie weit führt das am Ende? Die frustrierende Prognose aus Titans-Sicht lautet vermutlich: Es führt zu einer weiteren Saison mit acht oder neun Siegen, in der man ein paar überraschende Spiele gewinnt und ein paar Spiele unnötig verliert, aber die Entwicklung der Franchise einfach weiterhin stagniert. Und dann steht natürlich die Quarterback-Personalie im Mittelpunkt, und ob man mit Mariota weitermachen will. Die ersten Spiele dieser Saison waren über weite Strecken nicht gerade gute Bewerbungsschreiben für den Hawaiianer.

23. Pittsburgh Steelers (1-3)

Ranking vor Saisonstart: 7.

Eindrucksvoller Sieg der Defense gegen ein Bengals-Team, das offensiv natürlich schlicht überfordert war. Dementsprechend sollte der Auftritt auch nicht zu sehr von zwei Aspekten ablenken: Pittsburgh hatte bislang in dieser Saison konstante Probleme in Coverage, während es sich offensiv ganz klar fortsetzt, dass die Steelers Mason Rudolph verstecken wollen. Gegen die Bengals drückte sich das in einigen Wildcat-Snaps aus, vor allem aber ist eklatant offensichtlich, dass der gesamte Game Plan mit Rudolph im Passspiel auf ein extremes Kurzpassspiel ausgerichtet ist. Vielleicht ändert sich das noch, für den Moment aber ist es nicht sehr vielversprechend, was die weitere Steelers-Saison angeht. Denn auch das Run Game klappt bislang nicht wirklich überzeugend, hier sieht man auch einen Rückschritt in der Offensive Line. Die Defense hat ohne Frage die individuelle Qualität und sollte eigentlich relativ konstant eine Top-8-Defense sein; gelingt das, sind auch weitere Siege nach dem "Bengals-Muster" möglich. Verlassen sollte man sich darauf aber nicht, anders gesagt: Von der Offense wird mehr kommen müssen. Ist Rudolph dazu in der Lage? Und sind die Steelers dazu gewillt?

22. Buffalo Bills (3-1)

Ranking vor Saisonstart: 24.

Die Bills haben eine Top-5-Defense, wer das noch anzweifelt, sollte sich dringend das Patriots-Spiel anschauen. Buffalo hat ein herausragendes Safety-Duo, sehr gute Cornerbacks und eine tief besetzte Defensive Line, in der die Last sehr erfolgreich auf mehrere Schultern verteilt wird. Dazu in Tremaine Edmunds einer der absolut aufstrebenden jungen Linebacker - der erst 21-Jährige könnte für die nächsten acht Jahre einer der besten Linebacker der Liga werden. Warum also nur Platz 22? Auch hierfür sei das Patriots-Spiel empfohlen. Sicher, es ging gegen die aktuell vielleicht beste Defense der Liga, doch ist auch das kein Grund für absurde Deep Balls in Double Coverage bei First Down. Josh Allen spielt nach wie vor auf eine Art und Weise, die man am ehesten als "wild" bezeichnen kann. In der Folge sind die Bills trotz verbesserter Offensive Line offensiv inkonstant und letztlich davon abhängig, ob Allen mehr Big Plays als Fehler auflegt. Das ist eine schwierige Basis, wenn wir berücksichtigen, dass Konstanz im Passing Game der beste Indikator für nachhaltigen Erfolg in der heutigen NFL ist. Dreht man den Spieß um, kann man auch sagen: Wenn sich das Passspiel nur halbwegs stabilisiert, sind die Bills ein Playoff-Kandidat.

21. Jacksonville Jaguars (2-2)

Ranking vor Saisonstart: 22.

Diese Jaguars-Saison verläuft in vielerlei Hinsicht nicht so, wie man es im Vorfeld vermutet hatte. Die frühe Verletzung von Nick Foles ist natürlich ein Faktor, doch es geht darüber hinaus: Die eigentlich spektakuläre Pass-Defense funktioniert zumindest in der Secondary nicht ansatzweise wie sie es sollte - hier würde es auch helfen, endlich Klarheit bei Jalen Ramsey zu bekommen. Der Pass-Rush läuft mehr und mehr heiß, doch auch gegen den Run gibt es immer wieder Lücken und verpasste Tackles. Die Defense ist in der Summe solide bis gut, aber eben nicht mehr. Stattdessen ist es die Offense, die die Schlagzeilen dominiert - und zwar nicht mit einem Run-lastigen Ansatz über Leonard Fournette, auch wenn der in Denver ein spektakuläres Spiel hatte; das präzise Kurzpassspiel von Gardner Minshew gibt den Jaguars einen sehr guten offensiven Rhythmus, minimiert negative Plays und insbesondere in D.J. Chark hat er eine echte Nummer-1-Waffe gefunden. Es wird spannend sein zu sehen, wo dieser Weg für die Jags hinführen kann, sollte die Defense sich im Laufe der Saison gemäß ihres Potenzials weiter steigern.

20. Atlanta Falcons (1-3)

Ranking vor Saisonstart: 9.

Die Saison in Atlanta steuert mehr und mehr Richtung Desaster. Die Offense zeigt das hässlichste Gesicht des Dirk-Koetter-Schemes, mit vielen Risiko-Pässen und zu vielen Plays hinter einer wackligen Offensive Line, bei denen Matt Ryan den Ball zu lange halten muss. Die Konsequenz sind Turnover und ein zu geringer offensiver Rhythmus; klickt die Offense dann mal, wie etwa in der zweiten Hälfte gegen die Colts, ist sie explosiv und schwer zu stoppen. Das aber kommt nur in Phasen, weil das Scheme den Spielern zu wenig hilft. Das Titans-Spiel war ein sehr gutes Beispiel dafür. Defensiv derweil setzte Head Coach Dan Quinn auf sich selbst, als er den Posten des Defensive Coordinators übernahm - und einmal mehr gibt es Probleme vor allem in der Pass-Defense. Der erneute Ausfall von Keanu Neal hilft natürlich wenig. Die individuelle Qualität offensiv wie defensiv ist viel höher als die Summe der Teile, also das Produkt auf dem Feld. Und das ist in aller Regel ein Zustand, den Coaches nicht lange überstehen.

19. Minnesota Vikings (2-2)

Ranking vor Saisonstart: 14.

Wann merken die Vikings, dass ihr offensiver Ansatz so nicht für höhere Ziele funktioniert? Woche für Woche bekommt man den Eindruck, dass der Game Plan in Minnesota darauf ausgelegt ist, über das eigene Run Game zu dominieren - gegen schwächere Teams wie die Raiders funktioniert das dann, doch klappt das nicht, oder muss man den Ball werfen, dann bekommt man regelmäßig den gleichen Effekt: Die Offensive Line ist nicht ansatzweise gut genug, um in offensichtlichen Passing-Situationen konstant standzuhalten. Dazu kommt das gewaltige Problem, dass Cousins mit Pressure scheinbar zunehmend mehr Schwierigkeiten hat und im Passspiel generell zu häufig der Plan B zu fehlen scheint. Das führt in der Summe zu einer inkonstanten und sehr anfälligen Offense, während die Defense zwar nach wie vor sehr gut, aber nicht mehr Woche für Woche dominant ist und das Team nicht in die Playoffs tragen kann.

18. Indianapolis Colts (2-2)

Ranking vor Saisonstart: 21.

Die Heimpleite gegen die Raiders kam natürlich sehr überraschend, aber irgendwo zeigt sie vielleicht auch, welche Art Team Indianapolis ist: Die Colts haben - zumindest wie sie bisher spielen - keine Offense, die von einem deutlichen Rückstand zurückkehren kann. Indianapolis hat extrem gut ausgearbeitete Play-Designs, einen guten Play-Caller in Frank Reich, eine sehr gute Offensive Line und Brissett spielt ebenfalls eine gute Saison; und wer den Satz gerade nochmal durchliest, entdeckt sehr viele Varianten von "gut" - und das beschreibt es vielleicht am besten. Es ist eine extreme Kurzpass-Offense und wird früher oder später im Passspiel auch mit Brissett - ähnlich wie es letztes Jahr mit Luck dann auch der Fall war - den nächsten Schritt machen müssen. Denn auf die Defense, insbesondere in Coverage, können sich die Colts bislang nicht verlassen. Indianapolis ist in der Summe zu gut, um in dieser Division nicht zumindest lange um die Playoffs mitzuspielen. Das scheint aber auch das Maximum für dieses Team zu sein.

17. Houston Texans (2-2)

Ranking vor Saisonstart: 12.

Dass Houstons Offense jederzeit zu Big Plays in der Lage ist, dürfte niemanden überraschen. Dafür sind Deshaun Watson und DeAndre Hopkins nach wie vor zu gut. Die Offensive Line ist mit Laremy Tunsil auf jeden Fall verbessert, in der Interior Line gibt es aber nach wie vor Schwachstellen und Watsons Stil, den Ball regelmäßig sehr lange zu halten, lädt Pressure natürlich auch ein. Das ist die Kehrseite der Medaille zu Watsons Big Plays und der Explosivität in der Offense, und diesen Grat werden die Texans mit ihm wahrscheinlich immer irgendwo beschreiten müssen. Sacks, kurze Drives und Phasen in einem Spiel, in denen die Offense keinerlei Rhythmus hat, gehören so auch dazu. Doch Houston rutscht vor allem ab, weil die Pass-Defense doch noch anfälliger ist als befürchtet. Der Pass-Rush ist dabei nicht das Problem, es ist eine extrem anfällige Secondary, die Houston offensiv auch gerne mal in Shootouts oder späte Rückstände zwingt. Die AFC South ist komplett offen, aber aktuell ist es schwer, den Sieger dieser Division - und für mich bleibt Houston der leichte Favorit - in den Playoffs mit einer größeren Rolle zu prognostizieren.