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Coach Jason Garrett bei den Cowboys vor dem Aus?
Es passiert nicht häufig, dass man nach einem Spiel so deutliche Aussagen bekommt wie die von Cowboys-Besitzer Jerry Jones nach der Niederlage in New England am Sonntag. Und umso seltener ist es, dass die so absolut unmissverständlich deutlich gegen den eigenen Head Coach schießen.
"Special Teams, das ist zu 100 Prozent Coaching. Zu 100 Prozent Coaching", polterte Jones mit Blick auf den geblockten Punt, der zu einem Pats-Touchdown geführt hatte, mehreren wackligen Kick-Offs und einem verschossenen Field Goal, und fuhr wenig später fort: "So, wie das Team aufgestellt ist, sollte ich nicht so frustriert sein."
Übersetzung: Der Kader ist gut, was wir daraus machen nicht.
Und weiter (und deutlicher): "Das ist sehr frustrierend, und es frustriert mich, daran erinnert zu werden, dass wir hier aufgrund einiger der Basics was Football und Coaching angeht, verloren haben."
Weiter sei es "ein signifikanter Rückschlag für unser Team. Wir haben diesen Sieg gebraucht, wir brauchten einen Sieg gegen einen solchen Gegner. Die hatten wir bisher nicht. Das ist uns durchaus bewusst."
Rund eine Viertelstunde lang sprach Jones nach dem Spiel im Stadion mit den Reportern vor Ort, und ich ging aus Jones' Auftritt mit einem ganz klaren Gefühl raus: Wir erleben die letzten Spiele unter dem Regime von Head Coach Jason Garrett.
Jason Garrett und die Aufgabe eines Head Coachs
Und das ist, ganz nüchtern gesagt, selbst verschuldet. Sicher, man kann in diesem spezifischen Spiel - und tatsächlich auf die ganze Saison gesehen, die Cowboys haben im Schnitt die ligaweit schlechteste Starting Field Position für ihre Offense mit einer durchschnittlichen Distanz von 74,2 Yards bis zur gegnerischen Endzone - auf die Probleme im Special Team hinweisen. Die aber wären in aller Regel kein Grund, den Head Coach zu entlassen.
Mit einer Aussage ganz spezifisch hat Jones ins Schwarze getroffen: Dieses Team ist zu talentiert, als dass es einen so frustrieren sollte. Und da geht der Blick dann völlig berechtigt auf den Head Coach, auf den Game Plan und auf das In-Game-Coaching. Es hat immerhin einen Grund, dass Dallas in dieser Saison noch kein Team mit positiver Bilanz geschlagen hat.
Die Cowboys-Bilanz dieses Jahr:
Gegen Teams mit ausgeglichener oder negativer Bilanz | Gegen Teams mit mehr Siegen als Niederlagen | |
Sieg/Niederlagen: | 6-1 | 0-4 |
Punkte pro Spiel | 32,6 | 16,8 |
Turnover Differential | +5 | -7 |
Fünf Spiele hat Dallas bislang verloren, vier davon kamen in New Orleans, gegen Green Bay, gegen Minnesota sowie jetzt in New England. Das andere war die Pleite bei den Jets. Oder andersrum gesagt: Die fünf Teams, die Dallas bislang geschlagen hat (Giants, Redskins, Dolphins, Eagles, nochmal die Giants und Detroit) haben zusammengerechnet nach zwölf Spieltagen 16 Spiele gewonnen.
Das bringt mich wieder zurück auf eine Kernfrage: Was ist eine der größten Aufgaben eines Head Coachs im Spiel? Ganz simpel zusammengefasst sollte es doch darum gehen, die Siegchance des eigenen Teams zu erhöhen. Das passiert über den Game Plan, über Personalentscheidungen, gegebenenfalls über Play-Calling - und über In-Game-Decisions.
Ich hatte bereits in der Kolumne vor vier Wochen ausführlich über das Head-Coach-Problem in der Hinsicht geschrieben, daher jetzt hier ganz spezifisch auf Dallas bezogen: Es gibt in der ganzen NFL nur wenige Coaches, die im Spiel so ängstlich coachen wie Jason Garrett. Konservative offensive Game Plans auf der einen und kein (zeitgemäßer) Plan für Fourth Down auf der anderen Seite.
Kein Team hat weniger Fourth Downs ausgespielt als die Cowboys (6) und keines hat weniger erfolgreich ausgespielt (1). Sicher, Teams die häufig hinten liegen, spielen Fourth Down natürlich auch häufiger aus, die Giants (9/23), Dolphins (9/21) oder Bengals (8/19) wären die Paradebeispiele.
Der Punkt ist aber, dass Dallas diese Situationen nicht nur nicht ausspielt - man ignoriert sie einfach. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Cowboys und das Field Goal von Foxboro
Nach dem Spiel am Sonntag wurde Garrett darauf angesprochen, ob er von einem Assistenten Zahlen genannt bekommt, wenn es darum geht, Fourth Downs auszuspielen oder ein Field Goal zu kicken. "Wir nutzen die Stats nicht im Spiel", lautete seine genauso vernichtende wie vielsagende Antwort.
Und weiter, nach wie vor über den Einsatz von Analytics während eines Spiels: "Wir sehen das nicht als den bestmöglichen Weg für unser Team. So ist unser Ansatz eben. Unterschiedliche Leute haben unterschiedliche Herangehensweisen."
Das merkt man. Nicht nur, weil die Cowboys generell bei Fourth Down wenig Aggressivität an den Tag legen; sondern auch, weil sie offensichtlich keinen Plan für das haben, was davor passiert.
Ob er das 4th&7 an der 11-Yard-Line der Patriots sechs Minuten vor dem Ende ausgespielt hätte, wenn man näher dran gewesen wäre, wurde Garrett am Montagmorgen gefragt. "Wenn es eine machbarere Situation gewesen wäre - ein, zwei, vielleicht drei Yards bis zum neuen First Down", lautete seine Antwort.
Das Problem? Dallas spielte in keiner Weise so, als sei diese Option wirklich im Hinterkopf gewesen.
Dallas hatte drei Plays innerhalb der 15-Yard-Line in dieser Szene. Das erste war ein 3-Yard-Run von Elliott, gefolgt von zwei Shots Richtung Endzone in die Richtung der Tight Ends.
Diese Situation hätte man mit der Idee im Hinterkopf angehen müssen, dass man vier Downs hat und dementsprechend auch die Play-Calls anpasst.
Doch so wie die Cowboys hier vorgegangen sind und so wie Garrett sich anschließend geäußert hat, liegt die Vermutung nahe, dass ein mögliches ausgespieltes Fourth Down reiner Zufall gewesen wäre, etwa wenn Prescott bei Third Down zufällig dem Dumpoff-Pass zu Elliott gewählt hätte. Was natürlich keinen Sinn macht, wenn er selbst davon ausgeht, dass Fourth Down nicht ausgespielt wird.
Auf das Field Goal statt auf ein bewusst einkalkuliertes Fourth Down zu gehen macht schlicht keinerlei Sinn - und um ehrlich zu sein sollte man darauf auch kommen, ohne dass man Analytics oder Win Probabilities nutzt. Mit dem Field Goal verkürzte Dallas von sieben auf vier Punkte; die Cowboys brauchten also immer noch einen defensiven Stop und einen Touchdown gegen die beste Defense der Liga, um das Spiel zu gewinnen.
Das Field Goal hatte an der Spielsituation kaum etwas geändert, abgesehen von der Tatsache, dass Dallas eine seiner wenigen Red-Zone-Gelegenheiten hatte verstreichen lassen.
Die Cowboys, als beste Third-Down-Offense der Liga in dieses Spiel gegangen, beendeten das Spiel 2/13 bei Third Down. Amari Cooper wurde von Stephon Gilmore aus dem Spiel genommen, das Special Team war dem der Pats klar unterlegen und die eigene Defense konnte in der Schlussphase das Run Game mehrfach nicht stoppen.
Doch nochmal: Wenn wir davon sprechen, dass dieses Cowboys-Team angesichts des verfügbaren Talents frustrierend ist - eine Aussage, die ich so unterschreiben würde -, dann müssen wir darauf schauen, in wie weit der Head Coach das Potenzial des Teams auch aufs Feld bringt. Und bei Dallas sehe ich diesen Punkt einfach nicht gegeben. Garretts Aussagen passen da wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
Ich glaube, dass in Dallas das passiert, was viele Cowboys-Fans schon lange fordern: Jason Garrett wird, sollte man nicht einen zum heutigen Zeitpunkt wirklich überraschenden tiefen Playoff-Run hinlegen, 2020 nicht mehr der Head Coach in Dallas sein.
Und es würde mich nicht wundern, wenn Jerry Jones alle finanziellen Hebel in Bewegung setzt, um einen sehr ernsthaften Versuch bei Lincoln Riley von dem Oklahoma Sooners zu starten.