4. Lock, Bridgewater - Allen: Wann gibt man einen QB auf?
Die beiden Spiele in der Nacht von Samstag auf Sonntag rückten eine zentrale Frage für mich in den Mittelpunkt: Wann sollten Teams einen Quarterback aufgeben?
Da waren die Buffalo Bills als das vermeintlich strahlende positive Beispiel auf der einen Seite; ein Team, das auch nach zwei Jahren und trotz erheblicher Schwachstellen in elementaren Bereichen an Josh Allen festhielt, und dafür aktuell belohnt wird.
Die Bills haben fantastische Arbeit in puncto Kaderzusammenstellung geleistet und über die letzten drei Jahre die Offensive Line, das Wide Receiver Corps und das Backfield komplett neu aufgebaut. Und Allen selbst hat individuell betrachtet eine merkliche Entwicklung hingelegt.
Aber hier kommen schon zwei seltene Punkte zusammen: Wenige Teams schaffen es, den offensiven Kader und den Trainerstab so perfekt aufeinander abzustimmen und um den Quarterback herum zu bauen - und selbst wenn man das ausklammert, ist Allens Entwicklung, dieser enorme Sprung im dritten Jahr, gerade auf der Quarterback-Position, die absolute Ausnahme im Vergleich.
Nur sehr selten macht ein Quarterback nach zwei solchen Jahren, wie sie Allen zu Beginn seiner Karriere hatte, einen derartigen Sprung im dritten Jahr. Das ist wichtig für den Hinterkopf, ehe man Allen als neuen Standard für die Entwicklung eines physisch talentierten, anderweitig aber sehr rohen Quarterbacks anwendet.
Die Broncos und Drew Lock: Eine Alternative muss her
Teams werden gerade bei Quarterbacks immer hoffen. Und an ihrem vermeintlichen Hoffnungsträger, vor allem wenn der selbst gedraftet wurde, festhalten. Dabei ist die Situation auch fraglos schwieriger: Ein hoch gedrafteter Receiver oder Cornerback kann nach zwei enttäuschenden Jahren zur Nummer 2 degradiert werden - bei einem Quarterback geht das nicht. Nur einer spielt, und der muss dann auch den Großteil der Snaps im Training mit den Startern bekommen.
Das führt zu Buffalos Gegner am Sonntag, den Broncos. Denver wird über die kommenden Wochen eine kritische Entscheidung treffen müssen: Gibt man Drew Lock, dessen Sample Size zusammengerechnet nur etwas mehr als eine volle Saison ist, nochmals das Vertrauen? Oder schaut man sich in der Offseason nach einer ernsthaften Alternative um?
Drei Gedanken dazu:
- An diesem Punkt sollte Locks Startplatz keineswegs in Stein gemeißelt sein. Das rechtfertigen seine Leistungen selbst bei einer optimistischen Prognose nicht. Es sind und bleiben einzelne Highlights, die Lock setzt, die grundlegenden Probleme sind und bleiben unverändert. In der Hinsicht erinnert er ein wenig an Sam Darnold.
- Falls Denver in der Offseason einen Quarterback scoutet, bei dem sie besseres Potenzial erkennen als bei Lock, sollten sie unbedingt versuchen, diesen auch zu bekommen.
- Sollten die Broncos an Lock als Starter festhalten wollen, muss zumindest eine ernsthafte Alternative her, wie etwa ein Jameis Winston oder ein Marcus Mariota. Ein Quarterback, der Mitte der Saison übernehmen könnte, sollte das Lock-Experiment scheitern, ohne dass die Saison damit de facto beendet wird.
Andernfalls nämlich würde man noch eine Saison komplett wegwerfen. Und das ist das große Thema: Auf jeden Josh Allen kommen zahlreiche Mitchell Trubiskys, Blake Bortles, Blaine Gabberts, (vielleicht Sam Darnolds?) und Jake Lockers. Quarterbacks, an denen Teams zu lange festhielten, um dann ein Jahr zu spät zu merken, dass man den Kader ins Niemandsland manövriert hat. Und dann einen Umbruch zu schaffen ist unglaublich schwierig.
Die Panthers sollten sich nach Quarterbacks umschauen
Die andere Quarterback-Kategorie mit viel Diskussionspotenzial steht unter der Leitfrage: "Ist unser Starter gut genug, oder sollten wir ein Upgrade suchen?" Der Vertreter dieser Kategorie am späten Samstagabend war Teddy Bridgewater, dessen Carolina Panthers in Green Bay verloren.
Bridgewater ist ein guter Game Manager. Er setzt die Struktur der Offense mit einer stabilen Baseline verlässlich um. Mehr aber eben auch nicht, das war gegen Green Bay wieder deutlich zu sehen. Bridgewater kreiert nicht außerhalb der Struktur, oder wenn die Pocket um ihn herum nicht hält, er muss im Timing und im Play-Design funktionieren, und das gibt der Offense nach oben klare Begrenzungen.
Bridgewater und die Panthers hatten den Ball in dieser Saison acht Mal je zum Ende des Spiels, mit der Chance, die Partie auszugleichen oder zu gewinnen. Carolina hat alle acht Spiele verloren. Und natürlich wäre es mehr als unfair, all das Bridgewater anzulasten - aber es steht irgendwo eben sinnbildlich für die Limitierungen, die mit Bridgewater einhergehen. Man will das Spiel nicht in seine Hände legen müssen.
Das bringt die Debatte für mich auf den Punkt: Um mit Bridgewater zu gewinnen, um ganz oben anzugreifen, braucht man ideale Umstände - und die sind schwer konstant aufrecht zu erhalten. San Francisco könnte ein mahnendes Beispiel in dieser Hinsicht werden (oder schon sein?), die Bears vor zwei Jahren mit Trubisky ebenfalls.
Wie erstrebenswert sollte es also sein, an der Baseline, die ein Teddy Bridgewater mitbringt, festzuhalten? Sicher, es gibt das durchaus reelle Risiko, dass man sich verschlechtert; aber was ist das bestmögliche Szenario, wenn man weiter um einen Quarterback wie Bridgewater aufbaut? Vielleicht die Aussicht, dass man irgendwann mal ein so starkes Team aufgebaut hat, dass das Quarterback-Defizit im Vergleich zu den Top-Teams in dieser Hinsicht nicht zu schwer ins Gewicht fällt.
Die wahrscheinlichere Alternative sind Jahre im Mittelmaß, im oberen Mittelmaß. Vielleicht auch die eine oder andere Playoff-Teilnahme als Wildcard-Team. Das ist nicht schlecht, keineswegs - nur kann es wirklich der richtige Weg sein, bewusst darum aufzubauen?
5. Die Patriots: Ende der Dynastie als logische Konsequenz
An diesem Punkt war es nur noch eine Frage der Zeit, und dennoch ist es erwähnenswert: Zum ersten Mal seit 2008 verpassen die New England Patriots die Playoffs, nachdem Buffalo am Samstagabend bereits den Divisiontitel perfekt gemacht hatte, besiegelte die Pats-Pleite in Miami auch das rechnerische Aus für New England im Playoff-Rennen.
Aber letztlich war es auch fast schon die logische Schlussfolgerung einer Offense, die ins Niemandsland unterwegs war, die ganze Offseason über. Die nur Role Player und Nummer-3-Receiver holte. Die auf Rookie Tight Ends setzte. Die die Quarterback-Position nicht anging, bis ihr Cam Newton in den Schoß fiel. Und die Cam und der Offense nicht die Defense zur Seite stellen konnte, von der eine ebenfalls limitierte Patriots-Offense etwa im Vorjahr noch profitiert hatte.
Das war auch gegen Miami deutlich zu sehen. New England fehlte dieses Jahr schlicht die Qualität in der Front, es gibt nicht die dominanten 2-Gapping-Tackles, die Räume freischaffen und Run Plays limitieren. Es gibt nicht die erfahrenen, spielintelligenten Linebacker. Und gegen Miami war New England einmal mehr extrem verwundbar gegen den Run.
Miami war als das Team mit den wenigsten Yards pro Run in die Partie gegangen, gegen die Patriots übertrumpften die Dolphins diesen Wert um fast zweieinhalb Yards. Miami war das physisch stärkere Team und gewann so das Spiel auf dieser Seite des Balls auch, während es im Passspiel die erwarteten Probleme gab. Angesichts all der Ausfälle, angesichts der Herausforderung, die Belichicks Defense noch immer durch die Luft mitbringt.
Die Dolphins sind weiter im Playoff-Rennen, das ist für dieses junge Team bereits ein Erfolg. Und wenn Miami gegen die Raiders (definitiv machbar) und die Bills (möglich) den Ball ebenfalls laufen kann, dann wird das noch ein enger Kampf um dieses letzte Wildcard-Ticket.