6. Die Browns sind gekommen, um zu bleiben
Die Browns marschieren mit großen Schritten in Richtung Playoffs, Cleveland steht aktuell auf dem fünften Seed und hält alle Trümpfe in der eigenen Hand. Allein der erste Einzug in die Postseason seit 2002 ist für diese Franchise genauso ein enormer Erfolg wie der erste Winning Record seit 2007.
Entscheidend ist aber die Tatsache, dass diese Saison nicht irgendwie glücklich zustande kam. Cleveland hat seine Spiele nicht durch defensive Touchdowns oder Big Plays im Special Team in entscheidenden Momenten oder Turnover-Glück gewonnen. Die Browns haben unter Kevin Stefanski eine klare Identität entwickelt und die trägt das Team, im Verbund mit einer dominanten Offensive Line. Die Defense hat Playmaker im Pass-Rush und einen Nummer-1-Corner.
Und: seit einigen Wochen nun schon spielt Baker Mayfield wirklich gut. Das war auch gegen die Giants zu beobachten, als das Run Game gegen die starke Front der G-Men so gar nicht funktionierte. Aber Mayfield zeigt seit einer Weile die Präzision, die ihn im College auch so ausgemacht hat. Und er fühlt sich scheinbar von Woche zu Woche wohler innerhalb dieser Offense.
Cleveland beendet in diesem Jahr einige unfassbar lange Durststrecken. Aber noch wichtiger ist: Das ist kein Zufall. Cleveland ist gekommen, um zu bleiben.
7. Jalen Hurts lässt Carson Wentz vergessen
Früh im Spiel gegen Arizona wirkte es so, als wäre der Jalen-Hurts-Hype schnell auch wieder abgekühlt. Hurts verfehlte früh mehrere Pässe, verschuldete einen Safety, war wacklig, sobald er über den ersten Read hinausgehen musste. Und all das nachdem im Laufe des Sonntags Meldungen über Wentz' Unzufriedenheit kursiert waren.
Aber schon in der ersten Halbzeit war das Ball Placement überaus eindrucksvoll, wenn Hurts seinen Read hatte. Und sein Spiel wurde immer besser. Er blieb ruhig auch in schwierigen Situationen, und auch wenn seine Reads weiter relativ simpel waren: Hurts vermied immer noch mehrere Sacks, er kreierte einige Plays, er war ein Faktor als Runner. Baseline in der Struktur, X-Faktor als Athlet.
Was wiederum einmal mehr unterstrich, wie viel besser die Offense - trotz aller Limitierungen - mit Hurts, verglichen mit Wentz, läuft. Und aktuell ist schwer vorstellbar, dass Wentz in dieser Saison den Startplatz noch zurückerhält. Im Gegenteil, man muss konstatieren, dass Philly die Division aktuell vielleicht anführen würde, hätte man den Quarterback-Tausch eher vollzogen. Und man muss sich ernsthaft über Wentz' Zukunft Gedanken machen.
Die Cardinals - bei weitem nicht zum ersten Mal in dieser Saison - standen sich derweil mehrfach selbst im Weg. Zwei Turnover in der Red Zone, Murrays Fumble tief in der eigenen Hälfte, mehrfach defensive Breakdowns bei langen Third Downs. Mit all diesen Handicaps, mit drei eigenen Turnovern mehr als der Gegner, so verliert man in der NFL viele Spiele.
Mit dem Sieg hält Arizona Chicago auf Distanz, vor allem aber ist es aus offensiver Sicht erwähnenswert, dass die Cardinals aus struktureller Sicht Fortschritte zeigen. Das war gegen die Giants bereits zu beobachten, auch gegen die Eagles attackierte Arizona die Mitte besser, konnte mehr über das vertikale Passspiel auflegen, bewegte Hopkins mehr herum.
Ein Sieg über die 49ers würde Arizona die Tür für die Postseason weit aufstoßen. Das Playoff-Ticket lösen würden die Cardinals damit vermutlich aber noch nicht, denn falls Chicago seine beiden letzten Spiele (Jacksonville, Green Bay) gewinnt, und die Cardinals nur einen ihrer beiden ausstehenden Gegner (49ers, Rams) schlagen, würde der Tie-Breaker durch den besseren Record gegen je von Arizona und Chicago gespielte Teams zugunsten der Bears ausfallen.
8. Die Seahawks müssen auf ihre Balance aufpassen
Seattle hätte gegen Washington beinahe ein Spiel noch aus der Hand gegeben, das niemals auch nur eng werden darf. Die Seahawks führten nach einem schnellen Touchdown-Drive zum Start der zweiten Hälfte mit 20:3, und hätten dieses Spiel souverän über die Zeit bringen müssen. Dwayne Haskins hatte einen üblen Start in diese Partie, Washingtons Offense konnte den Ball lange überhaupt nicht bewegen.
Aber, und das zog sich schon auf dem Weg zu dieser 20-Punkte-Führung wie ein roter Faden durch Seattles Spiel: Die Seahawks setzten gegen Washingtons starke Front auf viele sehr schnelle Pässe sowie noch mehr Runs. Und insbesondere bei Early Down funktionierte das Run Game tatsächlich besser als die Pässe.
Am Ende wachte die Defense dann doch gerade noch rechtzeitig auf, zwei Sacks beendeten letztlich Washingtons Chancen auf einen späten Sieg. Aber dass es überhaupt dazu kam, lag auch daran, dass Seattle mehr und mehr auf reine Risikominimierung schaltete, und es wird spannend sein zu sehen, mit welcher Identität und mit welchem grundlegenden Ansatz Seattle in die Playoffs gehen wird, welche die Seahawks mit diesem Sieg sicher haben.
Die Offense hat schon in den vergangenen Jahren definitiv die Tendenz gezeigt, zu vorsichtig zu werden, gerade in dieser Phase der Saison. Und diese Tendenz ließ sich über die letzten Wochen bereits beobachten. Während sich die Defense stabilisierte, wurde die Offense ein wenig Run-lastiger bei Early Down, wurde das Passspiel seltener vertikal, wurde mehr auf Sicherheit als auf Explosivität gesetzt.
Das war zu einem gewissen Grad verständlich, hatte Wilson doch zwischenzeitlich eine wirklich schwierige Phase mit sehr vielen unnötigen Turnovern. Seattle ist jetzt nur an einem kritischen Punkt, und das Spiel gegen Washington versinnbildlichte das perfekt. Es gilt, vor den Playoffs die richtige Balance zu finden.
9. Texans vs. Colts als Sinnbild für den schmalen Grat
Houston gegen Indianapolis in dieser Saison war ein gutes Beispiel dafür, wie eng nicht nur Freude und Leid in der NFL beieinander sein können, sondern auch wie wacklig ein Narrativ über ein Team sein kann. Vor zwei Wochen hätte Houston das Spiel spät gewinnen können - Deshaun Watson fumbelte den Ball aber eineinhalb Minuten vor dem Ende kurz vor der Colts-Endzone, Indianapolis rettete seine 6-Punkte-Führung.
Dieses Mal war es Slot-Receiver Keke Coutee, dem - sieben Punkte im Rückstand - scheinbar auf dem Weg Richtung Endzone der Ball aus der Hand geschlagen wurde. Turnover, Game Over. So steht am Ende ein Colts-Team, das den Ball wieder einigermaßen gut laufen konnte, bei dem Rivers weiter sehr stabil spielt, T.Y. Hilton inzwischen auch in der Saison angekommen ist und dessen Defense Watson einmal mehr gehörig unter Druck setzte. Dass Watson die Texans dennoch im Spiel hielt, unterstreicht einmal mehr seine Qualität.
Die Colts können in den Playoffs gefährlich sein, weil sie unangenehm sind. Gut gecoacht auf beiden Seiten des Balls, mit einem erfahrenen Quarterback, guten Waffen und stabilen Lines offensiv wie defensiv. Aber der Abstand zu einem 8-6-Record und einem Platz außerhalb der Playoff-Tickets ist so schmal, ein Sinnbild für die NFL.
10. Die Bears wissen, wer sie sind
Es war ein vorgezogenes Playoff-Spiel, das sich die Bears und Vikings lieferten. Der Sieger würde Kontakt zu den Wildcard-Plätzen halten, der Verlierer sich de facto aus dem Playoff-Rennen verabschieden.
Minnesota versuchte, den Fuß auf dem Gaspedal zu halten, spielte früh ein kurzes Fourth Down aus - doch der Run durch die Mitte ging nirgendwohin. Zwei Minuten vor dem Ende hielt Mike Zimmer die Punt-Unit abermals an der Seitenlinie, dieses Mal fand Cousins' Pass nicht sein Ziel. Minnesota versuchte auch nicht stur, den Run durchzudrücken, sondern warf mehr bei Early Downs.
Während diese Entwicklungen bei Zimmer genauso erwähnenswert wie erfreulich sind, war die eigene Defense schlicht zu anfällig. Chicago konnte den Ball unheimlich gut laufen, was wiederum in einen weiteren Bears-Blickwinkel überleitet: Chicago findet - besser spät als nie könnte man sagen - eine Art offensive Identität.
Sicher, die drei letzten Spiele gegen Detroit, Houston und jetzt Minnesota sind nicht der defensive Maßstab, an dem man sich messen sollte. Doch es lag nicht nur daran, dass die Bears den Ball plötzlich laufen können. Chicago setzt mit Trubisky wieder stärker auf Rollouts, man findet mehr Motion in der Offense, Run Pass Options sind prominent vertreten. Die Line spielt besser als mit Foles. Und Trubisky spielt nicht gut, aber er setzt die Offense auf einer Art Baseline um, die es Matt Nagy wiederum erlaubt, mehr über die Play-Designs zu kommen. Ein Hauch von 2018.
Das sollte niemanden täuschen. Trubisky ist einer der schlechtesten Starting-Quarterbacks in der NFL - auch gegen Minnesota hätte er beinahe drei Minuten vor dem Ende eine üble Interception geworfen - und nicht die langfristige Lösung. Aber vielleicht haben die Bears pünktlich zum Schlussspurt im Rennen um die Playoff-Tickets genügend offensive Feuerkraft zusammengebastelt, um Arizona das letzte Ticket noch zu klauen.