Mailbag: Das Wide-Receiver-Ranking nach Woche 5
Sebvon Ho, Burton77767: Wie sieht dein Wide-Receiver-Ranking aktuell aus?
Zunächst einmal: Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie viel Talent hier Jahr für Jahr in die NFL gepumpt wird. Jefferson, Lamb, Jeudy unter anderem letztes Jahr, und von der diesjährigen Rookie-Klasse machen unter anderem Ja'Marr Chase, DeVonta Smith, Jaylen Waddle, oder auch Rondale Moore schon jede Menge Spaß.
Dass ein Spieler wie A.J. Brown oder auch Calvin Ridley etwa hier aktuell nicht auftaucht, ist ganz simpel mit der permanenten Fluktuation innerhalb dieser Positionsgruppe zu erklären. Beide hatte ich im Offseason-Receiver-Ranking in der Platz-7-bis-11-Range, und im Vakuum betrachtet würde ich sie da auch weiterhin einsortieren. Aber hier ist die Qualität so hoch, dass ein Top-Ranking auch extrem stark im konstanten Fluss ist. Das gilt auch für Allen Robinson beispielsweise, der in Chicago zuletzt fast in die Rolle der zweiten Geige gerutscht war.
So sähe aktuell meine Wide-Receiver-Top-10 aus:
1. Davante Adams, Packers: Der kompletteste Receiver in der NFL aktuell. Bot eine Show gegen die Bengals. Release, Speed, Dominanz am Catch Point, Route-Running, Adams bringt einfach alles mit.
2. Tyreek Hill, Chiefs: Der gefährlichste Receiver in der NFL. Kein anderer Wide Receiver kann Defenses derart konstant tief bestrafen, während er gleichzeitig eine extrem gefährliche Waffe im Screen Game der Chiefs ist und ganz nebenbei allein als Motion-Receiver Räume für seine Mitspieler freiräumt.
3. Justin Jefferson, Vikings: Von wegen Regression: Jefferson knüpft bisher nahtlos an seine eindrucksvolle Rookie-Saison an. Ein explosiver Receiver, der Outside und im Slot gewinnt und eine essenzielle Säule insbesondere im so effizienten Mid-Range-Passspiel der Vikings darstellt. Kein Receiver hat über die ersten fünf Spiele ansatzweise so viele Receiving-Yards gegen Man Coverage wie Jefferson.
4. DeAndre Hopkins, Cardinals: Die Cardinals-Offense läuft nicht mehr so eindimensional durch Hopkins wie letztes Jahr, was Hopkins' Zahlen weniger eindrucksvoll macht - sein Spiel ist aber keineswegs schlechter. Wenn Arizona in einem kritischen Moment ein Play braucht, ist Hopkins nach wie vor häufig derjenige, der entscheidende Matchups gewinnt und für die schwierigen Catches sorgt; zuletzt gegen San Francisco eindrucksvoll zu sehen. Eins-gegen-Eins nach wie vor von nur sehr wenigen zu covern.
5. Terry McLaurin, Washington: Hat bisher wenig Glück mit seinen Quarterbacks, was die Leistungen umso eindrucksvoller macht. Hat schon jetzt mehrere Highlight-Catches in dieser Saison abgeliefert, ist ein sehr guter Route-Runner und ist trotz der Upgrades der Offseason die einzige Konstante in Washingtons Passspiel.
6. DK Metcalf, Seahawks: Hat sich längst als einer der dominanten Big-Play-Receiver in der NFL etabliert. Ultra-dominant aber auch bei In-Breakting-Routes, am vergangenen Donnerstag hat er sogar seinen bisherigen Nemesis Jalen Ramsey mehrfach geschlagen.
7. Stefon Diggs, Bills: Diggs rutscht auch deshalb minimal ab, weil die Offense über die ersten Wochen schwächer im Passspiel war und weil Emmanuel Sanders eine echte zusätzliche Präsenz im Passspiel darstellt. Diggs ist aber immer noch ein exzellenter Route-Runner und eine Big-Play-Bedrohung, der als primäre Outside-Präsenz, ähnlich wie Hopkins in Arizona, elementar für die Struktur der Passing-Offense ist.
8. Ja'Marr Chase, Bengals: Vielleicht kein Neuzugang - Quarterbacks ausgenommen - hat seine Offense über die ersten fünf Spiele so verändert wie Ja'Marr Chase. Ein im Vorjahr brachliegendes vertikales Bengals-Passspiel wurde durch ihn wiederbelebt, seine absurde durchschnittliche Target-Tiefe von fast 18 Yards unterstreicht das. Die vier Touchdowns bei Pässen über mindestens 20 Yards führen ebenfalls die Liga an.
9. Tyler Lockett, Seahawks: Der gefährlichste vertikale Slot-Receiver in der NFL. Drei Touchdowns bereits bei tiefen Pässen, ligaweit hat nur Chase mehr Receiving-Yards und Receiving-Touchdowns bei Pässen über mindestens 20 Yards als Lockett. Seine Explosivität in Kombination mit dem Ball-Tracking hat so kaum ein anderer Receiver zu bieten.
10. Cooper Kupp, Rams: Kupp hat fantastische Statistiken und ist ein unheimlich verlässlicher Receiver. Ich hatte mit seiner Einordnung hier ein wenig Probleme, weil er natürlich auch massiv vom Scheme profitiert, welches ihn nicht selten aus dem Slot - und manchmal auch aus dem Backfield - Safeties Eins-gegen-Eins vertikal attackieren lässt. Das führte schon zu mehreren Big Plays. Aber in dieser sehr fließenden Liste gehört er für mich Stand heute in die Top 10.
In Lauerstellung: Baltimores Marquise Brown hatte die prominenten Drops gegen Detroit, aber alles in allem spielt er eine wirklich gute Saison. Regelmäßig offen Underneath, aber auch vertikal eine Big Play Waffe. Brown hat im Vergleich zu einer schon guten Vorsaison nochmals eine Schippe draufgepackt. D.J. Moore hatte auch schon mehrere Top-10-Wochen. Deebo Samuel spielt eine sehr gute Saison, bei Samuel finde ich es aber immer wieder schwierig, Production und Scheme zu trennen. In einer Top-20 wäre er dennoch ohne Frage aktuell dabei.
Das gilt auch für Mike Williams, der bei den Chargers gerade viel Geld für seine anstehende Free Agency verdient. Und was die jungen Receiver angeht, würde ich auch Darnell Mooney mit ins Rennen werfen. CeeDee Lamb spielt eine sehr gute Saison. Von den Bucs sehe ich immer noch Chris Godwin weit vorne, würde aber auch klar sagen, dass Antonio Brown bisher in der laufenden Saison der beste Receiver in dieser Offense war.
Kevin Penning: Warum tun sich College-Coaches in der NFL so schwer?
Das ist natürlich eine vielschichtige Frage, und man muss aufpassen, dass man verschiedene Kandidaten nicht zu Unrecht über einen Kamm schert. Aber ein generelles Statement würde ich doch abgeben:
Weil man im College anders gewinnt als in der NFL.
Und das in verschiedenen Facetten des Spiels. In allererster Linie ist das Recruiting ein enormer Faktor; wo man in der NFL eben Spieler einfach bezahlt, geht es im College für Head Coaches in erster Linie mal darum, die eigene Vision und das eigene Programm an Teenager zu verkaufen, und sie so von sich zu überzeugen. Das ist für mich auch ein ganz zentraler Faktor bei Urban Meyer: Falls dessen beste Qualität als College-Head-Coach - und ja, er war im College auch ein innovativer Offense-Coach - das Recruiting war, dann wird es schwer, in der NFL Erfolg zu haben, weil es diesen Aspekt schlicht und ergreifend nicht gibt.
Dann denke ich, dass gerade für langjährige College-Coaches die Umstellung auch im Umgang mit den Spielern nicht einfach ist. Es ist eben etwas anderes, ob man College-Athleten trainiert, oder vor einem Locker Room voller gestandener Profis steht, die schon alles mögliche erlebt haben. Wer hier nicht authentisch ist, oder wer sich Fehltritte in der Kommunikation erlaubt, der kann schnell unten durch sein. Gegenbeispiel wäre dann Pete Carroll, der es seit Jahren schafft, seine Begeisterung beim Team anzubringen.
Und rein sportlich gedacht gibt es verschiedene Ansatzpunkte, ich würde unter anderem darauf hinweisen, dass gute Teams (will sagen, Teams die eben gut rekrutieren können) schematisch deutlich simpler großen Erfolg haben können als NFL-Teams. Chip Kelly wäre hier vermutlich ein Paradebeispiel, dessen Speed-Offense für die NFL schlicht und ergreifend zu simpel war. Hier kommen dann auch Trainingszeiten ins Spiel, denn während man in der NFL komplexe Schemes und Taktiken und Game Plans einstudieren kann, hat man im College dafür gar nicht die zeitlichen Kapazitäten.
Dementsprechend kommen viele Dinge zusammen, und falls eine dieser Säulen im roten Bereich ist, kann es eben sehr schwer werden, auf dem nächsten Level Erfolg zu haben.
Daniel: Beginnt jetzt Darnolds Downfall?
Ich hatte in meinen Takeaways am Montag bereits ein wenig darüber geschrieben, spezifisch darüber, dass Teams ohne High-End-Antwort - oder zumindest realistische Aussicht darauf - auf der Quarterback-Position letztlich immer einen massiven Nachteil haben und es für diese Teams nahezu unmöglich ist, konstant erfolgreich zu sein.
Darnolds bisherige Saison unterstreicht zwei Punkte für mich, die ehrlicherweise auch vor Saisonstart schon kein Geheimnis waren: Ohne einen Top-Quarterback sollte man sehr vorsichtig sein, inwieweit man insbesondere kurzfristig in den Kader investiert. Und die Chance, dass ein woanders gescheiterter Quarterback nach einem Tapetenwechsel explodiert, ist zwar da - Ryan Tannehill lässt grüßen -, aber sie ist klein, sehr klein.
Und ich denke, das haben wir von Darnold bisher gesehen. Er profitiert von einer besseren offensiven Struktur, er hat in den ersten Wochen auch einige Plays gemacht, die in der Frequenz bei den Jets eben nicht vorkamen. Aber letztlich hebt eine bessere Struktur um ihn herum nur seine Baseline. Darnold ist eben nicht mehr einer der drei, vier schlechtesten Starting-Quarterbacks in der NFL, jetzt ist er im unteren Mittelfeld angekommen. Und ehrlicherweise sehe ich sein Ceiling auch nicht bedeutend höher als das.
Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass die Line nicht gut ist, und das stimmt auch. Aber wenn wir uns jetzt ein Panthers-Team mit diesen Waffen, diesem Play-Caller und dann auch noch einer starken Line vorstellen, dann hat man an diesem Punkt vermutlich jede Menge Ressourcen in die Offense gesteckt, sodass es schwierig wird, den Quarterback auch teuer zu bezahlen.
Wenn man das Argument zudem umdreht, müsste man dann ja auch von einem Quarterback in diesen Umständen entsprechend gute Leistungen erwarten können. Oder weiter argumentiert, es gäbe denke ich viele Quarterbacks, die dann in diesen Umständen gut aussehen würden, Darnold würde sich hier nicht abheben.