Mailbag: Jakob Johnson und das Problem mit Hybrid-Kickern
jhkruse87: Wie bewertest du die Saison von Jakob Johnson?
Vor der Saison war ich mir nicht sicher, ob die Patriots noch sehr viel Verwendung haben würden für unseren Deutschen. Grund dafür waren die Offseason-Verpflichtungen auf der Tight-End-Position mit Hunter Henry und Jonnu Smith.
Meine Überlegung war seinerzeit, dass New England in dieser Saison hauptsächlich in 12-Personnel, also mit 2-Tight-End-Sets auflaufen und damit keinen Fullback mehr brauchen würde. Die Realität jedoch sieht zumindest mal etwas anders aus.
Bis hierhin hält sich nämlich die Usage-Rate dieser Gruppierungen in etwa die Waage. Die Patriots liefen bislang in 19 Prozent ihrer Offensiv-Snaps in 12-Personnel und in 17 Prozent ihrer Snaps in 21-Personnel (2 Running Backs) auf. Zudem sei erwähnt, dass Johnson in 26 Prozent aller Offensiv-Snaps des Teams auf dem Feld stand.
Und wenn er auf dem Feld stand, machte er zumeist einen guten Job. Er ist hauptsächlich zum Blocken da und fällt da in der Regel nicht negativ auf. Zuletzt zeigte er auch, dass er mit Ball effizient sein kann, auch wenn diese Gelegenheiten wohl eher selten bleiben werden. Gegen die Jets in Woche 7 legte er seine bislang längste NFL-Reception über 29 Yards hin, während er bei seinem einzigen Catch gegen die Chargers nur knapp vor der Goal Line gestoppt wurde.
Die Coaches wiederum sind mit ihm sehr zufrieden, wie gerade Bill Belichick kürzlich auf einer Pressekonferenz bestätigte. Ein Grund dafür ist auch, dass der 26-Jährige auch in den Special Teams seinen Dienst überzeugend tut. Hier steht er aktuell in 42 Prozent der Snaps auf dem Feld.
Unterm Strich kann man sagen, dass Johnson zwar eine verhältnismäßig kleine Rolle im Team der Patriots hat, diese aber zur Zufriedenheit aller ausfüllt und damit seinen Platz im Kader mehr als rechtfertigt.
Was machen die Jets mit Mike White und Zach Wilson?
neoka1n, MarioFink2, Simon8are, burton77767: Nehmen wir einfach mal an Mike White liefert am Freitag Morgen und ggf 1-2 Spiele danach auch so ab. Was machen die Jets dann? White einfach wieder benchen wenn Wilson wieder fit ist?
Ich hatte ehrlich gesagt auf Fragen zu Mike White und den Jets gehofft. Insofern: Danke dafür!
White und der Sieg über die Bengals ist ein schönes Fallbeispiel für vieles in der heutigen NFL. Zum einen zeigt es, dass sogenannte "Trap Games" kein Mythos sind. Die Bengals, noch dazu ein recht junges, unerfahrenes Team, haben gerade erst die schier übermächtigen Ravens besiegt, sind entsprechend euphorisiert und haben als nächstes die Browns vor der Brust. Da kommt es dann schon mal vor, dass man die eigentlich aktuelle Herausforderung, in dem Fall die Jets, ein wenig aus den Augen verliert und in die Falle tappt.
Und das allein spielte denke ich eine große Rolle bei der Vorstellung der Jets und Mike White. Hinzu kommt - und diese Beobachtung lässt sich zum Beispiel auch im Baseball mit noch unbekannten Pitchern machen -, dass in der NFL das Advanced Scouting so detailliert und etabliert ist, dass man sich voll darauf verlässt und darauf vertraut, schlicht alles über einen Gegner zu wissen. Seine Art zu spielen, seine Tendenzen, wie er unter Druck reagiert und so weiter.
Bei White hingegen gibt es einfach kein Tape, dass diese Dinger verrät. Sicherlich hätte man sich altes Videomaterial aus seiner Collegezeit bei South Florida (2013-2014) oder Western Kentucky (2016-2017) anschauen können, aber wer weiß, was vom damaligen Spieler noch übrig geblieben ist? Und Preseason-Tape verrät in der Regel auch recht wenig. Es war nun mal Whites erster Start in der NFL und sein zweites Spiel überhaupt, nachdem er erst in der Vorwoche erstmals für den verletzten Zach Wilson ins Feuer geworfen wurde.
Und sicherlich machte er seine Sache gerade gegen Cincy sehr gut. Man wirft nicht einfach mal so für 400 Yards und 3 Touchdowns gegen eine bis dahin ziemlich gute Defense. Keine Frage! Aber White ist nicht der erste QB, der bei einem Spot-Start überzeugte, weil der Gegner schlicht keine klare Idee hatte, was auf ihn zukommt. Und daher sollte man nun nicht überreagieren und ihn zum Franchise-Quarterback ernennen. Und das gilt auch für den Fall, dass er nun am Donnerstag bei den Colts (Nacht auf Freitag ab 1.20 Uhr live auf DAZN) erneut groß aufspielen sollte.
Darüber hinaus kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die Jets zum jetzigen Zeitpunkt ernsthaft darüber nachdenken, Wilson aufzugeben. Er ist der zweite Pick insgesamt im jüngsten Draft und hat unzweifelhaft großes Potenzial. Dass er sehr viele Fehler gemacht hat bisher, ist zwar bedenklich, aber noch kein Grund, ihn schon jetzt aufzugeben. Ein Peyton Manning zum Beispiel warf einst 28 Interceptions als Rookie. Sicherlich muss man eventuell nach der Saison drüber nachdenken, ob die richtigen Coaches an der Entwicklung des QBs beteiligt sind, aber Wilson dürfte sehr sicher auch 2022 der Starter der Jets sein, zumal andernfalls General Manager Joe Douglas schon früh unangenehme Fragen beantworten müsste nach einer derart großen Investition in seinen QB.
Und was White angeht: Sollte der tatsächlich auch dann noch überzeugen, wenn sich die Konkurrenz auf ihn eingestellt hat, dann hätte man aus Jets-Sicht zumindest mal ein interessantes Asset an der Hand. Sein Vertrag läuft aus, aber ein Franchise Tag könnte ihn dann zum Tradechip machen. Andernfalls wäre er dann ein interessanter Free Agent auf dem Markt.
Die Chancen, dass das aber so eintritt, bleiben eher gering, denn wer es erst in seinem vierten Jahr in der Liga überhaupt mal auf den Platz schafft, wird vermutlich nicht einfach von mehreren Teams - er war ein Draftpick der Cowboys 2018 - übersehen worden sein.
NFL: Das Problem mit Hybrid-Kickern
Das_KGB: Wieso haben NFL-Teams keinen Backup für den Kicker? Sind Punter und Kicker nicht in einem Special Team? Muss da nicht jeder ein bisschen das können, was der andere kann?
Angesichts des Ausfalls von Chris Boswell bei den Steelers im Spiel bei den Browns ist die Frage natürlich perfekt. Grundsätzlich ist es bekanntlich so, dass es nur 53 Spieler im aktiven Kader gibt und nur 46 im Spieltagskader. Das heißt schon mal, dass der Platz begrenzt ist und Kicker und Punter zwar wichtig sind, aber nicht so wichtig, dass man für sie Backups beschäftigen würde. Es gibt Teams, die unter bestimmten Umständen einen Extra-Kicker im Practice Squad haben, der nach aktuellen Regularien zum Spieltag jeweils aktiviert und in den aktiven Kader berufen werden kann. Aktuelle Beispiele sind etwa Nick Folk bei den Patriots, der zu Saisonbeginn nur im Practice Squad war und erst durch die Verletzung von Quinn Nordin (IR) befördert wurde. Oder der Deutsche Dominik Eberle, der gleich bei mehreren Teams Teil der Practice Squad war, zuletzt bei den Panthers.
Entsprechend hatten die Steelers nach Boswells Gehirnerschütterung auch keinen Ersatzmann parat, der direkt hätte einspringen können. Und das bringt uns zum zweiten Teil der Frage: Klar gehören Punter und Kicker dem gleichen Special Team an, aber nur in dem Sinne, dass beim Kicking meist beide auf dem Feld sind - der Punter fungiert in zahlreichen Teams als Holder. Doch sind Kicker und Punter zwei grundlegend andere Positionen. Es gibt natürlich Kicker, die auch punten können und umgekehrt. Auch ist es nicht unüblich, dass der Punter Kick-Offs ausführt. Doch das präzise Kicken bei einem Field-Goal-Versuch ist schon nochmal etwas ganz anderes.
Der frühere Punter der Vikings, Chris Kluwe, erklärte vor ein paar Jahren auf Reddit (sic!) mal, warum es keine Vollzeit-Hybrid-Spieler für beide Disziplinen gibt. In erster Linie liegt das an der Bewegung beim Kicken und Punten. Beim Kicken wird die Hüfte gewissermaßen in einer Schwenk-Bewegung benutzt, beim Punten ist es eher eine gerade Bewegung von unten nach oben. Und beides strapaziert unterschiedliche Muskelpartien, die teilweise sogar gegenläufig arbeiten. Macht man das nun regelmäßig, steigt auch das Verletzungsrisiko.
Zudem sei noch gesagt, dass Kicker und Punter in puncto Belastungssteuerung besonders beobachtet werden und auch darauf geachtet wird, diese nicht überzustrapazieren unter der Woche im Training. Daher werden entsprechende Trainingseinheiten in der Regel auch gestaffelt an festgelegten Tagen veranstaltet. Und der Kicker bekommt bei vielen Teams zwei Tage Pause vor dem Spiel.