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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 13 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 13 in der NFL.
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3. Ravens und Steelers: Eine Saison ins Nirgendwo?

Das Ende entschädigte definitiv für einiges: Die Steelers hatten ihren späten potenziellen Game-Winner aufgelegt, doch plötzlich war die Ravens-Offense zur Stelle, Jackson dirigierte einen exzellenten 2-Minute-Drive und die Ravens gingen für 2 und auf den Sieg - und die 2-Point-Conversion klappte haarscharf nicht, weil das Timing zwischen Jackson und Andrews nicht gut genug war. Übrigens nicht zum ersten Mal in diesem Spiel.

Mit Harbaughs Entscheidung habe ich dabei kein Problem, im Gegenteil. Statt in Overtime darauf zu hoffen, dass man den Münzwurf gewinnt, dass gegebenenfalls die eigene Defense hält und man in jedem Fall zumindest einen Scoring-Drive hinlegen muss, mit einem 2-Point-Play das Spiel gewinnen? Absolut mache ich das genauso in der Situation, und das ist für mich eindeutig eine dieser Situationen, in denen man das Resultat und die Entscheidung voneinander trennen muss.

Mehrfach musste ich beim Steelers-Ravens-Spiel, dieser stolzen Rivalität die einige der besten Division-Duelle der letzten zehn, 20 Jahre mit sich gebracht hat, aber auch unweigerlich daran denken, was für ein unheimlicher Krampf dieses Spiel war. Und ja, ohne zu sehr draufhauen zu wollen, weil ich auch häufiger in dieser Saison schon darüber gesprochen habe, aber das fängt an mit der Steelers-Offense.

Dabei ist es nicht nur Big Ben; Roethlisberger legte Diontae Johnson den Ball kurz vor der Halbzeitpause mustergültig tief in die Hände, doch Johnson ließ den Pass fallen. Und es war in Teilen auch das Play-Calling, die Ravens eröffneten die Partie mit drei Runs (gefolgt von einem Punt) und blieben auch danach mitunter sehr fokussiert auf Rookie Najee Harris. 0/4 bei Third Down und 93 Total Yards standen zur Halbzeitpause auf der Haben-Seite.

Aber es sind eben nicht nur die Steelers. Es waren auch die Ravens, die ihre Drops hatten. Lamar Jackson hatte wieder eine hässliche Interception, wieder gegen Druck - und gegen den Blitz -, Jackson warf einfach einen lauwarmen Ball hoch zentral Richtung Endzone, wo Minkah Fitzpatrick nur darauf wartete.

Jackson spielt mittlerweile wahnsinnig inkonstant. Der erste wirkliche Knackpunkt war die erste Hälfte gegen Minnesota, dann kam der hilflose Auftritt gegen die Dolphins sowie dieses absurde Spiel gegen Cleveland, in welchem Jackson Interception auf Interception produzierte.

Baltimore hatte den Ball für 23:30 Minuten in der ersten Hälfte gegen Pittsburgh, so viel Ballbesitz hatte Baltimore seit 20 Jahren in keiner ersten Hälfte. Baltimore konnte den Ball teilweise gut bewegen, auch mit mehr Runs nach außen, und der 99-Yard-Touchdown-Drive war zumindest phasenweise eindrucksvoll.

Die Ravens: Viel Upside, wenig Baseline

Aber der konstante Rhythmus ist einfach nicht da. Bei den Ravens sehe ich einen Grund dafür nach wie vor in den Ausfällen in der Offensive Line und im Backfield, was es Baltimore schon das ganze Jahr über schwer macht, eine klare offensive Identität zu finden. Weil das Run Game einfach nicht wie gewohnt da ist, und Jackson schon seit einigen Wochen einfach unrund im Passspiel wirkt. Das allerdings ist auch ein schematisches Problem - vielleicht ein Thema für die kommende Woche. Die Route-Designs in Baltimore sind ein anhaltendes Problem.

Das macht es auch so schwer, die Ravens Richtung Playoffs zu prognostizieren; aktuell sind sie kein Team, dem ich einen hohen "Trust-Faktor" geben würde. Die Offense ist zu inkonstant, die Defense ist zu vorhersehbar, und hier hat Baltimore ebenfalls Probleme damit, seine Identität zu finden, weil auch hier insbesondere der Ausfall von Marcus Peters die Dinge erschwert. Das führt zu Coverage-Busts - so auch gegen Pittsburgh - und auch schlicht zu individuellen Aussetzern. Jetzt dürfte auch noch Nummer-1-Corner Marlon Humphrey ausfallen.

Der Unterschied zu Pittsburgh ist, dass Baltimore ein Ceiling hat, das die Steelers so nicht mitbringen, und das ist Jackson als X-Faktor. Auch gegen Pittsburgh rettete er einige First Downs am Boden, individuell betrachtet ist er vielleicht der gefährlichste Playmaker in der NFL.

Doch die Ravens spielen - und das fängt mittlerweile zu häufig mit Jackson an - nicht wie ein 8-4-Team.

Ravens: Böses Erwachen in der Postseason?

Das simple Gegenargument wäre jetzt die AFC insgesamt mit der Frage, wie sich die Ravens dann in dieses Gesamtbild einordnen. Und ob Baltimore dann in diesem Kontext wiederum überhaupt negativ auffällt.

Das Problem für Baltimore sehe ich darin, dass es in der AFC mit den Bills mindestens ein Team mit nochmal klar höherem Ceiling gibt, dass es mit den Patriots ein deutlich stabileres und insgesamt runderes Team gibt - und für mich bleiben die Titans die potenziell größte Wundertüte in den Playoffs, sollte Tennessee dann wieder bei voller Stärke agieren.

Die Steelers werden dieses Jahr nichts mit den Playoffs zu tun haben, dabei bleibe ich, diesem Team fehlt die Durchschlagskraft dafür. Und nachdem hier am Samstag Berichte aufgetaucht waren, wonach das Roethlisbergers letzte Saison sein wird - was angesichts seiner sportlichen Leistungen niemanden überraschen dürfte - geht der Blick letztlich Richtung Rebuild. Und damit in erster Linie Richtung Quarterback-Frage.

Baltimore dagegen muss bei aller Kritik der Favorit in der eigenen Division sein. Aber auch wenn ich viel von diesem Team und von diesem Trainerstab halte: Die Ravens sind deutlich wackliger als ihr Record vermuten lassen würde, und ich denke, dass sich das in den Playoffs früh und deutlich bemerkbar machen wird.