Mailbag: Lehren für die Free Agency und der ganz frühe Super-Bowl-Tipp
KalleXY: Welche Lehren ziehst du aus der abgelaufenen Saison Richtung Free Agency? Auf welche Positionsgruppen erwartest du dort einen Run?
Hier ist es vielleicht angebracht, einen der Punkte zu intensivieren, den ich in meinen Takeaways angerissen hatte. Einer der Takeaways dieser Saison für mich war ein Punkt, den ich letztes Jahr bereits betont hatte, und der nochmals intensiviert wurde: Die Bedeutung einer tiefen Receiver-Gruppe.
In der heutigen NFL sowohl mehrere Spieler zu haben, die Eins-gegen-Eins gewinnen können, als auch mehrere Spieler zu haben, die verschiedene Rollen innerhalb der Offense ausfüllen können, halte ich für essenziell; ein Paradebeispiel waren die Rams im Super Bowl, denen man förmlich dabei zuschauen konnte, wie die Offense eindimensionaler und deutlich schwächer wurde, als mit Odell Beckham der starke zweite Receiver gefehlt hat, der Outside gewinnt und somit viele Teile der Offense einfach öffnet. Ein ähnlich extremes Beispiel dieser Saison waren die Cardinals nach der Verletzung von DeAndre Hopkins.
Die Chiefs haben diese Problematik im Laufe der Regular Season ebenfalls immer wieder zu spüren bekommen, bis sich schließlich Mecole Hardman besser in den Vordergrund gespielt hat. In Dallas war deutlich zu sehen, wie die Offense inkonstanter auftrat, als mit Michael Gallup der X-Receiver im Wide-Receiver-Trio fehlte. Und so weiter.
Wenn wir dann darauf schauen, wo diese Free-Agency-Gruppe stark besetzt ist, dann steht für mich die Receiver-Gruppe weit oben. Selbst wenn Davante Adams und Chris Godwin am Ende nicht auf den Markt kommen, dann sprechen wir immer noch unter anderem von Allen Robinson, Mike Williams, Will Fuller, D.J. Chark, JuJu Smith-Schuster, Christian Kirk, Marquez Valdes-Scantling, oder auch A.J. Green und Sammy Watkins. Odell Beckham wäre hier ein spannender Kandidat gewesen, aber nach seinem im Super Bowl erlittenen Kreuzbandriss wird er für 2022 nur ein überschaubarer Faktor sein.
Ich würde hier als Team meine Receiver-Gruppe aufladen und ergänzen, was in keinster Weise jemanden daran hindern sollte, im Draft nochmals auf der Position nachzulegen. Mehrere dieser Spieler werden mit Einjahresverträgen zu haben sein, und man braucht hier eine tiefe Gruppe, zumindest in den allermeisten Offenses.
Marvin S.: Die AFC scheint auf Jahre mehrere Schwergewichte zu haben, anders sieht es in der NFC aus. Welche NFC Teams haben die besten Voraussetzungen für mindestens 2 NFC Championship Teilnahmen in den nächsten 2 Jahren?
Dafür muss natürlich sehr viel passen. Quarterback, Head Coach, Kontinuität auf beiden Seiten des Balls, überschaubare Baustellen, die man idealerweise in dieser Offseason angehen kann.
Es ist nicht sonderlich spektakulär, aber sofern die Rams nicht komplett auseinanderfallen - damit meine ich in erster Linie die Rücktrittsgerüchte rund um Aaron Donald und Sean McVay - wäre L.A. hier meine erste Wahl. Dieses Team ist immer noch wahnsinnig gut besetzt, selbst wenn man einige Starter an die Free Agency verlieren wird. Die Rams mit Donald und McVay wären Stand heute mein NFC-Favorit für die kommende Saison, einfach weil ich aktuell kein anderes Team in der NFC sehe, das sich in dem Szenario deutlich vor L.A. schiebt.
Die Packers wären meine zweite Wahl, wenngleich man bei Green Bay zunächst einmal den übergreifenden Ansatz abwarten muss; und hier gibt es für mich letztlich nur zwei Extreme: Entweder man bleibt All-In mit Rodgers, was dann auch heißt, dass Adams bleibt, dass man Cap Hits in die Zukunft schiebt und das Team nochmal für einen finalen Run über zwei, vielleicht drei Jahre auflädt. Oder aber man geht in die andere Richtung - dann aber ohne Rodgers und mit einem klaren Umbruch.
San Francisco ist die größte Wildcard, je nachdem, wie sich Trey Lance entwickelt. Der Kern dieses Teams ist immer noch unheimlich stark. Die Niners sehe ich grob in der gleichen Kategorie wie Dallas und Arizona, wenngleich die Cowboys und Cardinals als Franchise insgesamt noch viel mehr 2022 an einem Scheideweg stehen. Je nachdem, wie die kommende Saison verläuft, könnten beide 2023 vor größeren Umbrüchen stehen.
Daniel H: Wentz oder Jimmy G.: Welcher Quarterback ist im Paket attraktiver für Teams?
Welcher sollte es für Teams sein? Das ist in meinen Augen Jimmy Garoppolo. Wir können an diesem Punkt sehr klar sagen, was ein Team mit Garoppolo bekommt: Einen Game Manager, der sehr gut darin ist, die Mitte des Feldes zu bedienen, der sehr gut in einer Outside-Zone-Play-Action-Offense funktioniert, und der sehr gute Umstände inklusive Scheme und Play-Caller benötigt, um erfolgreich zu sein.
Die gute Nachricht für Garoppolo ist, dass es mittlerweile mehr als genügend Ableger der Shanahan-Offense gibt, wo er unterkommen und vermutlich relativ einen Impact haben könnte. Denver mit dem neuem Coaching Staff wäre das Paradebeispiel in dieser Offseason, perspektivisch könnte man nach Miami blicken, oder vielleicht auch nach Cleveland.
Aber welchen der beiden Teams dann tatsächlich als attraktiver sehen, das kann dann nochmal eine andere Frage sein. Sehen Teams in Wentz noch dieses High-End-Potenzial, welches er vereinzelt angedeutet hat? Oder war die Colts-Saison endgültig der finale Punkt, der die Sichtweise auf Wentz nachhaltig verändert hat?
Ich denke, dass Teams in Garoppolo klar wissen, was sie bekommen und was nicht, und dass man mit Garoppolo "planmäßiger" erfolgreich sein kann, während Wentz die größere Wildcard präsentiert, bei der ich die Upside immer noch nicht als ausreichend sehe, um mich mit den negativen Aspekten herumschlagen zu wollen.
Beide sehe ich aber nicht als Quarterbacks, die ein neues Team zum Titelkandidat machen.
Niklas_Cage: Wieso klappt bei einigen Teams das Short Passing Game und du forderst es sogar, siehe Cincinnati im Super Bowl, und wieso klappt es in Pittsburgh nicht? Kannst du das Mal vergleichen und aufdröseln?
Ich würde hier, wie so häufig wenn es um Detail-Aspekte geht, zunächst einmal raus zoomen und auf das große Ganze schauen. Ein maßgeblicher Unterschied, warum die Steelers-Offense häufig so trostlos daherkam, während andere Teams deutlich effizienter auftreten, liegt nämlich in meinen Augen im Gesamt-Scheme.
Die Teams, die das besser machen, kombinieren ihre Play-Designs, Dinge bauen aufeinander auf, Pass-Konzepte sind mit Run-Designs verknüpft, und so weiter. Plays sehen ähnlich aus, entwickeln sich aber unterschiedlich, offene Receiver werden per Play-Design kreiert und können nach dem Catch viel mehr Schaden anrichten; das sind die Offenses, bei denen einem beim Zuschauen direkt auffällt, dass die Plays stimmiger und in sich schlüssiger wirken, weil alles zusammen funktioniert.
Der Part fehlte mir bei Pittsburgh in den letzten beiden Jahren häufig.
Der andere Punkt ist der, wie das Kurzpassspiel und das vertikale Passspiel zusammenarbeiten. Und ob sie das überhaupt machen. Auch hier wirkte es bei den Steelers zu häufig so, als würde Big Ben eben ein paar Shots pro Spiel nehmen, die aber in puncto Design in keiner Weise mit der restlichen Offense zusammen funktionieren.
Das Bild, das dann entsteht, ist das einer Offense, deren Kurzpassspiel es sowohl an Dynamik, als auch an in sich schlüssigen Designs fehlt, um Dinge zu kreieren.
Chrs Hrr: Extrem früher Zeitpunkt: Wer zählt, Stand jetzt, für dich zu den Favoriten für den Gewinn des nächsten Super Bowls? Nostradamus Franke ist gefragt!
In der AFC gibt es für mich nur die Bills und die Chiefs, wenn ich heute Wahrscheinlichkeiten aufstellen müsste. Buffalo hat etwas mehr Fragezeichen durch den Abgang von Brian Daboll und weiterer Coaches und Verantwortlicher, also: gib mir die Chiefs!
In der NFC stehen massive Fragezeichen hinter den Rams und den Packers, die ich Stand jetzt als Favoriten hätte. Reines Bauchgefühl bei mir geht in die Richtung, dass wir in Los Angeles in den kommenden Tagen tatsächlich noch den einen oder anderen Kracher bekommen, was mögliche Rücktritte angeht - und dass die Packers mit Rodgers nochmal All-In gehen.
Also, Way-too-Early-Tipp: Chiefs gegen Packers.