Mailbag: Ridley-Trade und die Steelers-Quarterback-Frage
Matthias: Wo ist für dich die "Wide Receiver draften vs. für Calvin Ridley traden"-Grenze? Also bis zu welchem Pick würdest du lieber selbst einen draften, ab wann würdest du lieber Ridley nehmen?
Hier spielen mehrere Faktoren mit rein:
- Wie geht es Calvin Ridley? Das ist erstmal die wichtigste Frage. Einmal für Ridley selbst, aber natürlich dann auch rein aufs Geschäftliche bezogen für ein Team, das bestmöglich wissen muss, woran es ist, wenn man größere Ressourcen investiert. Dass seine mentale Gesundheit an einem Punkt ist, dass er einen Tapetenwechsel aktiv will und er sich bereit fühlt, seine Karriere fortzusetzen, ist für alle weiteren Fragen selbstredend essenziell.
- Die Wide-Receiver-Spitzengruppe für den diesjährigen Draft habe ich bereits analysiert, und hier gibt es für mich ganz eindeutig kein Prospect auf dem Level der Vorjahres-Spitzengruppe. Das wäre dementsprechend auch ein Faktor in der Evaluation eines möglichen Trades für Ridley - genau wie die Frage, welche der angehenden Free Agents auf der Receiver-Position tatsächlich auch auf den Markt kommen.
- Der letzte Punkt ist dann Ridleys eigener Vertrag. Sein Cap Hit in Höhe von 11,1 Millionen Dollar für 2022 ist bereits nicht ohne, doch ist das gleichzeitig schon die Fifth Year Option - hier würde in einen Trade also mit einfließen, dass man Ridley zeitnah einiges an Geld bieten und sich langfristig an ihn binden müsste.
Ridley war für mich ein Top-15-Receiver im Vorfeld der vergangenen Saison, und rein sportlich sehe ich ihn immer noch in dieser Range - und damit besser als die Receiver im diesjährigen Draft auf kurz- und mittelfristige Sicht.
Mit dem finanziellen Aspekt im Hinterkopf wäre die angesprochene "Grenze" für mich ab Runde 2 gekommen. Einen Zweitrunden-Pick, auch einen hohen Zweitrunden-Pick, würde ich eher in Calvin Ridley investieren, sofern es abseits des Platzes für alle Beteiligten passt.
Coach Andy: Was denkst du machen die Steelers auf Quarterback? Einen Free Agent verpflichten, jemanden draften - oder Mason Rudolph starten?
Der einfachste Part zuerst: Die jüngsten Aussagen von GM Kevin Colbert, wonach Mason Rudolph "aktuell der Starter" ist, und man bei den Steelers "gespannt ist, zu sehen, wie es für Mason weiter geht", sind für mich nicht mehr als Offseason-Floskeln.
Dass sie in Pittsburgh generell mehr von Mason Rudolph halten als der Konsens unter Analysten und der Öffentlichkeit, das ist an diesem Punkt kaum noch von der Hand zu weisen - ich sehe in ihm einen Mid-Tier-Backup, und keineswegs einen Quarterback mit langfristigem Starter-Potenzial, den man mal über 16 Spiele testen müsste, wie Colbert das ebenfalls nahelegte.
Aber nachdem man sich zwei Jahre zu lang an Big Ben gebunden und so kostbare Jahre für das Fenster dieses Teams geopfert hat, im nächsten Schritt ein Experiment mit Mason Rudolph starten? Das sehe ich nicht.
Dabei sind die Dynamiken hinter den Kulissen durchaus erwähnenswert, beginnend mit Colbert selbst: Der GM wird nach dem Draft aufhören - ich sehe durchaus ein Szenario, in dem Colbert die Franchise nach über 20 Jahren in Pittsburgh mit dem nächsten Franchise-Quarterback als finale große Entscheidung verlassen will. Also dass er den Start der nächsten Ära als letzte Amtshandlung vorbereiten möchte.
Und die entsprechenden Gerüchte gibt es spätestens seit dem Senior Bowl: Gerüchte, wonach die Steelers großes Interesse an Quarterback Malik Willis haben. Der Quarterback mit dem wohl größten Potenzial im diesjährigen Draft, aber auch noch jeder Menge Inkonstanz in seinem Spiel. Willis wird Zeit brauchen.
Aus Steelers-Sicht könnte ich mir ein Szenario vorstellen, in welchem Pittsburgh einen Routinier für überschaubares Geld verpflichtet - Mitch Trubisky, Jameis Winston, Marcus Mariota, Teddy Bridgewater, diese Kategorie - und dann im Draft gegebenenfalls auch einiges investiert, um für Willis hoch zu traden.
Thorsten Biber: Was denkst du werden die Cardinals mit Chandler Jones, Corey Peters, Robert Alford, Jordan Phillips und Devon Kennard machen?
Die Cardinals sind eines von mehreren Teams in dieser Free Agency, die auf den ersten Blick kaum finanziellen Spielraum haben - allerdings mit ein paar Umstrukturierungen jede Menge an kurzfristigem Cap Space kreieren können.
Um das mal etwas konkreter zu machen: Die Verträge von DeAndre Hopkins, J.J. Watt und Budda Baker umzustrukturieren und Devon Kennard als Post-June 1 Cut zu entlassen würde fast 34 Millionen Dollar Cap Space kreieren.
Wenn Arizona in dieser Offseason aggressiv sein will - und sowohl mit Blick auf das Vertragsfenster von Quarterback Kyler Murray als auch angesichts des wachsenden Drucks auf GM Steve Keim erscheint das mehr als nur denkbar - dann können die Cardinals das bewerkstelligen. Dieses Team braucht nach viel zu vielen schwachen Drafts in den letzten fünf Jahren dringend einige junge Spieler, um die man auch perspektivisch etwas aufbauen kann.
Ein erster Teil der Frage war hier auch schon mit drin; ich gehe davon aus, dass Kennard ein klarer Cut-Kandidat ist. Peters ist ein Leader innerhalb dieses Teams und sollte nicht allzu teuer sein - falls er nicht aufhört, kann ich mir gut vorstellen, dass man sich hier wieder auf einen Einjahresvertrag verständigt.
Bei Alford sind die Verletzungen seit seinem Wechsel nach Arizona fast grotesk. Ein Beinbruch Ende August 2019 und ein Brustmuskelriss im August 2020 kosteten ihn zwei volle Saisons. Arizona entließ ihn im vergangenen März und holte ihn wenig später für weniger Geld zurück, Alford spielte dann eine solide Saison, ehe die Saison für ihn mit einer weiteren Brustmuskelverletzung in Woche 14 abermals vorzeitig beendet war.
Die Cardinals brauchen eher einen Nummer-1-Corner als ungewisse Tiefe; die haben sie. Ich denke, dass man sich in dieser Offseason endgültig von Alford trennt und eher aggressiv auf dem Cornerback-Markt sein wird.
Phillips derweil wurde 2020 aus Buffalo geholt, um der D-Line eine neue Identität zu geben - seitdem hat er in zwei Jahren insgesamt nur 550 Snaps gespielt, und rein sportlich war er ebenfalls eher enttäuschend.
Sein Vertrag wurde bereits umstrukturiert, um den Zach-Ertz-Trade Cap-technisch hinzubekommen, dennoch würde Arizona mit einem Post-June 1 Cut zehn Millionen Dollar an Cap Space gewinnen. Das sollte zumindest eine sehr ernsthafte Überlegung sein.
Chandler Jones ist natürlich der große Name. Teambesitzer Michael Bidwill war Ende der vergangenen Woche in einer lokalen Radiosendung zu Gast, und betonte, dass man Jones gerne halten würde. Ehrlicherweise aber zeigt die Leistungskurve bei Jones seit nunmehr zwei Jahren eher nach unten, er ist kein Spieler mehr, für den ich den Blankoscheck auf den Tisch legen würde.
Ich vermute, dass er mehr Geld sehen will, als die Cardinals bereit sind, ihm zu bezahlen. Und in dem Fall könnte ich die Team-Perspektive gut nachvollziehen.