2. Die zweite Reihe: Wer könnte oben angreifen?
Vier Teams braucht es für die College Football Playoffs - selbst falls also die erwarteten Favoriten Alabama, Georgia und Ohio State vorne weg marschieren, wird ein viertes Team rein klettern. Eine Überraschung wie Cincinnati im Vorjahr dürfte es dieses Mal kaum geben; kein Team außerhalb des erweiterten Spitzenkreises scheint dafür stark genug, während Cincinnati selbst einen gigantischen Aderlass im Draft hinnehmen musste.
Aber es gehört noch ein zweiter Teil zu dieser Rechnung: Denn selbst mit Cincinnatis perfekter Saison gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, dass das Playoff Committee die Bearcats sofort rausgelassen hätte - hätte es eine vernünftige Alternative gegeben. Letztes Jahr gab es diese nicht, das sollte in der kommenden Saison anders sein.
Da wäre etwa Clemson. Die Tigers waren mit viel Optimismus in die erste Saison der Post-Trevor-Lawrence-Ära gegangen - doch Quarterback DJ Uiagalelei konnte die hohen Erwartungen so gar nicht erfüllen. Sein Job wackelt, bei allem unbestreitbaren physischen Talent, das er mitbringt, und falls die Offense erneut enttäuscht, wird es auch schwer mit den Playoffs. Five-Star-Quarterback Cade Klubnik stünde als Quarterback-Alternative bereit.
Doch Clemson hat eine hochtalentierte Defense, angeführt von einer spektakulären Front: Edge-Rusher Myles Murphy, Linebacker Trenton Simpson, Defensive Tackle Bryen Bresee - die Tigers sollten defensiv Gegner dominieren können. Doch kann die Offense mithalten?
Texas A&M und das Großbauprojekt USC
Texas A&M ist eine der großen "Ideen" im College Football, im Sinne von: Die "Idee" der rekrutierten Spieler ist spektakulär - doch muss das dann auch entsprechend auf den Platz übertragen werden. Nach mehreren herausragenden Recruiting-Klassen ist es an der Zeit, oben anzugreifen. Die Defensive Line sollte eine der besten im College Football sein, Big-Play-Runner Devone Achane sollte ein guter Ersatz für Isaiah Spiller sein. Offen bleibt jedoch die Quarterback-Frage.
Diese Frage stellt sich bei USC nicht, nachdem die Schule auf turbulente zehn Monate zurückblickt. Die Verpflichtung von Lincoln Riley als neuer Head Coach, mehrere Coups über das Transfer Portal - und schließlich die Ankündigung, ab 2024 in die Big Ten zu wechseln. USC hat weitreichende Weichenstellungen vorgenommen, doch wie viel davon wird man 2022 schon auf dem Feld sehen?
Klar ist, dass die Trojans eine signifikant verbesserte Offense haben sollten. Dafür kauft man sich Riley ein, der Quarterback Caleb Williams aus Oklahoma mitbrachte, Williams hatte im Laufe der Saison den Startplatz von Spencer Rattler übernommen und exzellente Zahlen aufgelegt. Biletnikoff-Award-Gewinner Jordan Addison wurde von Pitt geholt, er dürfte das neue Nummer-1-Target für Williams werden. Mit Receiver Mario Williams kam ein weiterer Ex-Sooner mit Riley nach Kalifornien.
Der Hype wächst, doch USC bräuchte schon ein wahres Passing-Game-Spektakel, um die nach wie vor vorhandenen Defizite im Kader zu kaschieren. Andernfalls könnte Utah erneut den Pac-12-Titel sichern und hätte die vermutlich besten Chance, um die Conference womöglich in den Playoffs zu vertreten. Utah hat eine starke Defense, die weitestgehend zusammenbleibt - Devin Lloyd ist hier der prominente Abgang -, eine gute Offensive Line, einen physischen Back in Tavion Thomas und eine talentierte Secondary.
Utah ist das deutlich komplettere Team und wesentlich weiter in seiner Entwicklung, auch wenn die Utes nicht die Offense-Upside mitbringen, die USC mittlerweile aufs Feld führen kann.
Michigan und Notre Dame: Mehr Neuausrichtung als Playoffs?
Michigan schaffte letztes Jahr den Sprung in die Playoffs, Notre Dame hatte letztlich einen Ausrutscher zu viel - für beide könnte es schwer werden, in der kommenden Saison das Ticket zu lösen. Denn beide müssen gravierende Fragen hinsichtlich Neuerungen und unfreiwilliger Umbrüche beantworten.
Bei Notre Dame beginnt das mit dem Head-Coaching-Posten: Brian Kelly hat die Fighting Irish verlassen und bei LSU seine Zelte aufgeschlagen, Marcus Freeman wurde intern befördert. Niederlagen gegen BYU, Clemson und USC sind tabu, davon ausgehend, dass das Auftaktspiel gegen Ohio State nicht gewonnen wird. Das könnte im ersten Jahr unter Freeman, mit einer fragwürdigen Receiver-Gruppe und einem neuen Starting-Quarterback in Tyler Buchner, zu viel verlangt sein. Notre Dame hat Talent, gerade in beiden Lines - doch reicht das?
Für Michigan betrifft der Umbruch zwar nicht den Head Coach, ist dafür aber umso gravierender: Mit Aidan Hutchinson und David Ojabo ist das Top-Pass-Rusher-Duo weg, genau wie Defensive Coordinator Mike Macdonald, Safety Daxton Hill und Running Back Hassan Haskins. Das offensive Waffenarsenal ist weiter gut bestückt, doch der Spielraum für Fehler für die Art Football, die Michigan spielen will, ist sehr klein.