Referee-Skandal mit Nick Kyrgios in der Nebenrolle: "Ich will Dir helfen"

Von Jörg Allmeroth
Nick Kyrgios, US Open
© getty

Gerade erst war die Aufregung um das "BH-Gate" mit der Französin Alize Cornet abgeebbt, da hatten die US Open am Donnerstagabend ihren nächsten bizarren Aufreger - mit Skandalnudel Nick Kyrgios, dem nächsten Grand Slam-Gegner von Roger Federer, in einer nicht unbedeutenden Nebenrolle.

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Wieder einmal hatte Kyrgios in seiner Zweitrundenpartie gegen den Franzosen Pierre-Hugues Herbert seine Lieblingsrolle gegeben, die des desinteressierten, lümmelhaften, verzogenen Tennis-Millionärs, als sich auf einmal Unerhörtes ereignete: Der schillernde Schiedsrichter Mohamed Lahyani stieg beim Stand von 4:6 und 0:3 vom Stuhl hinab und hielt eine kleine Ansprache in Richtung von Kyrgios, die man durchaus als Motivationsrede begreifen konnte.

"Ich will Dir helfen. Das bist nicht Du auf dem Platz", sagte Lahyani und forderte mehr Einsatz von dem Australier, sonst werde es unweigerlich Verwarnungen geben. Es war ein kurioser, einmaliger Vorgang, mit einer allerdings auch kuriosen Konsequenz: Denn die Mahnung des schwedische Referees fruchtete tatsächlich, Kyrgios bog das Match um - und darf sich nun der Prüfung gegen Federer unterziehen. "Sorry, das war kein Coaching", gab Kyrgios später zu Protokoll, "er hat mir bloß zu verstehen gegeben, dass es so nicht weitergehen kann."

Auch Roger Federer kritisiert den "Kyrgios-Flüsterer"

Lahyanis Einschreiten sorgte allerdings am Grand Slam-Schauplatz weithin für Kopfschütteln, nicht zuletzt bei Federer, dem kommenden Widersacher von Kyrgios: "Was er da getan hat, ist nicht die Aufgabe des Schiedsrichters", sagte der Maestro sichtlich verärgert nach seinem 7:5, 6:4, 6:4-Sieg gegen den gelegentlich selbst etwas erratischen Profikollegen Benoit Paire, "damit nimmt man ja Einfluß aufs Spielgeschehen."

Er sei sich allerdings sicher, dass so etwas "nicht noch einmal vorkommen wird", befand Federer, "schon gar nicht im nächsten Match: Da wird Nick sicher auch etwas interessierter und engagierter bei der Sache sein." Der amerikanische Verband USTA, Ausrichter der US Open, ließ später in einem Statement verblüffend verbreiten, der Schiedsrichter habe sich Sorgen um den Gesundheitszustand von Kyrgios gemacht und sei deshalb vom Stuhl gestiegen, "weil er so besser mit ihm kommunizieren konnte."

Federer hat Respekt vor Kyrgios: "Immer eine harte Nuss"

Eskapaden wie in den ersten anderthalb Sätzen, als er Aufschläge seines Gegners lustlos passieren ließ und in mancher Pause herzhaft und demonstrativ in die Kamera gähnte, wird sich Kyrgios in der Samstagnacht-Show gegen Federer wohl kaum leisten. Er wird eher der schwere, gefährliche Rivale sein, der er fast immer für den 37-jährigen Schweizer war - zwei von drei Partien gewann Federer, zuletzt im Frühling in Stuttgart. Acht von neun Sätzen gingen in den Spielen in den Tiebreak, es sei "immer eine harte Nuss gewesen" gegen Kyrgios, so Federer, "denn er hat ja unbestreitbar ganz großes Potenzial."

Federer dürfte entgegenkommen, dass die Courts in Flushing Meadow in diesem Jahr außergewöhnlich langsam sind und so das explosive Spiel von Kyrgios etwas neutralisiert werden könnte. Zulegen muss der 20-malige Grand Slam-Champion allerdings vor allem selbst, auch gegen Paire konnte er nicht übermäßig überzeugen.

Das Beste am Spiel war der Sieg selbst - trotz 47 unerzwungenen Fehlern und nur 25 Gewinnschlägen. Es sei schwer gewesen, erklärte Federer, gegen Paire einen Rhythmus zu finden, "zu unwägbar und schwankend" sei dessen Spiel. Was dann auch für Kyrgios gilt, den nächsten Gegner. Den Weltmeister der Unberechenbarkeit.

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