Debüt von The Rock
Oder nehmen wir den vielleicht populärsten Wrestler aller Zeiten, The Rock. Hat noch jemand dessen mäßig tolles Debüt unter dem Namen Rocky Maivia bei den Survivor Series 1996 in einem unfassbar peinlichen Fummel vor Augen? Erst über seinen Heel Turn, die Zeit bei der Nation of Domination und die anschließende Zeit bei beziehungsweise gegen die Corporation entwickelte er sich zu dem Megastar, den wir heute kennen und lieben.
Doch diese Zeit nimmt sich die WWE im heutigen schnelllebigen Geschäft nicht mehr, vielleicht kann man sie aus finanziellen Gründen auch tatsächlich nicht. Eine Ausrede für fade Storylines und ständig aufs Neue abgebrochene Pushs junger, aufstrebender Talente ist das aber beim besten Willen nicht!
Statt Vielfalt und einer attraktiven Midcard, aus der eigentlich die Bret Harts, HBKs und Rockys von morgen hervorgehen sollten, überfüttert man die Zuschauer mit den immer gleichen neun, zehn Superstars, die als Aushängeschilder der WWE auserkoren wurden. Doch wie haben sich ein John Cena oder ein Randy Orton zu den Main-Event-Kalibern entwickelt, die sie heute sind? Über Nacht ganz sicher nicht.
Viele Statisten im Roster
Bei RAW dreht sich seit einer gefühlten Ewigkeit alles um Cena, Punk und Sheamus, aktuell dürfen zudem Big Show, AJ, Team Hell No sowie Vince McMahons neue Leibspeise Ryback mitspielen. Der Rest des Rosters verkommt zu Statisten, die nur dazu dienen, die Top-Männer over zu bringen. Ihre Hoffnung besteht darin, eines Abends im Glückskeks statt der üblichen lahmen Sprüche mal eine anständige Storyline zu finden. Doch die sind leider äußerst rar gesät.
Das jüngste Beispiel ist Brodus Clay. Der Funkasaurus kam mit seinem Mix aus absurdem Gimmick und bulliger Gestalt gerade beim jüngeren Publikum gut an, zudem hatte auch VinnieMac seinen Spaß am Tanzbären und seinen Funkadactyles. Dann kam Ryback so richtig ins Rollen und parallel begann der Abstieg Clays. Statt Main-Event-Push darf er sich aktuell für Leute wie Heath Slater hinlegen. Der Grund: Man hat einen neuen Flavor of the Month gefunden. Doch was kommt danach?
Bei Superstars und NXT - den Shows also, die eigentlich für die B- und C-Riege des Kaders bestimmt sind und diesen Leuten eine Plattform bieten sollen, um ihr Können zu demonstrieren - wird ein beachtlicher Anteil der Sendezeit darauf ver(sch)wendet, die "Highlights" aus RAW zu wiederholen.
Ein fetter Nachschlag, bei dem uns die ohnehin dauerpräsenten Leute erneut reingewürgt werden. Freitag? SmackDown! Natürlich wieder mit Sheamus, reichlich Rückblicken und mehr als nur einem Anflug von Völlegefühl. Dagegen gibt's nicht mal was von Ratiopharm.
Saturday Morning Slam und Main Event
Die Verantwortlichen legten unlängst noch mal einen drauf und servierten gleich zwei fettige Sahneballen zum Dessert: Saturday Morning Slam und Main Event. Großartig, bei letzterem verrät bereits der Titel, wen wir dort mehr oder minder regelmäßig vorgesetzt bekommen - nämlich die Sheamusse und Big Shows dieser Welt. Na Gott sei Dank, nach einem Tag ohne bekommt man mittlerweile ja schon Entzugserscheinungen. Oder auch nicht.
Müssen wir darüber diskutieren, dass ein John Cena, Sheamus oder Randy Orton die Leute sind, die Geld und Ratings einfahren? Natürlich nicht! Nun kann man sich über den Ratings-Einbruch der letzten Zeit mokieren. Keine Frage, 2,5 Prozent sind für die WWE bitter und auch wegen 2,8 macht niemand Freudensprünge.
Nichtsdestotrotz bedeuten 2,5 Prozent Sendeanteil zur Prime Time über drei Stunden verteilt immer noch satte Einnahmen, die mit einem Main Event zwischen Tyson Kidd und Cody Rhodes vermutlich nicht eingespielt würden.
"Du siehst sie pausenlos"
Derweil werden die Stimmen der Fans immer lauter, die sich an den immergleichen Leuten schlichtweg satt gesehen haben. Dolph Ziggler sprach das Thema sogar in unserem Interview letzten Monat an: "Manche Superstars werden dir regelrecht reingewürgt, du siehst sie pausenlos und sie gewinnen grundsätzlich".
Diese Aussage bringt es auf den Punkt und belegt, dass das Problem der WWE durchaus bewusst ist. Am Status quo ändert sich dadurch aber nichts, vermutlich aus Angst vor noch stärkeren Quoteneinbrüchen.
Aktuell steht Ryback im Fokus und wird bei Hell in a Cell am kommenden Sonntag erstmals vor laufenden Kameras auf einen Main Eventer treffen. Durch die Zellen-Stipulation hat die WWE sich selbst in eine schwierige Lage manövriert, da man den Big Hungry nun entweder den WWE-Titel gewinnen oder seine erste Niederlage kassieren lassen muss.
Die entscheidende Frage lautet: Wie geht es mit Ryback weiter, gesetzt den Fall, dass er - wenn auch durch Eingreifen von außen - seinen Unbesiegbarkeits-Nimbus verliert? Oder noch schlimmer: falls er sich erneut einen solchen Patzer leistet wie neulich beim zweifach gebotchten Finish gegen Tensai? Hält der Boss dann noch an ihm fest, oder erleben wir einen weiteren steilen Abstieg?
Fehlt die Geduld?
Keine Frage, der ehemalige Skip Sheffield hat das Potential zum Star. Doch wie lange kann er noch interessant bleiben, wenn er einem bereits seit Wochen mit riesigen Kellen in den Rachen gerammt wird?
Der WWE dürfte es herzlichst Latte sein, so lange sie gut an Ryback verdienen. Zudem steht er bei weitem nicht alleine da. In der (kaum vorhandenen) WWE-Midcard tummeln sich zahlreiche talentierte Wrestler, aus denen man die Superstars von morgen formen könnte.
Doch das funktioniert eben nur mit Geduld und indem man ihnen die Chance gibt, sich auf dem Servierteller zu präsentieren, statt immer nur die gleichen Gesichter aufzutischen. Ansonsten gilt: "Feed me more", Nachschlag um Nachschlag vom immer gleichen Menü? Nein danke, ich bin pappsatt!