Bundesliga - 5 Thesen zum 20. Spieltag: Edin Terzic kann am wenigsten für die BVB-Misere

Stefan Rommel
08. Februar 202110:13
Bundesliga-Schiedsrichter Winkmann nutzt den Videobeweis.getty
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Die Breisgauer bleiben das Überraschungsteam der Saison. Dortmund ist im Begriff, den nächsten Trainer zu verbrennen, Leipzig kann's auch ohne Torjäger und was ist eigentlich schon wieder mit dem VAR los? Fünf Thesen zum 20. Spieltag.

BVB-Misere: Terzics Ausbeute bringt auch Zorc in Not

Im Sommer wird es einen neuen Anlauf geben, es wird der sechste sein in den letzten sechs Jahren. Das ist noch ein ganzes Stück entfernt von den Chaosklubs, die drei oder vier Trainer pro Saison verschleißen. Für den Anspruch und die Ambitionen von Borussia Dortmund ist im Schnitt ein Trainerwechsel pro Jahr aber nicht akzeptabel.

Edin Terzic versucht sich gerade an einer kaum trainierbaren Mannschaft. Jedenfalls nähren die Leistungen und die Punkteausbeute unter Terzics Regie den Verdacht, dass der Trainer am wenigsten für die Dortmunder Dauermisere kann. Die Mannschaft ist mittlerweile nicht nur aus den Champions-League-Rängen gerutscht, sondern steht jetzt auf Platz sechs, der berechtigt für die "Europa-Conference-League-Playoffs": Allein diese Aussicht dürfte in Dortmund für kaltes Grausen sorgen.

Terzics Vorgänger Lucien Favre wurde in dessen letzten Wochen als Sündenbock auserkoren und vielleicht gab es eine ganze Reihe an guten Argumenten für eine Entlassung. Aber so ein Schritt muss auch mit einer Idee für einen adäquaten Nachfolger verknüpft sein. Terzic scheint dieser nicht zu sein, so wie es vor ein paar Jahren auch Peter Stöger nicht war, mit dem der BVB mit mehr Glück als Können auf den letzten Drücker noch die Champions League erreichte.

Und deshalb rückt Michael Zorc auch immer mehr in den Fokus. Der hat die Trainerauswahl in der Post-Klopp-Ära zu verantworten. Mehr als gute Vorsätze und Flickschusterei hat der Sportchef aber nicht vorzuweisen.

SC Freiburg: Der einzige nachhaltige Bundesligist

Das krasse Gegenstück zum BVB - und korrekterweise auch zu allen anderen Bundesligisten - liefert der SC Freiburg. Die Partie gegen Dortmund am Samstag war das 700. Bundesligaspiel der Breisgauer. Das allein ist schon bemerkenswert genug für einen derart kleinen Standort. Noch krasser wird die Bilanz aber, wenn man sich die Liste der Trainer anschaut, die diese 700 Partien verantwortet hatten: Volker Finke, Robin Dutt, Marcus Sorg und Christian Streich heißen Freiburgs Bundesligatrainer.

Eine Shortlist der anderen Art. Mit nur vier Trainern navigiert Freiburg seit nun bald 30 Jahren durch Deutschlands höchste Spielklasse, Streich ist in seinem zehnten Dienstjahr und damit Finke (16 Jahre im Amt) auf den Fersen. Dagegen nehmen sich die vier Jahre von Dutt und das Missverständnis mit Sorg, der nur fünf Monate tätig war, völlig unscheinbar aus.

Freiburg lebt, wovon andere Klubs nur träumen können - und ist damit auch noch erfolgreich. Streich bricht in dieser Saison mit seiner Mannschaft einige klubinterne Rekorde. Unter anderem waren da fünf Ligasiege in Folge dabei, so viele wie nie zuvor. Nimmt man die letzten zehn Spieltage, läge Freiburg mit 22 Punkten hinter den Bayern und Frankfurt auf Platz drei. Und nun hat Streich persönlich ja auch sein erstes Spiel überhaupt gegen Dortmund gewonnen. Wo soll das alles noch enden? Vielleicht sogar im internationalen Geschäft.

RB Leipzig fehlt ein echter Torjäger

Läuft eigentlich weiterhin alles nach Plan in Leipzig - wenn man davon ausgeht, dass sich der Brauseklub als Bester vom Rest sieht und nicht zwingend als Bayern-Jäger. Leipzig ist Zweiter und damit auf einem guten Weg zum ausgegebenen Saisonziel, der Qualifikation für die Königsklasse. Dabei definiert sich RB in der Hauptsache über seine bärenstarke Defensive, erst 17 Gegentore sind der Bestwert der Liga. Und sie kaschiert ein bisschen die Probleme, die es in der Offensive immer noch gibt.

Etwa jenes, dass Leipzig die Saison quasi ohne torgefährlichen Mittelstürmer bestreitet. Robert Lewandowski, Andre Silva, Erling Haaland, Wout Weghorst, Andrej Kramaric und so weiter: Diese Spieler schießen ihre Klubs nach vorne und liegen längst deutlich im zweistelligen Bereich. In der Torjägerliste muss man aber bis runter zum geteilten 26. Platz gehen, um den ersten Leipziger Spieler zu finden.

Genauer gesagt sind es gleich vier, Marcel Sabitzer, Angelino, Emil Forsberg und Yussuf Poulsen. Letzterer ist der einzige Angreifer unter Leipzigs Torjägern. Überhaupt gehen von den 35 Saisontoren bisher erst sechs auf das Konto der nominellen Angreifer - dafür aber schon 15 auf das der Mittelfeld- und 13 auf das der Abwehrspieler. Leipzig rollt das Feld gewissermaßen von hinten auf. Aber ein Dauerzustand kann das Phlegma der Angreifer nicht bleiben.

Die Leipziger Top-Torschützen 20/21

#SpielerSpieleMinutenMin/TorElfmeterTore
1Angelino191.6974240/04
Emil Forsberg189392351/24
Yussuf Poulsen177841960/04
Marcel Sabitzer161.1652913/34
5Christopher Nkunku159413140/03
Willi Orban171.2844280/03

Deutschlands Schiris sind zu schlecht für den VAR

Es vergeht kein Spieltag mehr ohne größere Debatten um eine oder mehrere vermeintliche Fehlentscheidungen, den richtigen oder falschen Eingriff des VAR, die leidige Handspieldiskussion und so weiter. Dabei war der Video Assistent Referee doch mal eingeführt worden, um das Spiel gerechter zu machen und genau jene Debatten zu verhindern, die wir nun doch regelmäßig haben. Der VAR sollte auch die Schiedsrichter ein wenig aus der Schusslinie nehmen und ihnen durch eine zusätzliche Absicherung helfen.

Gefühlt ist das genaue Gegenteil mittlerweile der Fall. Das Gemecker aus allen Ecken über die Art und Weise der Umsetzung wird immer lauter, unter der Woche platzte Paderborns Trainer Steffen Baumgart der Kragen, am Sonntag gab es ein Phantom-Foulspiel inklusive verhängtem Elfmeter in der zweiten Liga, einen Tag davor das nicht geahndete Handspiel von Leverkusens Timothy Fosu-Mensah trotz in diesem Fall eindeutigem Regelwerk. Und immer konkreter wird der Verdacht, dass nicht der VAR als Institution das Problem ist - sondern die ausführenden Personen. Die Qualität deutscher Schiedsrichter lässt doch seht zu wünschen übrig.

Gladbach: Keine echten Fohlen mehr im Stall

Im Derby gegen Köln wurde Borussia Mönchengladbach kalt erwischt und danach waren die Diskussionen groß, ob sich Trainer Marco Rose nicht ein bisschen verzockt hatte. Der tauschte zum Ende der englischen Woche gleich sechs Feldspieler aus, ließ Nico Elvedi, Ramy Bensebaini, Christoph Kramer, Alassane Plea, Jonas Hofmann und Marcus Thuram auf der Bank.

Bis auf Elvedi kamen alle anderen Spieler im Verlauf der Partie doch noch zum Einsatz und es blieb die Erkenntnis: Mit der B-Elf ist auch Köln nicht einfach so zu schlagen. Der FPMG Supporters Club, der vom Klub anerkannte Dachverein der Gladbach-Fans, schrieb nach dem Spiel gar in Richtung Rose: "Mit dem Derby spielt man nicht. Wer das Derby als idealen Zeitpunkt für ein Rotationsexperiment ansieht, hat Borussia Mönchengladbach nicht verstanden."

Die Gäste wiederum rückten mit einer "echten kölsche Mannschaft" an. Vier Spieler der Startelf kamen aus der eigenen Jugend, dann wurde mit Jan Thielmann sogar noch ein fünfter eingewechselt.

Gladbach dagegen hatte in Jordan Beyer nur einen Spieler aus dem Fohlenstall im Kader. Der wurde aber nicht eingesetzt. Gladbach wird völlig zu Recht für seine schlaue Transferpolitik gelobt, die Durchlässigkeit eigener Talente in die Profimannschaft lässt aber weiterhin sehr zu wünschen übrig. Obwohl in Otto Addo und aktuell mit Eugen Polanski seit Jahren schon zwei sogenannte Talente-Trainer eben jenen schwierigen Übergang von der Jugend in den Herrenbereich unterstützen. Hier hat der Champions-League-Teilnehmer noch einigen Nachholbedarf.