"Willkür, Macht, Bosheit und Erfolg"

Daniel Reimann
22. Mai 201414:14
Jose Mourinho war von 2010 bis 2013 Trainer von Real Madridgetty
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Kaum jemand kennt Jose Mourinho und Real Madrid so gut wie er: Diego Torres ist seit 1997 Journalist bei Spaniens größter Tageszeitung "El Pais". Torres schrieb ein Buch über die Ära Mourinho bei Real Madrid mit dem Titel "Prepárense para perder" ("Macht euch bereit, zu verlieren"). SPOX traf ihn in Madrid zum Interview. Ein Gespräch über das Phänomen Mourinho, Perez' Irrationalität und wie Mou sein Team einst gegen sich aufbrachte - allen voran Sami Khedira und Iker Casillas.

SPOX: Herr Torres, erklären Sie uns doch mal, weshalb Sie den Titel "Prepárense para perder" ("Macht euch bereit, zu verlieren") gewählt haben.

Diego Torres: "Prepárense para perder" bezieht sich auf eine Kabinenansprache, die Jose Mourinho 2011 vor dem Halbfinal-Rückspiel der Champions League im Camp Nou hielt. Es war eine solch seltsame Ansprache, wie sie noch nie ein Trainer in der Geschichte von Real Madrid gehalten hatte. Die Grundidee dahinter bestand darin, die Spieler mental darauf vorzubereiten, nicht mit dem Ziel aufs Feld zu gehen, den Rückstand aus dem Hinspiel aufzuholen. Normalerweise dienen Ansprachen der Motivation, um scheinbar unmögliche Ziele zu erreichen. Aber in diesem Fall machte es Mourinho umgekehrt: Er hat seine Mannschaft nicht etwa dazu motiviert, das sportlich erwünschte Ergebnis zu erzielen, sondern sie aufs Verlieren, aufs Ausscheiden eingestellt. Um die Ehre zu retten und eine Klatsche zu vermeiden. Nur darauf zielte diese Ansprache ab. Ihr Effekt war sehr seltsam, weil die Spieler sehr verwirrt reagierten.

SPOX-Reporter Daniel Reimann (r.) traf Diego Torres in Madridspox

SPOX: Es scheint, als wäre Mourinho sein Image in diesem Fall wichtiger als das sportliche Resultat. Kann man dieses Phänomen im Fall Mourinho generalisieren?

Torres: Das ist Teil seiner Methode. Mourinho ist der berühmteste Trainer der Welt, als Persönlichkeit sogar berühmter als Guardiola. Er ist sich dessen bewusst, dass er eine Berühmtheit ist und dazu gehören neben Einkommen und Prestige noch bestimmte Charakterzüge: Das Prinzip Mourinho besteht aus Willkür, Macht, einer bestimmten Form der Bosheit, einem sehr taktischen Fußball, der sich darüber definiert, die Fehler im gegnerischen Spiel zu identifizieren und: Erfolg. Erfolg als wichtigster Baustein über allem. Erfolg als Zweck, der alles rechtfertigt. Wenn Mourinho keinen Erfolg mehr hat, verliert sein Image an Wert. Also alles, was ihm Prestige, Ruhm und Geld eingebracht hat. Wenn Mourinho keinen Erfolg mehr hat, ist sein nächster Vertrag schlechter bezahlt. Beispielsweise kassiert er bei Chelsea weniger als in Madrid, wo er mehr Gehalt als je zuvor bekam.

SPOX: Wie viel hat Mourinho bei Real verdient?

Torres: Rund zehn Millionen Euro. Bei Chelsea kassiert er zwischen acht und neun Millionen. Wenn er mit Madrid die Champions League gewonnen hätte, hätten sie ihm bei Chelsea womöglich zwölf Millionen gezahlt. Der Erfolg spiegelt sich im Gehalt wider. Der Erfolg ist aber nur ein Bild, eine Vorstellung auf einer Skala, auf der Mourinho als Verantwortlicher des Erfolgs am meisten verdient. Wenn er aber verantwortlich für Misserfolge ist, verliert seine Marke an Wert. Was Mourinho mit all seinen Reden und Aussagen zu erreichen versucht, ist sein Geschäft aufrechtzuerhalten. Seine Intention besteht darin, die Schuld an Misserfolgen anderen zuzuschieben, um sein Gewinner-Image zu bewahren.

SPOX: Also handelt Mourinho im Endeffekt immer ausschließlich nach finanziellen Gesichtspunkten?

Torres: Ja. Alles was er macht, macht er, um weiterhin ordentlich zu verdienen. Es gibt einen Diskurs dazu unter Journalisten: Manche sagen, Mourinho sei ein Psychopath, ein Paranoiker, ein Verrückter. Ich wurde oft gefragt: Glauben Sie, dass Mourinho irgendeine psychische Krankheit hat? Aber ich glaube nicht, dass er verrückt ist. Mourinho ist womöglich ein unbeherrschter Charakter mit Persönlichkeitsproblemen. Ein wenig neurotisch, ein wenig hysterisch. Er ist ein Egomane. Aber er ist kein Verrückter.

SPOX: Glauben Sie denn, dass er sich stets dessen bewusst ist, was er sagt?

Torres: Manchmal verliert er die Kontrolle. Das liegt daran, dass es ihm gefällt, an die Grenzen zu gehen. Mourinho ist ein Mann, der alle Gesetze bricht, der sich allen Regeln widersetzt. Er will dass seine Spieler an den Grenzen des Regelwerks agieren, dass sie Schiedsrichter bis ans Limit provozieren, dass sie bis ans Limit Freistöße schinden. Und manchmal überschreitet Mourinho Grenzen, zum Beispiel, als er Tito Vilanova seinen Finger ins Auge drückte. In manchen Momenten verliert er die Kontrolle. Aber diesen Kontrollverlust fordert er quasi heraus.

SPOX: Hat ihm denn seine Art, das eigene Handeln zu verteidigen und die Schuld an Niederlagen anderen zuzuschieben, womöglich hin und wieder den Job gerettet?

Torres: Ja. Doch es hat ihn nicht nur gerettet, dass er stets sich selbst verteidigt und keine Verantwortung übernommen hat, sondern auch, dass er das Gleiche mit Florentino Perez getan hat. Mourinho hat Perez immer beschützt, er wollte ihn von jeglicher Verantwortung befreien. Wenn Perez an irgendetwas Mitschuld trug, schob Mourinho diese Schuld Schiedsrichtern, der UEFA oder jemand anderem zu. Das war für Perez sehr wertvoll. Deshalb wollte er vermeiden, dass Mourinho den Verein verlässt, denn so gab es stets ein Schutzschild, das die tatsächlichen Verantwortlichen vor Kritik oder vor der Notwendigkeit von Schuldeingeständnissen bewahrte.

SPOX: Deshalb hat Perez Mourinho nie rausgeworfen?

Torres: Richtig, das ist einer der Hauptgründe. Das, was Mourinho betrieb, nennt man Kommunikationspolitik, was in Wahrheit Propaganda ist. Das ist eine der Fertigkeiten, die Mourinho am besten beherrscht. Perez gefiel sein Spielstil nicht, aber er war fasziniert von Mourinhos Kommunikationspolitik. Genauso geht es Abramowitsch: Er mag Mourinho nicht, er schätzt ihn nicht besonders auf persönlicher Ebene. Ihm gefällt auch nicht der Fußball, den Chelsea spielt. Aber er hat Mourinho geholt, weil er öffentlich akzeptiert ist. Er hat ihn nicht nur als Trainer verpflichtet, sondern weil er charismatisch ist, weil er ein Politiker ist.

SPOX: Perez hat Mourinho nach Madrid geholt, ihm riesige Macht eingeräumt und ihn bis zum Schluss verteidigt. Hätte Perez nicht auch gehen müssen?

Torres: Perez hätte auf jeden Fall Verantwortung übernehmen müssen. Das Problem ist, dass Perez das niemals machen würde, weil er Real Madrid um keinen Preis verlassen will. In Bezug auf Mourinho hat er nie Verantwortung übernommen, er hat ihn nie kritisiert.

SPOX: Dafür gab es Kritik von Seiten der Spieler. Wann hat sich die Stimmung gegen Mourinho gewandt?

Torres: Das geschah über die Jahre. In seiner ersten Saison standen die meisten hinter Mourinho, aber mit der Zeit haben einige Spieler die Seiten gewechselt. Die ersten, die Mourinho kritisierten, waren Lass Diarra und Pedro Leon. Später kamen Iker Casillas oder Sami Khedira dazu. Khedira glaubte, dass Mourinho schlecht für das Team sei, auch wenn er es nie öffentlich so gesagt hat, da Mourinho ihn damals selbst geholt hatte. Dennoch war Khedira der Meinung, dass er nicht das umsetzen könne, was Mourinho von den Spielern verlangte: Die Gegner provozieren, mit dem Schiedsrichter diskutieren, handgreiflich werden - vor allem gegen Barca. All das unsportliche Verhalten eben.

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SPOX: Vor jener bereits angesprochenen Partie 2011 gegen Barca hat Casillas die Mannschaft nach Mourinhos Ansprache aufgefordert, seine Instruktionen zu ignorieren. Angeblich waren alle einverstanden. Ist in diesem Moment die Beziehung zwischen Trainer und Team zerbrochen?

Torres: In diesem Moment ist nichts zerbrochen. Es kommt oft vor im Fußball, dass Fußballer entscheiden, auf eigene Faust zu handeln. Das war kein Bruch zwischen Mourinho und der Mannschaft. Es gab zwar einen Konflikt, aber das Team respektierte Mourinho weiterhin als Anführer und einen guten Trainer. Es dauerte zwei Jahre, bis fast das gesamte Team gegen Mourinho war.

SPOX: Welche Momente waren dabei entscheidend?

Torres: Zu Beginn seiner letzten Saison ging die Beziehung endgültig zu Bruch, als Mourinho öffentlich sagte, er habe kein Team und dass seine Spieler versagten. Er hat die Professionalität seiner Spieler öffentlich infrage gestellt. Von diesem Moment an war das Tischtuch zwischen Mourinho und seinen Spielern irreversibel zerschnitten. Mourinho distanzierte sich von seinem Team und begann einen neuen Verein zu suchen. Gleichzeitig verloren die Spieler ihren Glauben in Mourinho. Sie respektierten ihn nicht länger, weder als Trainer noch als Person. Es gab nur sehr wenige Spieler, die tatsächlich noch loyal zu Mourinho standen. SPOX

SPOX: Welche Spieler blieben ihm denn bis zum Ende hin treu?

Torres: Fabio Coentrao, di Maria - auch wenn er Zweifel hatte, nachdem ihn Mourinho öffentlich kritisiert hatte - Xabi Alonso und Arbeloa. Das waren die einzigen.

SPOX: Weshalb waren sie nach all den Geschehnissen noch immer loyal zu Mourinho?

Torres: Das ist eine bedeutsame Frage. Die Antwort ist sehr vertraulich. Ich verstehe zum Beispiel nicht, weshalb Xabi Alonso derart Mourinho-treu war. Ich verstehe es bei Coentrao, denn seine Karriere erlebte dank Mourinho einen enormen Schub. Mourinho machte ihn zu einem Stammspieler bei Real Madrid. Vor Marcelo, der viel besser ist als er! Dafür musste Mourinho eine sportliche Regel brechen, die besagt, dass der bessere spielt. Auf diese Art hat er Coentrao protegiert und ihm zu viel Prestige, Ruhm und Geld verholfen.

SPOX: Aber weshalb tat Mourinho das?

Torres: Weil Coentrao ein Spieler von Jorge Mendez ist, von Mourinhos Berater. Er war Objekt eines Investmentfonds von Benfica. Als Benfica ihn nach Madrid ziehen ließ, hat der Verein einen Teil aus diesem Fonds erhalten (20 Prozent, Anm. d. Red). Wer genau hinter diesem Fond steht, ist ein Geheimnis, das weiß nur die Bank. Aber Mendez hat durch Coentraos Wechsel eine enorme Provision erhalten.

SPOX: Was war mit Arbeloa? Weshalb hat er Mourinho bis zum Schluss unterstützt?

Torres: Mourinho hatte ihm einen Stammplatz garantiert. Der Verein wollte einen Rechtsverteidiger verpflichten, aber Mourinho widersprach und sagte: Nein, ich habe Arbeloa und der wird bei mir immer spielen. Madrid hatte zwar Carvajal, aber Mourinho brauchte ihn nicht, also musste er nach Leverkusen gehen. Mourinho hat Arbeloas Vertrag, seine Position im Team verteidigt. Er hat ihm als Spieler eine Bedeutung verliehen.

SPOX: Blieben denn die Mourinho-Befürworter wie beispielsweise Xabi Alonso auch nach dessen Weggang innerhalb der Mannschaft isoliert?

Torres: Absolut. Das Team hat Xabi den Rücken zugewandt. Er hatte nur zwei Freunde, Granero und Arbeloa. Alonso geht nicht zum Mannschaftsessen, er hat keinerlei persönliche Beziehung zu Casillas oder Ramos. Er kommt um zu spielen und kehrt wieder nach Hause zurück. Seine Freunde hat er außerhalb des Fußballs.

SPOX: Andere Spieler wie zum Beispiel Casillas stellten sich gegen Mourinho. Dieser wurde daraufhin degradiert. Aus sportlichen Gründen? Oder war es Mourinhos Rache an einem seiner stärksten Kritiker?

Torres: Casillas hat Mourinho bis zum Sommer 2011 nie öffentlich kritisiert. Bis zum Supercopa-Spiel gegen Barca 2011, als Mourinho seinen Finger Vilanova ins Auge drückte. Am darauffolgenden Tag rief er Xavi und Puyol an, um um Verzeihung zu bitten. Casillas fürchtete, dass der Konflikt zwischen Mourinho und Barcelona die spanische Nationalmannschaft zerstören könnte. Deshalb wollte Casillas mit den Spielern von Barcelona Frieden schließen. Darüber hinaus versuchte er, es öffentlich zu machen und erzählte der Presse, dass er Barcelonas Spieler für sein unsportliches Verhalten und das der ganzen Mannschaft um Verzeihung gebeten habe.

SPOX: Aber Casillas selbst hat doch nichts Verwerfliches getan...

Torres: Es geht um die Schlussminuten des Spiels, als Marcelo Fabregas umgegrätscht hat. Fabregas ging zu Boden, direkt an der Seitenlinie. Während er sich das Bein hielt, näherte sich Mourinho von hinten an und trat ihm auf die Hand. Es folgte eine Rudelbildung, in der Mourinho auch noch Vilanova attackierte. Casillas beschwerte sich bei Xavi, Fabregas würde simulieren, er sei nur ein Schauspieler. Doch als er nach Hause kam und all diese Szenen sah... er, der Fabregas Ehre und Würde abgesprochen hatte... da fühlte er sich schuldig und dumm. Er hatte das Gefühl, es sei seine Pflicht als Kapitän dieser Mannschaft sich zu entschuldigen.

SPOX: Und seitdem war Mourinho gegen ihn?

Torres: Von diesem Moment an war Casillas für Mourinho ein Verräter. Im darauffolgenden Freundschaftsspiel bestrafte er Casillas und setzte ihn auf die Bank. Von da an beschloss Casillas: Ich werde nie wieder Befehle befolgen, die meinem Gewissen widersprechen. Wenn der Trainer mich anweist, den Schiedsrichter zu provozieren oder die Spieler von Barcelona systematisch einzuschüchtern, werde ich es nicht befolgen, wenn ich es nicht für richtig halte.

SPOX: Hat er das so auch an Mourinho kommuniziert?

Torres: Ja, aber Mourinho hat nicht geantwortet. Er sagte nichts, er schwieg nur. Erst ein Jahr später bat er den Verein, Diego Lopez zu holen, um die Verletzung von Casillas zu kompensieren.

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SPOX: Mourinho hat viel verändert bei Real Madrid. Wie bewerten Sie das Erbe, das er hinterlassen hat?

Torres: Es ist ein sehr komplexes Erbe. Mourinho hat kaum Gestalterisches beigetragen, in keinerlei Hinsicht. Er hat insofern ein Erbe hinterlassen, als dass er Perez und einige dessen Mitarbeiter überzeugt hat, dass Propaganda genauso wichtig ist wie das Sportliche. Dass man sich damit genauso intensiv befassen muss wie mit dem Aufbau eines konkurrenzfähigen Teams. Das ist Mourinhos Erbe. Ein Erbe, das manchen Leuten, die nicht verstehen, wie Real Madrid funktioniert, merkwürdig erscheint.

SPOX: Was meinen Sie damit?

Torres: Ich meine, dass Perez nicht nur Präsident ist, er ist Politiker. Er will nicht nur Titel und Ruhm für Real, sondern er will einen Mythos um seine eigene Person errichten. Eine glorreiche Erzählung über seine Persönlichkeit als historischer Volksheld von Madrid. Gleichzeitig will er die Rückendeckung der Mitglieder für sich gewinnen, um seinen Sitz im Bernabeu zu bewahren. Das Bernabeu ist nicht nur ein Fußballstadion. Es ist ein Ort, an dem viele Geschäfte gemacht werden.

SPOX: Wer ist Teil dieser Geschäfte?

Torres: Sie müssen bedenken, dass im Bernabeu quasi alle spanischen Firmen zusammenkommen. Dazu sind Politiker, Gewerkschaften, Bänker und internationale Unternehmen anwesend. Jedes wichtige Unternehmen, das in Spanien agiert, hat eine Loge im Bernabeu. Zum Beispiel Audi, Visa oder Coca-Cola. Alle Bosse dieser Firmen kommen ins Bernabeu, wo sie die Politiker und Verbandsvertreter treffen. Dort entstehen Verbindungen und Beziehungen, die in Geschäfte münden, also in Geld. Das ist einzigartig in Spanien! Es gibt keinen anderen Ort, wo so viele einflussreiche Leute aus verschiedenen Sektoren zusammenkommen, die so viel Macht und Geld besitzen.

SPOX: Welche Rolle spielt Perez dabei?

Torres: Durch all das wird Perez zum Zeremonienmeister des größten Treffens von Politikern und Unternehmen in ganz Spanien und einem der wichtigsten der Welt. Zu jedem wichtigen Spiel im Bernabeu, zum Beispiel einem Champions-League-Halbfinale oder einem Clasico, kommen wichtige Leute aus aller Welt. Die spanische Königsfamilie ist anwesend, Diplomaten, manchmal chinesische oder russische Regierungsvertreter. Als internationales Unternehmen bist du scharf darauf, mit der chinesischen Regierung zu sprechen. Du willst Beziehungen schaffen und das ist im Bernabeu möglich. Wenn Perez dich einlädt. Das bedeutet für Perez: Viel Einfluss, viel Macht und viel Geld.

SPOX: Das ist Perez also wichtiger als der sportliche Erfolg mit Madrid?

Torres: Für mich ist es der zentrale Grund, weshalb Perez bei Madrid bleiben will. Deshalb fokussiert sich die Klubführung um Perez auch nicht nur auf den Aufbau eines großartigen Fußballteams, also auf die Sportpolitik, sondern vor allem auf die Kommunikationspolitik, die Propaganda. Sie dient dazu, Perez vor den Mitgliedern zu glorifizieren, damit er in dieser Position weitermachen kann. Und deshalb war Mourinho enorm wichtig.

SPOX: In der letzten Saison unter Mourinho holte Madrid nicht einen Titel. Dafür holte Perez Gareth Bale für rund 100 Millionen Euro. War das eine Art Trostpflaster an die Fans?

Torres: 100 Millionen für einen Spieler wie Bale auszugeben, ist ein Akt der Verzweiflung. Nach der letzten Saison unter Mourinho hat Madrid Prestige verloren und das Bild in der Öffentlichkeit war angekratzt. Perez wollte einen Effekt erzeugen, er wollte für einen öffentlichkeitswirksamen Knall sorgen. Deshalb entschied er sich, 100 Millionen auszugeben, um Bale zu holen. Das ist nicht rational. Denn faktisch kostet Bale keine 100 Millionen. Jeder Fußballer hat einen Marktwert. Dieser hängt von seinen technischen Fähigkeiten und von seiner Leistung ab. Natürlich überschreiten Vereine manchmal diesen Marktwert. Ein Spieler wie Bale kostet womöglich 50 Millionen, maximal 60. In seinem Fall wurde ein Mehrpreis von 40-50 Millionen gezahlt, der höchste in der Fußballgeschichte! In genau diesem Mehrpreis äußert sich die Verzweiflung.

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Jose Mourinho im Steckbrief