Letzte Saison totgesagt, jetzt angesagt

Jochen Rabe
27. September 201222:00
Rene Adler, Ivica Olic und Co. greifen nach einem Seuchenjahr wieder voll anGetty
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Verletzungen, zu starke Konkurrenz oder einfach fehlende Einstellung - letzte Saison spielten sie keine Rolle. Jetzt sieht alles anders aus: Mit oder ohne Vereinswechsel sind Rene Adler, Karim Bellarabi und Co. wieder angesagt.

Rene Adler (27, Hamburger SV)

Zurück in der Bundesliga, zurück zu Topleistungen: Rene Adler hat seine Leidenszeit überstanden und ist sofort wieder selbstbewusst. "Ich fühle mich so gut wie noch nie", sagte der Torhüter im "Hamburger Abendblatt". Abgesehen von einer Phase in seiner Leverkusener Zeit "gab es in den letzten Jahren niemals einen so guten Adler wie jetzt", meint er. SPOX

In besagten Jahren gab es häufig gar keinen Adler. Der ehemalige Nationaltorhüter (zehn A-Länderspiele für Deutschland) wurde immer wieder von Verletzungen geplagt. Mit Patellasehnenproblemen verpasste er so die gesamte letzte Saison bei Bayer Leverkusen.

In seiner Abwesenheit festigte Neuzugang Bernd Leno die Position als Nummer eins - sodass Adler keine Zukunft mehr bei der Werkself hatte.

Der 27-Jährige wechselte zum Hamburger SV, wo er Jaroslav Drobny auf die Bank verdrängte. In den ersten fünf Ligaspielen war der Leipziger direkt Leistungsträger und Führungsfigur. Mit dem "Kicker"-Notendurchschnitt 1,8 ist er bislang der beste Torhüter der Liga.

Für seine starke Form ist der Wechsel zum HSV verantwortlich, so Adler: "Es war sehr wichtig, eine neue Herausforderung zu sehen."

Karim Bellarabi (22, Bayer Leverkusen)

Eigentlich stand auch Karim Bellarabi auf der Streichliste von Bayer Leverkusen. Nach seinem Wechsel von Eintracht Braunschweig zur Werkself im Sommer 2011 kam der Außenstürmer in der vergangenen Saison lediglich auf zehn Einsätze als Einwechselspieler.

Zwar deutete er mit seinem Zaubertor in der Champions League gegen Barcelona sein Potenzial an, richtig in die Mannschaft spielen konnte er sich aber nicht. Vor allem die mangelnde Einstellung des Deutsch-Marokkaners kritisierte sein Trainer Sascha Lewandowski.

Zur neuen Saison scheint sich Bellarabi aber etwas vorgenommen zu haben. Im "Kicker" sprach sein Coach ihm ein Sonderlob aus: "Wir haben hier vom ersten Tag der Vorbereitung an einen ganz anderen Karim erlebt als noch gegen Ende der vergangenen Saison. Er ist hochkonzentriert, lernwillig und setzt die Dinge sehr gut um, die wir ihm vorgeben. Er ist sehr risikofreudig, frech und kommt mit viel Tempo, und das alles zeigt er bislang vor allem auch konstant."

Die hohe Meinung, die der Übungsleiter von ihm hat, spiegelt sich auch in Bellarabis Spielzeit wider: Bislang machte er alle Pflichtspiele, vier davon von Beginn an.

Der Rechtsaußen kämpft mit Renato Augusto, Gonzalo Castro und Sidney Sam um einen Stammplatz. In diesen Kampf geht Bellarabi mit Selbstbewusstsein: "Ich habe das große Ziel, mich hier endlich durchzusetzen. Dafür arbeite ich jeden Tag."

Tim Hoogland (27, VfB Stuttgart)

Der Rechtsverteidiger ist ein echter Pechvogel. In seiner zweiten Schalker Zeit (2010-2012) kam Hoogland aufgrund zahlreicher Verletzungen nie wirklich in Tritt. Knieprobleme und eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse setzten ihn anderthalb Jahre außer Gefecht. Er brachte es in der letzten Saison gerade einmal auf drei Einsätze für die Königsblauen.

Hoogland wechselte zum VfB, bei dem er größere Perspektiven sah. Dort lief es am Anfang auch entsprechend gut, Hoogland war erste Wahl auf der Rechtsverteidiger-Position, Konkurrent Sakai nicht mal im Kader. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Genau in dieser Situation verletzte sich Hoogland jedoch wieder. Am 3. Spieltag gegen Düsseldorf musste der Rechtsverteidiger nach einer knappen halben Stunde raus. Diagnose: Bänderriss im Sprunggelenk, bis zu sechs Wochen Pause.

Die Perspektiven werden aber auch nach seiner Verletzungspause wieder da sein, denn der VfB hat einen Mangel an Außenverteidigern. Als Hoogland gegen die Fortuna runter ging, rückte mit William Kvist ein Mittelfeldspieler nach hinten rechts.

Per Nilsson (30, 1. FC Nürnberg)

Seit seinem Transfer zu Nürnberg hatte der Schwede immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Wegen einer Achillessehnenreizung und Innenbandzerrung fehlte er fast die gesamte letzte Saison. Insgesamt kam er nur auf fünf Einsätze, drei davon von Beginn an. In seiner Abwesenheit überzeugten Philipp Wollscheid und Dominic Maroh in der Innenverteidigung.

Doch auch als diese beiden den Club im Sommer verließen, deutete vieles darauf hin, dass Nilsson wieder außen vor bleiben würde. In der Vorbereitung und schließlich auch im Pokalspiel gegen Havelse setzte Trainer Dieter Hecking auf Timm Klose und den brasilianischen Neuzugang Marcos Antonio.

Die schlechte Organisation in der Abwehrzentrale und das daraus resultierende Pokalaus wurden zu Nilssons Glück: Im ersten Ligaspiel gegen Hamburg spielte der Schwede anstelle von Antonio.

"Marcos war nicht in der Lage, das zu verbessern. Das liegt aber einzig daran, dass er noch Sprachschwierigkeiten hat", begründete Hecking seine Entscheidung.

Nach einem starken Saisonstart und einem Platz im gesicherten Mittelfeld der Tabelle hatte der Trainer zunächst keine Veranlassung, das Duo Klose/Nilsson wieder auseinander zu reißen. Am fünften Spieltag gegen Hannover 96 erwischte Nilsson jedoch einen rabenschwarzen Tag und verschuldete durch krasse Unzulänglichkeiten gleich zwei Gegentreffer. Spätestens jetzt dürfte der Schwede auf Bewährung spielen.

Seite 2: Olic, Petersen, Sobiech und Trapp

Ivica Olic (33, VfL Wolfsburg)

Im Mai hätte Ivica Olic bei den Bayern zum großen Helden werden können: Beim Champions-League-Finale in München trat der Kroate im Elfmeterschießen beim Stand von 3:2 für die Münchner an - und scheiterte an Petr Cech. Das Ende ist bekannt, Chelsea gewann die Königsklasse und Olic' Kapitel Bayern München nahm ein tragisches Ende. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Der unglückliche Auftritt im Finale dahoam war ein Spiegelbild von Olic' letzter Saison. Der Kroate war bei den Bayern nur noch Stand-By-Profi. In der Bundesliga machte der Publikumsliebling 20 Spiele, stand jedoch nur bei vier in der Startelf. Mit der fehlenden Spielpraxis kam ihm auch die Trefferquote abhanden: In 29 Pflichtspielen traf Olic nur viermal.

Zur neuen Spielzeit wechselte der Angreifer nach Wolfsburg. Dort soll er mit seiner Erfahrung und seinem Kampfgeist zu einer Identifikationsfigur für die Fans werden - und hat vorerst einen Stammplatz. Bisher stand Olic bei allen sechs Pflichtspielen in der Startelf und erzielte dabei drei Tore.

Was er dabei jedoch noch nicht hat, ist eine feste Position: In den ersten sechs Spielen lief Olic dreimal auf der linken und einmal auf der rechten Außenbahn auf, dazu war er zweimal im Sturmzentrum.

Nils Petersen (23, Werder Bremen)

Das Jahr beim FC Bayern war für den ehemaligen Zweitliga-Torschützenkönig frustrierend. Mario Gomez war im Sturm gesetzt und auch als Einwechselspieler bekam Petersen nur selten die Möglichkeit, sich zu beweisen.

Insgesamt kam der Angreifer auf neun Bundesliga-Spiele, keines davon über 90 Minuten. In der Champions League stand der Ex-Cottbusser nur einmal in der Startelf: beim bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Manchester City (0:2).

Um Spielpraxis sammeln zu können, drängte Petersen auf ein Leihgeschäft. Die Transfers von Claudio Pizarro und Mario Mandzukic machten den Weg zu Werder Bremen für den 23-Jährigen frei.

Dort will Petersen angreifen - und möglichst viele Tore schießen. Zumindest hat er unter Thomas Schaaf die Perspektive, die ihm in seinem Jahr in München fehlte. An den ersten fünf Spieltagen spielte er schon mehr Minuten als in der gesamten letzten Saison (278 zu 218), erzielte einen Treffer und legte drei weitere auf.

In Bremen ist Petersen Stürmer Nummer eins. Unangetastet ist er allerdings nicht mehr. Am Ende der Transferperiode wurde mit Joseph Akpala noch ein weiterer Angreifer verpflichtet.

In Freiburg durfte dieser auch erstmals für Petersen beginnen - und traf direkt. Die Konkurrenz scheut Petersen dennoch nicht: "Wenn ich treffe, werde ich auch spielen. Ich mache mir wegen Akpala keine Sorgen. Ich will meinen Stammplatz behalten", sagte er der "Bild".

Artur Sobiech (22, Hannover 96)

Lange Zeit galt Artur Sobiech als Fehleinkauf. 1,1 Millionen Euro überwies Hannover 96 im Sommer 2011 an Polonia Warschau, durchsetzen konnte sich der Pole in seiner ersten Saison für die Niedersachsen jedoch nicht. In der Bundesliga spielte Sobiech kein einziges Mal von Beginn an.

Auch in die neue Saison startete er hinter Mohammed Abdellaoue, Mame Biram Diouf, Jan Schlaudraff und Didier Ya Konan nur als Stürmer Nummer fünf.

Nach fünf Spieltagen sieht die Welt allerdings schon ganz anders aus: Mit Doppelpacks gegen Slask Breslau und den VfL Wolfsburg schoss sich Sobiech zur ersten Wahl im Angriff und ist neben Comebacker Leon Andreasen der Gewinner des Saisonstarts. Beim 4:1 gegen den 1. FC Nürnberg musste er wegen einer Kapselzerrung im rechten Kniegelenk aussetzen.

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Er selbst gibt zu, am zweiten Spieltag "überrascht" gewesen zu sein, gegen Wolfsburg erstmals überhaupt in der Startelf zu stehen, aber: "Jetzt kommt meine Chance. Ich bin in guter Form, habe im Trainingslager gut gearbeitet, bin fit und habe auch gegen Wroclaw gut gespielt."

Diese Chance, so Trainer Mirko Slomka, hat Sobiech genutzt: "Er ist groß, stark, schnell und nimmt jede Herausforderung an. Dadurch ist er unglaublich gefährlich."

Kevin Trapp (22, Eintracht Frankfurt)

Die letzte Saison hatte sich der Torhüter sicherlich anders vorgestellt: Kaiserslauterns Trainer Marco Kurz sah im Abstiegskampf einen Torwartwechsel als letzte mögliche Maßnahme. Wegen einer Muskelzerrung hatte Trapp zwei Wochen pausiert. Als er am 26. Spieltag wieder fit war, blieb sein Konkurrent Tobias Sippel zwischen den Pfosten. Auch der Trainerwechsel von Kurz zu Krassimir Balakow änderte nichts an seiner Situation als Ersatzkeeper.

Für Trapp ein Vereinswechsel die logische Konsequenz. Medien brachten ihn beim FC Bayern und Werder Bremen ins Gespräch. Trapp entschied sich aber für die vermeintlich kleine Lösung und wechselte nach Frankfurt. SPOX

Auch dort hat der 22-Jährige namhafte Konkurrenz. Oka Nikolov ist immerhin schon seit 21 Jahren im Verein und hat trotz seines hohen Alters in den letzten Jahren schon viele junge Torhüter verdrängt.

Passend dazu war Trapps Debüt im Tor der Hessen unglücklich: Im Pokal gegen Aue sah er wegen einer Notbremse die Rote Karte, die Eintracht schied aus.

Trotzdem schenkte Trainer Armin Veh dem Neuzugang auch in der Bundesliga das Vertrauen. Trapp ist so etwas wie der Prototyp des neuen Frankfurter Weges mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern.

In den ersten fünf Spielen zahlte die Nummer eins seinem Coach das Vertrauen auch mit Leistung zurück: Mit einem "Kicker"-Notendurchschnitt von 2,0 ist er derzeit der zweitbeste Torwart der Liga hinter Rene Adler.

Bundesliga: Ergebnisse und Tabelle im Überblick