Nach zwei Saisons zum vergessen ist Robin van Persie ist nicht mehr gut genug für Manchester United und hat sich obendrein mit Louis van Gaal überworfen. In der Türkei empfangen sie den Niederländer dagegen mit offenen Armen. Für Fenerbahce ist van Persie das entscheidende Puzzleteil für eine erfolgreiche Grundsanierung.
Rio Ferdinand hat mittlerweile viel Zeit. Genauer gesagt seit dem 30. Mai, dem Tag seiner Rücktritts-Ankündigung. Wirklich trennen kann sich der 81-malige englische Nationalspieler aber nicht vom Profifußball. Via Twitter oder Facebook teilt Ferdinand Freunden und Followern regelmäßig mit, was er von Spielern, Trainern und Transfers hält. Und er plaudert gerne aus dem Nähkästchen.
Die neueste Episode seiner Inside-ManUnited-Umkleidekabinen-Serie handelt von Robin van Persie. Ferdinand beschreibt die Szenerie im Carrington Trainingscenter im Moment der Bekanntgabe von Sir Alex Ferguson, die Red Devils nach 27 Jahren zu verlassen.
"Ich habe allen Spielern, die um mich herumsaßen, in die Augen geschaut. Alle waren geknickt. Aber am heftigsten hat es Robin erwischt. Er wirkte völlig geschockt, hat nach unten geblickt und ungläubig den Kopf geschüttelt. Und er hat ein paar Tränen verdrückt", schrieb Ferdinand.
Nur zehn Monate Ferguson
Während Ferguson und andere United-Ikonen viele Jahre unter Fergie arbeiten durften, waren es für van Persie nur etwas mehr als neun Monate. Ferguson hatte 2012 eine wesentliche Rolle bei seiner Entscheidung gespielt, den FC Arsenal zu verlassen.
Zwei weitere Jahre hielt es van Persie noch aus in Manchester, am Samstag wurde sein Wechsel in die Türkei von Fenerbahces Präsident offiziell gemacht. Und diesmal sorgt van Persie selbst für viel Traurigkeit. Im Internet tauchte das herzzerreißende Video eines vierjährigen United-Fans und Verehrers von van Persie auf.
Der kleine Mann kämpft gegen einen Weinkrampf an, als er seiner Mutter erklären soll, was mit Robin van Persie passiert ist.
Abgekühltes Verhältnis zu van Gaal
Dabei hinterlässt der Niederländer keine allzu großen Fußstapfen in Manchester. Nach einer starken ersten Saison mit 26 Premier-League-Toren kam van Persie unter Ferguson-Nachfolger David Moyes, Interimscoach Ryan Giggs sowie Louis van Gaal durchschnittlich nur noch in jedem zweiten Spiel zum Einsatz, weil er immer wieder wegen Verletzungen ausfiel.
Seine Torquote blieb mit 22 Treffern in 48 Ligaspielen konstant auf gutem Niveau, seit Februar hat er allerdings nicht mehr getroffen und wurde am Ende der letzten Saison von van Gaal auch nicht mehr für die Startelf berücksichtigt.
Während der WM 2014, die für die Niederlande mit dem dritten Platz endete, waren van Gaal und van Persie noch ein Herz und eine Seele gewesen. Van Gaal betonte bei jeder öffentlichen Gelegenheit van Persies Unverzichtbarkeit für die Mannschaft; der Spieler sprach von höchstem gegenseitigem Respekt und tiefem Vertrauen.
Das hat in den letzten Monaten allerdings offenbar stark gelitten. Viele englische Medien berichteten von einem mittlerweile zerrütteten Verhältnis. Van Gaal habe die Flucht van Persies provoziert und schließlich beschleunigt, indem er ihn vergangene Woche von einem Trainingsmatch mit allen verfügbaren Spielern ausschloss und stattdessen zum Einzeltraining schickte. "Van Persie fühlt sich von van Gaal betrogen", schrieb der "Independent".
United spart Geld
Für die ambitionierten Ziele von Manchester United, in den nächsten zwei, drei Jahren wieder die Nummer eins in England zu werden und auch in der Champions League um den Titel spielen zu können, scheint van Persie nicht mehr gut und nicht mehr wichtig genug. Zu verletzungsanfällig und mittlerweile zu alt. Im August wird er 32 Jahre alt.
Zudem spart Manchester ein paar Pfund ein. Hätte van Persie seinen bis 2016 laufenden Vertrag erfüllt, hätte er auf einen Schlag 14 Millionen Euro erhalten - dank einer vertraglich festgehaltenen "Loyalitätsklausel".
Angeblich bekam er für seinen vorzeitigen Abgang knapp die Hälfte, die Manchester durch die Ablösesumme für van Persie wieder reingeholt hat.
Neuer Fener-Sportchef räumt auf
Dass die Fenerbahce-Fans nach Nani und Simon Kjaer den nächsten namhaften Spieler im diesem Transfersommer begrüßen dürfen, haben sie in erster Linie zwei Männern zu verdanken: dem neuen Sportdirektor Guiliano Terraneo und Dirk Kuyt.
Terraneo wurde Ende Mai als neuer Sportdirektor verpflichtet. Der Italiener war als Spieler u.a. beim AC Milan und bei Lazio Rom tätig, als Sportchef arbeitete er bei Lazio und Inter Mailand und in anderer Funktion beim FC Barcelona. Terraneo ist im europäischen Fußball bestens vernetzt, dank seiner Kontakte uns seines Verhandlungsgeschicks konnte Fenerbahce die genannten Spieler für verhältnismäßig kleine Ablösesummen verpflichten.
Zudem hat Terraneo den unbequemen Emre Belözoglu aussortiert, der zwar sportlich überzeugen konnte, den Betriebsfrieden aber immer wieder durch verschiedene Eskapaden beeinträchtigte. Desweiteren mussten ein paar Spieler aus dem engeren Umfeld von Emre Fener verlassen.
Der aktuelle Kader von Fenerbahce
Der Verein lechzt nach nationalen und internationalen Erfolgen und hat sich deshalb für eine Kader-Revolution entschieden. Stars wie Didier Drogba oder Wesley Sneijder will man in Zukunft nicht mehr kampflos dem Stadtrivalen Galatasaray überlassen.
Tipps vom Landsmann
Dirk Kuyt hat letztlich dafür gesorgt, dass van Persie den Schritt in die Türkei wagt.
"Ich bin seit vielen Jahren mit Dirk befreundet, wir waren lange gemeinsam in der Nationalmannschaft. Er hat drei Jahre für Fenerbahce gespielt. Ich habe mich bei ihm erkundigt und er hat mir zu dem Wechsel geraten. Er hat nur gute Dingte über Fenerbahce erzählt und vor allem von den Fans geschwärmt", sagte van Persie.
Nach seinem am Montag absolvierten Medizincheck legte der Stürmer im Klub-Fernsehen Fenerbahce TV einen drauf: "Es fühlt sich so gut an. Ich bin sehr glücklich, in Istanbul zu sein. Ich werde vor fantastischen Fans spielen und kann es kaum erwarten, sie zu treffen. Ich hoffe, sie glücklich zu machen."
In Manchester ist dies van Persie nur bedingt gelungen. Ausgerechnet in seine Zeit bei United fallen zwei Spielzeiten zum vergessen. Seine Qualitäten reichen aber immer noch allemal aus, um nachhaltig für Furore zu sorgen. In der Süper Lig und auch der Champions League.
Auf dem Weg dorthin muss Fenerbahce in der Qualifikation noch zwei Hürden überspringen. Wegen ihres niedrigen Klubkoeffizienten sind die Blaugelben nicht gesetzt. Somit warten in der 3. Quali-Runde Teams wie Schachtjor Donezk, Ajax Amsterdam oder AS Monaco und in den Playoffs Bayer Leverkusen, Lazio und Valencia. Oder Manchester United...
Robin van Persie im Steckbrief