"Rensing hat keine Konkurrenz"

Thomas GaberStefan Rommel
14. November 200712:39
SPOXGetty
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München - Nach der enttäuschenden letzten Saison hat der FC Bayern viel Geld in die Hand genommen. Knapp 80 Millionen Euro gaben die Münchner für Neuzugänge aus, um Titel und guten Fußball zu garantieren.

Die Investitionen haben sich gelohnt. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zieht im Interview mit SPOX.com ein positives Zwischenfazit. 

Außerdem analysiert Rummenigge Lukas Podolskis Problem und spricht über wichtige Personalien für die kommende Saison.

SPOX: Herr Rummenigge, fünf Punkte Vorsprung in der Bundesliga, die UEFA-Cup-Gruppenphase erreicht, größtenteils tollen Fußball gespielt. Gibt es überhaupt einen Kritikpunkt am Auftreten des FC Bayern?

Karl-Heinz Rummenigge: Nein, im Moment gibt es keinen kritischen Ansatzpunkt. Der Start war wunderbar, nur im Herbst ist noch keine Mannschaft deutscher Meister geworden. Wir müssen weiter konzentriert arbeiten. Wenn uns das gelingt, haben wir beste Voraussetzungen eine erfolgreiche Saison zu spielen. Wir spielen sehr attraktiven Fußball.

SPOX: Was ja nicht immer so war.

Rummenigge: Richtig. Dem FC Bayern wurde oft vorgeworfen, ergebnisorientierten Fußball zu spielen. Unsere neuen Spieler haben aber alle eine große Qualität. Ihre Integration ist sehr schnell gelungen. Spieler wie Luca Toni oder Franck Ribery haben sich schnell eingelebt und bringen sich auch außerhalb des Platzes sehr positiv ein.

SPOX: Liegt das hauptsächlich an den Charakteren der Spieler?

Rummenigge: Mit Sicherheit. Alle neuen Spieler sind sehr positiv denkende Menschen. Wir waren sehr darauf bedacht, den Spielern, die die deutsche Sprache nicht sprechen, die Eingewöhnungszeit so einfach wie möglich zu gestalten. Uns war von Anfang an klar, dass wir alles haben - nur keine Zeit. Von uns wird in diesem Jahr bedingungslos Erfolg verlangt. Diesen Erfolg wollten wir "garantieren".

SPOX: Nicht immer gelang die Integration neuer Spieler so reibungslos. Hat der FC Bayern aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Rummenigge: Man muss die Dinge immer weiterentwickeln. Und wenn man eine Mannschaft zusammenstellt, die auch sehr teuer ist, muss man die Investitionen so behandeln, dass sich diese Investitionen auch lohnen.

SPOX: Hat es bei der Verpflichtung der neuen Spieler eine Rolle gespielt, dass die meisten noch keine großen Erfolge vorweisen können und deshalb besonders hungrig sind?

Rummenigge: Wir wollten in erster Linie Qualität verpflichten. Wir haben keine Schnellschüsse getätigt, sondern langfristig vorbereitete Transfers. Toni und Ribery wollten wir schon nach der WM 2006 nach München holen. Damals war das aussichtslos. Toni und Ribery waren am Markt extrem gefragt. Wir haben uns sehr früh um sie bemüht und auch deshalb den Zuschlag bekommen.

SPOX: Liefen die Transfers unabhängig voneinander ab oder gab es einen gewissen Dominoeffekt?

Rummenigge: Der erste Spieler, den wir verpflichtet haben, war Jose Ernesto Sosa. Der zweite war Luca Toni. Wir haben ihn und sein Management sehr oft in Italien getroffen und ihm klar gemacht, dass er unser Mann ist. Wir waren den Konkurrenten zeitlich voraus. Das war unser großer Vorteil.

SPOX: Und weil Toni so einschlägt, sitzt Lukas Podolski nur auf der Bank. Hat er eine Zukunft beim FC Bayern?

Rummenigge: Wenn man Luca Toni und Miroslav Klose in Bestform vor sich hat, ist es für jeden schwierig. Wir haben bewusst investiert, auch für eine starke Bank. Wir wollten diesen Konkurrenzkampf und sind froh, dass wir Podolski haben. Er darf nicht glauben, dass er ein fertiger Spieler ist, sondern muss jeden Tag an sich arbeiten. Er muss jeden Tag bereit sein zu lernen. Und wenn der Trainer ihn einsetzt, ob für 90 oder nur 20 Minuten, muss er beweisen, dass er einen hohen Stellenwert bei Bayern München hat.

Karl-Heinz Rummenigge hat GettySPOX: Sie haben die mediale Beweihräucherung junger deutscher Nationalspieler wie Podolski oder Schweinsteiger kritisiert. Was meinen Sie konkret?

Rummenigge: Die Medien können nicht mehr unterscheiden zwischen einem Spiel der DFB-Elf gegen Wales und einem Spiel Bayern München gegen Schalke. Mein Kollege Uli Hoeneß hat provokant gesagt: 'Wenn sich Schweinsteiger in Wales im Mittelkreis noch drei Minuten auf den Ball gesetzt hätte, hätte ihn auch noch keiner angegriffen.' Der Entwicklung der Spieler tut die mediale Beweihräucherung nicht gut.

SPOX: Mediale Kritik ist den meisten aber auch nicht recht.   

Rummenigge: Ich habe kein Problem damit, wenn jemand gelobt wird. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass die Spieler noch unterscheiden, ob es gegen Wales oder Italien geht. Manchmal glauben Spieler, sie haben es geschafft, wenn sie in der Nationalmannschaft spielen. Aber dann beginnt erst der richtige Wettbewerb. Auf Vereinsebene herrscht ein viel größerer Druck. Meiner Meinung nach sind die Vereine besser besetzt als die Nationalmannschaften. Der FC Barcelona ist besser besetzt als die spanische Nationalmannschaft, der AC Milan ist besser besetzt als die italienische Nationalmannschaft, obwohl die Weltmeister sind. Ich behaupte auch, der FC Bayern ist besser besetzt als die deutsche Nationalmannschaft.

SPOX: Michael Rensing wird vielleicht bald in beiden Mannschaften spielen. Ist er Bayerns Nummer 1 in der nächsten Saison?

Rummenigge: Seit zwei Jahren steht fest, dass Michael Rensing Nachfolger von Oliver Kahn wird. Wir haben viele Angebote von namhaften Torhütern aus der Bundesliga bekommen, die sich über ihre Berater für Kahns Nachfolge beworben haben. Wir haben alle Angebote ohne Diskussion abgelehnt. Wir wissen seit geraumer Zeit, dass Rensing unser Mann ist. Er besitzt eine sehr hohe Qualität, die er jetzt wieder beweist. Wir werden einen zweiten erfahrenen Torhüter verpflichten, der aber wissen muss, dass er die Nummer zwei ist. Wir wollen auf der Torhüterposition bewusst keinen Konkurrenzkampf.

SPOX: Der Vertrag von Ottmar Hitzfeld läuft am Ende der Saison aus. Bleibt er über Juni 2008 hinaus Trainer des FC Bayern?

Rummenigge: Wir haben vereinbart, in der Winterpause Gespräche zu führen. Es ist von beiden Seiten großes Vertrauen und große Loyalität vorhanden. Im Moment gibt es keinen Grund, Ottmar Hitzfeld in Frage zu stellen.