Thesen zum 16. Spieltag der Bundesliga: Stuttgarts mutiger Ansatz wird sich auf Dauer auszahlen

Stefan Rommel
16. Dezember 202112:06
Philipp Försterimago images
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Bayer Leverkusen sollte endlich dazulernen, wenn es zum Bayernjäger werden will. Frankfurt freut sich über den Glasner-Fußball. Dazu: Tayfun Korkuts erster Fehler und warum der VfB trotz der Bayern-Klatsche auf dem richtigen Weg ist. Die Thesen zum 16. Spieltag der Bundesliga.

Herthas Klatsche in Mainz geht auf Tayfun Korkut

Hertha BSC war beim 0:4 in Mainz absolut chancenlos. Das verwunderte doch ein wenig nach zwei davor soliden, teilweise sogar überzeugenden Leistungen in Stuttgart und gegen Bielefeld. Und es entsprach so gar nicht dem, wofür Tayfun Korkut als Trainer eigentlich steht. Korkut ist ein Verfechter des kontrollierten Fußballs und mit Kontrolle wollte er der sehr aggressiven Balljagd der Mainzer auch begegnen. Allerdings mit dem falschen Ansatz und auch dem falschen Personal.

Die Berliner wollten dem Mainzer Pressing mit "ruhigem Ballbesitz" entgegenwirken, sagte Korkut nach dem Spiel. An sich ein guter Ansatz - mit der Formation im Zentrum des Spiels aber einfach nicht umzusetzen. Dort nahm Korkut etwas überraschend Lucas Tousart in die Mannschaft, stellte dem Franzosen Santi Ascacibar und Vladimir Darida an die Seite. Und hatte damit drei Spieler, die eher über physische Momente kommen. Und weil die Hertha ihrer Idee treu blieb und über kurze Aufbaupässe von Spieler zu Spieler nach vorne kommen wollte, lief sie Mainz damit vollkommen ins Messer. Die Gastgeber pressten auf jeden einzelnen Pass und hatten etliche (hohe) Balleroberungen.

Vielleicht wäre es aus Berliner Sicht besser gewesen, schnell die Tiefe zu suchen und noch mehr auf zweite Bälle nachzurücken. Zumindest hätte man der Schärfe des Mainzer Pressings damit etwas entgegenzusetzen gehabt.

Tayfun Korkutimago images

Der SC Freiburg hat nur ein einziges Problem

Der SC Freiburg bleibt auch nach dem 0:0 gegen Union Berlin eine der Mannschaften der Hinrunde und es können Christian Streich oder Christian Günter oder jeder andere Spieler und Verantwortliche sagen, was sie wollen: Freiburg wird bis zum Ende der Saison um einen Platz im internationalen Wettbewerb kämpfen.

Die Mannschaft ist enorm gefestigt, lässt sich auch durch die letzten negativen Ergebnisse nicht wirklich aus der Ruhe bringen. In einigen Disziplinen ist Freiburg schon top, zwölf Tore nach einem ruhenden Ball sind zum Beispiel mit weitem Abstand der Spitzenwert der Liga.

Oder Keeper Mark Flekken: Wenig beachtet, mit seinen Leistungen bisher aber einer der besten Keeper der Liga. Es gibt allerdings auch ein Problem, das die Breisgauer noch lösen sollten, wenn es wirklich ganz weit nach vorne gehen soll in dieser Saison: Die Mannschaft erzielt zu wenige Tore aus dem freien Spiel heraus. Bisher sind es erst zwölf eigens erzielte Treffer, dazu kommen zwei Eigentore des Gegners. Das dürfte auf Dauer nicht reichen und beschriebt eine verzwickte Situation.

Lucas Höler hat sich unheimlich gut entwickelt, ist sehr wertvoll für das Spiel seiner Mannschaft. Aber Höler ist auch alles andere als ein Killer vor dem Tor. Chancen hat Freiburg in beinahe jedem Spiel genug, an der Chancenverwertung hapert es dann aber. Und das könnte am Ende dann doch ein Malus sein für das Überraschungsteam.

Bayer Leverkusen fehlt die Reife

Bayer Leverkusen hat jetzt nach dem 2:2 gegen die TSG Hoffenheim 39 Tore erzielt, die zweitmeisten nach dem FC Bayern München. Bayer Leverkusen hat jetzt 26 Tore kassiert, mehr als jede andere Mannschaft in der oberen Tabellenhälfte und so viele wie Abstiegskandidat FC Augsburg. Das sind die nackten Zahlen, die ein grundsätzliches Problem der Mannschaft offenlegen.

Aber es ist nicht nur die fehlende Balance zwischen Offensive und Defensive, die Bayer davon abhält, ein echter Bayern-Jäger zu sein. Es ist die fehlende Reife der Mannschaft. Schon zum vierten Mal in dieser Saison konnte Bayer nun einen (klaren) Vorsprung nicht über die Zeit retten. Gegen Dortmund ging die Mannschaft drei Mal in Führung und verlor am Ende 3:4. In Köln, in Frankfurt und nun gegen Hoffenheim reichte jeweils eine Zwei-Tore-Führung nur zu zwei mageren Pünktchen.

Die Mannschaft hat Schwierigkeiten damit, ihren grundsätzlichen Spielplan während einer Partie auch mal anzupassen. Einen oder zwei Gänge zurückzuschalten, den Gegner auch mal mit längeren Ballbesitzphasen förmlich ausbluten zu lassen, ein Spiel ein wenig verwalten. Stattdessen drückt Bayer immer seinen doch recht riskanten Plan durch - und bekommt dann auf seine alles andere als sattelfeste Innenverteidigung immer wieder Druck.

Es wird eine der großen Aufgaben für Trainer Gerardo Seoane werden, seiner Mannschaft mehr Ruhe zu vermitteln. Denn mit dem ersten Rückschlag geht bei Bayer noch zu oft das große Chaos los. Das ist bei echten Spitzenteams ganz anders.

Glasner hat die Eintracht zur Glasner-Mannschaft gemacht

Natürlich wird Eintracht Frankfurt in den kommenden Spielen auch wieder Gegner vorfinden, die deutlich besser verteidigen können als es Leverkusen (5:2) und nun Gladbach (3:2) gezeigt haben. Und dann erst wird sich die Entwicklung der Eintracht so richtig zeigen.

Was aber seit ein paar Wochen schon zu erkennen ist, ist die teilweise blitzsaubere Struktur, die die Mannschaft mittlerweile an den Tag legt - und die vor allen Dingen auch alle Spieler umsetzen können. Frankfurts Spiel gegen den Ball hatte sich ja schon früher verbessert. Das sitzt immer noch nicht ganz sicher und hat auch einige Lücken. Es wird aktuell aber von einer immer besser werdenden Offensivstruktur gerettet, die zu einhundert Prozent die Handschrift des Trainers trägt.

Wie an unsichtbaren Fäden aufgereiht greift die Eintracht an. Die Besetzung der gewünschten Anspielzonen ist sehr gut, die Ballbewegung und damit das Spiel in einem ständigen Fluss. Die Eintracht zwingt den Gegner immer in unangenehme Situationen, weil sowohl die Zwischenräume besetzt sind als auch die Tiefe permanent bedroht wird. Mal geht es über die Flügel, dann wieder ganz schnell und auf dem kürzesten Weg durchs Zentrum. Über den tiefen Sechser geht es kontrolliert ins Übergangsdrittel, wo schon mindestens drei, eher vier Spieler auf den Ball warten und sich so sauber positionieren, dass der Gegner den längsten möglichen Weg für den Zugriff hat. Während die zentrale Spitze immer auch auf einen langen Ball lauert.

Das ist dann einfach nur sehr gut einstudiert und ausgeführt. Und mit dem nötigen Spielglück derzeit führt der Weg dann auch zu Recht immer weiter nach oben.

Stuttgarts mutiger Ansatz wird sich auf Dauer auszahlen

Fünf ganz schlimme Minuten in der zweiten Halbzeit, letztlich fünf Gegentore gegen die Bayern: Der VfB erlebte am Dienstag einen ernüchternden Abend. Denn auch wenn die Erwartungshaltung vor dem Spiel gegen die Münchner schon sehr niedrig angesetzt war, war die Enttäuschung am Ende doch groß.

Der VfB hat sich Mitte der zweiten Halbzeit einfach überrennen lassen, die Disziplin in der Arbeit gegen den Ball war nicht mehr gut und die Löcher im defensiven Mittelfeld so groß, dass die Bayern einfach immer wieder mit vier, fünf Spielern unbedrängt hindurchmarschieren konnten. Das war schlecht vom VfB und es wurde gnadenlos ausgenutzt von den Bayern.

Aber: Es gab auch genug Szenen, in denen der VfB ähnliche Spielsituationen in der Offensive kreierte. Denn das Spiel mit dem Ball war gut, auch wenn am Ende nicht mal der Ehrentreffer fallen wollte. Pellegrino Matarazzos Ansatz war vielleicht eine Spur zu mutig und vielleicht hätte Matarazzo nach dem dritten Gegentor die Schotten dicht machen sollen. Aber das widerspricht dem grundsätzlichen Ansinnen der Stuttgarter - das sich auf Dauer auch auszahlen wird.

Da darf der Untergang gegen die Bayern kein Maßstab sein. Nahezu jeder Spieler der Bayern ist eine oder zwei Klassen höher einzustufen als sein Stuttgarter Pendant, besonders gut zu erkennen war das in der chirurgischen Präzision, mit der die Münchner ihre Chancen vollendeten - während der VfB seine Möglichkeiten teilweise kläglich liegen ließ. Darin lag der eigentliche Klassenunterschied. Und den bekommen auch die anderen 16 Mannschaften der Liga in der Regel kaum gelöst.

Bundesliga: Die Tabelle nach dem 16. Spieltag

PlatzMannschaft

Spiele

TordifferenzPunkte
1FC Bayern München163640
2Borussia Dortmund161634
3Bayer Leverkusen161328
4TSG 1899 Hoffenheim16927
5SC Freiburg161126
61. FSV Mainz 0516924
7Eintracht Frankfurt16224
81. FC Union Berlin16124
9RB Leipzig161022
101. FC Köln16-122
11VfL Wolfsburg16-820
12VfL Bochum16-920
13Bor. Mönchengladbach16-1018
14Hertha BSC16-1618
15VfB Stuttgart16-817
16FC Augsburg16-917
17Arminia Bielefeld16-1013
18SpVgg Greuther Fürth16-364