Nicht jeder hatte sie auf der Rechnung - jetzt hat sich eine Reihe von Spielern aber etwas überraschend in ihren Klubs in die Stammformation gespielt. Ein Überblick.
Christoph Kramer (Borussia M'gladbach, 22 Jahre, 347 BL-Minuten)
Aus der zweiten Liga, als Leihspieler von Bayer Leverkusen, in die Stammformation von Lucien Favre. Christoph Kramer hat die Eindrücke der Vorbereitungsphase eindrucksvoll in den Ligaalltag transportiert und sich den Platz neben dem ebenfalls aufblühenden Granit Xhaka im defensiven Mittelfeld gesichert. Seine Konkurrenten Havard Nordtveit und Thorben Marx, beide in den letzten Jahren gesetzt beziehungsweise mit viel Einsatzzeit, haben derzeit keine Chance. "Ich denke, die Abstimmung zwischen Granit und mir klappt schon ganz gut, obwohl es klar ist, dass noch nicht alles funktioniert", sagt Kramer.
Beim VfL Bochum holte sich der Spieler aus Bayer Leverkusens Reserveteam die nötige Spielpraxis. Kramers Vertragswerk liest sich dabei komplizierter als es ist. Bei Bayer verlängerte er seinen bis 2015 datierten Vertrag vorzeitig um zwei weitere Jahre und ließ sich im Zuge dessen für zwei Jahre nach Mönchengladbach verleihen. Trainer Favre wollte Kramer unbedingt, nachdem sein Vorhaben mit Tolga Cigerci nicht wie gewünscht funktioniert hat. Beim ehemaligen Wolfsburger war das Profil ähnlich wie das von Kramer: Jung, talentiert, formbar und im eigenen Klub ohne große Perspektive. Cigerci hat es bei der Borussia nicht geschafft, am Sonntag wechselte Cigerci zu Hertha BSC.
Auch, weil er auf seiner Position im defensiven Mittelfeld ungeahnt schnell hartnäckige Konkurrenz bekam: in Form von Christoph Kramer. "Eine Laufmaschine", nennt Favre seinen Youngster. Ein wenig Probleme hätte Kramer noch mit dem Tempo in der ersten Liga, erkannte Favre vor der Saison. Aber schon im ersten Spiel der Borussia bei den Bayern war davon nichts mehr zu sehen. Kramer war bei der Niederlage einer der auffälligsten Borussen - in seinem ersten Bundesligaspiel überhaupt. Jetzt geht es an den Feinschliff. "Er muss Spielsituationen schneller sehen, aber er macht das schon ganz gut", sagt Favre.
Robin Knoche (VfL Wolfsburg, 21 Jahre, 306 BL-Minuten)
Da war diese eine Chance - und Robin Knoche hat beherzt zugegriffen. Timm Klose ist ein Wunschspieler von Dieter Hecking, der Trainer kennt Klose noch aus seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg, zu dem er den Schweizer einst lockte. Genau wie jetzt nach Wolfsburg. Aber Klose flog am ersten Spieltag in Hannover mit Gelb-Rot vom Platz. Davor war es ein enges Rennen zwischen den beiden in der Innenverteidigung, und Klose hatte vorerst die Nase knapp vorn.
Das Heimspiel gegen Schalke 04 wurde für Knoche aber zum Glücksfall. Wolfsburg siegte 4:0, Knoche spielte stark und erzielte sein erstes Tor in der Bundesliga. "Robin hat es in der vergangenen Saison schon hervorragend gemacht", sagt Hecking. Zum Ende der Transferperiode verlängerten die Wölfe den Vertrag mit ihrem Nachwuchstalent bis 2017, natürlich zu verbesserten Konditionen für Knoche.
Dazu reiste er jetzt zum ersten Mal zur U-21-Nationalmannschaft. Trainer Horst Hrubesch nominierte Knoche als Pfeiler einer neuformierten Mannschaft. "Im Moment läuft es ganz gut. Ich bin froh, dass der VfL meinen Vertrag vorzeitig verlängert hat und sehe das als Zeichen, dass meine Leistung anerkannt wird", sagt Knoche.
Zuletzt gegen die Hertha erwies sich der kantige Innenverteidiger auch als sehr brauchbarer Aufbauspieler. Berlin deckte Nebenspieler Naldo zu, also blieb es an Knoche, den ersten Pass im Spielaufbau zu übernehmen. 113 Ballkontakte und eine Passquote von 84 Prozent hatte der 21-Jährige am Ende - Werte eines Top-Mittelfeldspielers...
Emir Spahic (Bayer Leverkusen, 33 Jahre, 360 BL-Minuten)
Sein Image war schneller in der Liga angekommen als er selbst. Emir Spahic hatte über 200 Spiele als Profi auf dem Buckel, der Bosnier hat in vier verschiedenen Ligen gespielt und sich dort offenbar einen etwas zweifelhaften Ruf erarbeitet. "Ich bin nicht direkt ein Knochenbrecher, das wäre etwas zu hart. Aber es kommt auf den Gegenspieler an", sagte Spahic in einem seiner ersten Interviews in Deutschland.
Sami Hyypiä wollte den damals 32-Jährigen haben. Hyypiä kam einst ebenfalls als Routinier zu seiner letzten Station als Spieler nach Leverkusen, im Kreis der talentierten aber jungen Ömer Toprak, Philipp Wollscheid und Kostas Stafylidis wollte Hyypiä eine dicke Portion Erfahrung haben. Dass sich Spahic aber in der Vorbereitung gegen den Nationalspieler in spe Wollscheid so klar durchsetzen würde, war kaum zu erwarten. Von Beginn an hat Spahic klargestellt, mehr sein zu wollen als der Veteran, der die Jungen anleitet und ab und an noch selbst ins Geschehen eingreift. "Meinen jungen Kollegen kann ich noch etwas zeigen - aber ich kämpfe natürlich, um einen Platz in der ersten Elf zu bekommen."
Frei übersetzt bedeutet sein Vorname "Kommandant". Und genauso tritt Spahic in Bayers Defensive auf. Am Samstag auf Schalke war zum ersten Mal eine seiner Schwächen erkennbar, als er Jefferson Farfans Tempo nicht gewachsen war und ein folgenschweres Foulspiel beging. Ein Fehler wie dieser ändert aber nichts an Spahic' Wert für die junge Leverkusener Mannschaft. Und so könnte der Bosnier im zarten Alter von 33 Jahren demnächst tatsächlich auch noch Champions League spielen.
Johannes Geis (FSV Mainz 05, 20 Jahre, 360 BL-Minuten)
Genau 90 Minuten hat es gedauert, da wusste Johannes Geis, wie sich so ein Heimsieg in der Bundesliga tatsächlich anfühlt. Mit Greuther Fürth blieb er letzte Saison in 17 Versuchen erfolglos, in Mainz klappte es gleich beim ersten Versuch. Niemand hatte Geis, der erst im Februar in der Bundesliga debütiert hatte, wohl für einen Platz in der Startelf gegen Stuttgart auf der Rechnung. Der Zugang machte seine Sache im defensiven Mittelfeld neben Julian Baumgartlinger aber so gut, dass er fortan immer starten durfte.
Elkin Sotos Verletzung begünstigte Geis' Start in der neuen Heimat, Kontrahent Christoph Moritz sitzt entweder auf der Bank oder wird von Trainer Thomas Tuchel auf einer anderen Position eingesetzt. Die Königsdisziplin auf der Doppel-Sechs gehört Geis. Für vier Jahre hat der in Mainz unterschrieben.
In der Zeit will er noch "viele Zweikämpfe führen, Bälle erobern", wie er seinen Job selbst beschreibt. "Ich möchte lernen, ein Spiel noch mehr zu lenken und eine Mannschaft mitzuführen", nimmt er sich für die kommenden Monate vor. Eine Knieprellung könnte ihm dabei aber zunächst einen Strich durch die Rechnung machen.
John Anthony Brooks (Hertha BSC, 20 Jahre alt, 210 BL-Minuten)
Die Saison ist noch jung, aber sie hatte schon zwei kleinere Rückschläge für John Anthony Brooks parat. Nach seinem famosen Debüt mit einem Tor gegen Eintracht Frankfurt zwang ihn die Reise zum Länderspiel der USA zum Verzicht auf sein zweites Bundesligaspiel. Und dann wurde er gegen den HSV aus taktischen Gesichtspunkten nach nur 23 Minuten ausgewechselt. Und trotzdem hat sich Brooks in seiner ersten Saison im Oberhaus gleich auf seiner Position durchgesetzt.
Christoph Janker hält er auf Abstand, Routinier Roman Hubnik hat auf den letzten Drücker noch das Weite gesucht, Maik Franz ist noch nicht bereit für einen Einsatz. Also bilden Brooks, der letzte Saison beständig in der 2. Liga zum Einsatz gekommen war, und Zugang Sebastian Langkamp die Innenverteidigung des frechen Aufsteigers.
Vor geraumer Zeit waren auch die Bayern hinter dem 20-Jährigen her, der gebürtige Berliner wollte seiner Hertha aber treu bleiben und sich durchsetzen. Was er in der angelaufenen Saison dann auch geschafft hat. Allerdings eine Liga tiefer. Dass er auch jetzt so schnell Fuß fassen würde, war nicht unbedingt zu erwarten. "Die Konstanz in seinen Leistungen ist nicht selbstverständlich für einen Jungen in seinem Alter", sagt Trainer Luhukay. "Er begeht extrem wenige Fouls, weil er gut antizipiert, und auch in der Spieleröffnung hat er sich unglaublich gut entwickelt. John ist ein Spieler mit einer außergewöhnlichen Begabung."
Die Tabelle der Bundesliga