Deutschland trifft im Achtelfinale der WM 2014 auf Algerien (22 Uhr im LIVE-TICKER). Das DFB-Team ist in der Runde der letzten 16 eine Bank. Aber ganz ohne Probleme gingen die Spiele nur ganz selten über die Bühne.
Neun Achtelfinalspiele hat die deutsche Nationalmannschaft in ihrer WM-Historie bestritten, nur einmal schied sie aus. 1938 unterlag die DFB-Elf der Schweiz im Wiederholungsspiel mit 2:4, nachdem der erste Vergleich 1:1 geendet hatte.1934 setzte sich Deutschland mit 5:2 gegen Belgien durch. Erst nach mehreren Modus-Änderungen wurde das Achtelfinale 1986 wieder eingeführt. Ein Rückblick auf die Achtelfinalspiele der Neuzeit.
27. Juni 2010: Deutschland - England 4:1 (2:1)
Wer weiß wie das Spiel ausgegangen wäre, hätte es bei der WM 2014 stattgefunden. Deutschland begann bärenstark und führte durch Tore von Klose und Podolski schnell 2:0. Ein Kopfballtor von Upson brachte England zurück ins Spiel.
Dann kam es zur der Szene, die auf immer mit diesem Spiel verbunden sein wird. Lampard legte den Ball mit viel Gefühl von der Strafraumgrenze über Neuer an die Unterkatte der Latte, der Ball sprang klar hinter der Linie wieder auf. Englands Trainer Fabio Capello war schon jubelnd abgedreht, jeder im Stadion hatte es gesehen. Nur der uruguayische Schiedsrichter Larrionda gab den Treffer nicht.
Es war die Zeit in der die FIFA noch gegen die Torlinientechnik war. "Thanks very much, Sepp Blatter", sagte der Kommentator der "BBC".
Es ist eine dieser unglaublichen Pointen der Geschichten, dass diese Aktion ausgerechnet beim Duell Deutschland gegen England stattfinden musste. Eine Rivalität, die seit 1966 auch vom Wembley-Tor lebt. "Wembley heißt jetzt Bloemfontein", schrieb die "Süddeutsche Zeitung".
Mit dem Vorsprung im Rücken konterte Deutschland die Engländer in der zweiten Halbzeit nach Strich und Faden aus. Thomas Müller erzielte zwei Tore. Die junge deutsche Elf überrannte die Three Lions förmlich.
24. Juni 2006: Deutschland - Schweden 2:0 (2:0)
Sicher eines der besten Achtelfinals der deutschen WM-Geschichte und auch eines der souveränsten. Zittern musste Deutschland nur kurz, als Larsson in der zweiten Halbzeit einen Elfmeter verschoss.
Da stand es nach einem frühen Doppelpack von Podolski schon 2:0 und Schwedens Verteidiger Lucic hatte schon Gelb-Rot gesehen."So schnell wie unsere Jungs die Ikea-Kicker vermöbelten, kann niemand ein Regal aufbauen", jubelte die "Bild".
Das Sommermärchen nahm in diesem ersten Spiel der K.o.-Runde in München nochmal so richtig Fahrt auf. Es war ein berauschendes Fußballfest, in dem Klose, Ballack und Co. noch viel höher hätten gewinnen können.
15. Juni 2002: Deutschland - Paraguay 1:0 (0:0)
Die deutschen Fans mussten am Samstag früh aus dem Bett, um sich dieses Spiel im südkoreanischen Seogwipo anzusehen. Viele haben sich nach ein paar Minuten sicherlich gewünscht, sie wären liegen geblieben. Um 8.30 Uhr deutsche Zeit wurde die Partie angepfiffen.
Und bis zum Abpfiff boten beide Mannschaften Fußball zum Abgewöhnen. "Wir haben in der ersten Halbzeit schlecht Fußball gespielt, eigentlich haben wir gar keinen Fußball gespielt", resümierte Teamchef Rudi Völler.
Es war ein lichter Moment von Schneider, der einen Flankenlauf auf rechts mit einer guten Hereingabe beendete und ein starker Abschluss per Dropkick von Neuville, der Deutschland fürs Viertelfinale reichte.
Geburtstageskind Oliver Kahn sprach danach von einer Welle, die einen bis ins Finale tragen könne. In Deutschland mochte das zu diesem Zeitpunkt keine glauben. Doch der Titan war bekanntlich bis zum Endspiel gegen Brasilien und einer überragenden Form.
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29. Juni 1998: Deutschland - Mexiko 2:1 (0:0)
Deutschland rumpelte sich gegen die USA, Iran und Jugoslawien durch die Gruppenphase. Das Team von Berti Vogts war heillos überaltert, das Durchschnittsalter lag deutlich über 30 Jahren. "Jurassic-Park im Prinzenpark", schrieb die Zeitung "L'Equipe" nach dem Auftaktspiel.
Vogts hatte mangels Alternativen sogar den 38-jährigen Lothar Matthäus nochmal reaktiviert, den er zwei Jahre zuvor bei der EM 1996 eigentlich schon aussortiert hatte. Doch Matthäus war immer noch besser als alle anderen auf seiner Position und holte sich bald einen Stammplatz.
Die Qualität und Stimmung im Team war aber überschaubar. Dass in Montpellier gegen Mexiko nicht schon Schluss war, hatte auch mit einer Portion Glück zu tun. Hernandez, mit seiner blonden Mähne und seinen vier Turniertoren eine Attraktion dieser WM, schockte die Deutschen kurz nach der Halbzeit.
Arellano traf eine Viertelstunde später nur den Pfosten und Hernandez scheiterte in der Folgeaktion aus sechs Metern freistehend an Köpke. Die Deutschen taten das, wofür sie im Rest der Welt bewundert wurden, sie drehten das Spiel durch Tore von Klinsmann und Bierhoff.
Argentiniens Fußball-Philosoph Luis Cesar Menotti sagte: "Die Deutschen kommen alle aus einer Fabrik, und zwar aus einem Stahlwerk."
2. Juli 1994: Deutschland - Belgien 3:2 (3:1)
Die Stimmung war Tiefpunkt vor dem Achtelfinale gegen Belgien. Die Mannschaft holte in der Vorrunde zwar sieben Punkte, spielte aber durchwachsen. Dazu kam die Stinkefinger-Affäre um Effenberg, der auf Anweisung des DFB-Präsidenten Egidius Braun vorzeitig nach Hause geschickt wurde.
Auch das Sturmduo Klinsmann und Völler stand in der Kritik. Vor allem Völler trauten viele mit seinen 34 Jahren nichts mehr zu. Der graue Wolf brachte seine Kritiker in Chicago mit zwei Toren und einem Assist für Klinsmann zum Schweigen. "Der Star des Spiels ist eine Dame, meine Damen und Herren", kommentierte Rubenbauer vor sich hin. "Tante Käthe."
Klinsmann meinte: "Uns überflutete auf einmal eine Welle der Kritik. Dazu kam die Sache mit Effenberg. Es herrschte ein kleines Chaos. Doch auf extremen Druck haben wir wieder einmal extrem gut reagiert."
Deutschland erspielte sich mit diesem Achtelfinale wieder den Ruf eines Turnierfavoriten. Im nächsten Spiel gegen Bulgarien war aber schon alles vorbei Die Partie gegen Belgien sollte die beste des DFB-Teams während der WM in den USA bleiben.
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24. Juni 1990: Deutschland - Niederlande 2:1 (0:0)
Deutschland gegen die Niederlande war zu diesem Zeitpunkt auch so etwas wie Inter gegen den AC Milan. Auf der einen Seite spielten Matthäus, Klinsmann und Brehme, auf der anderen Rijkaard, Gullit und van Basten. Noch dazu fand das Achtelfinale in San Siro statt.
"Ende der 80er, Anfang der 90er war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Ich will nicht sagen Hass, aber da war große Antipathie dabei", sagte Völler, der ungewollt zu einem der Hauptdarsteller dieses Klassikers wurde.
Nach einem Foul von Rijkaard an Völler wurde der deutsche Stürmer vom Holländer das erste Mal angespuckt. Der argentinische Schiedsrichter Losteau hatte es nicht gesehen, zeigte stattdessen Völler wegen Meckerns Gelb. Bei der anschließenden Freistoßflanke kamen sich Völler und Torhüter van Breuckelen in die Quere, der alles versuchte Völler ein Foul anzuhängen.
Rijkaard war wieder mittendrin, zog Völler am Ohr. Losteau verlor komplett den Überblick und zeigte beiden Rot. "Ein Skandal", ereiferte sich Karl-Heinz Rummenigge als Co-Kommentator am "ARD"-Mikrofon. Beim Verlassen des Platzes spuckte Rijkaard Völler ein zweites Mal in die Haare. Das Lama war geboren.
Was folgte war eine der aufgeladensten und intensivsten WM-Spiele mit deutscher Beteiligung überhaupt. Klinsmann machte als alleiniger Stürmer das Spiel seines Lebens, lief für zwei, traf den Pfosten und erzielte die Führung nach starker Vorarbeit von Buchwald. "Der Klinsmann hat über seinen Verhältnissen gespielt. Er hatte Krämpfe am ganzen Körper", sagte Beckenbauer. Brehmes traumhafter Schlenzer machte alles klar, auch wenn Koeman per Elfmeter nochmal verkürzte.
"Der Sieg gegen Holland war die letzte Gewissheit, dass wir Weltmeister werden können", sagte Buchwald. Und so kam es dann auch.
17. Juni 1986: Marokko - Deutschland 0:1 (0:0)
Nur als Gruppenzweiter ging Deutschland in das bisher einzige Achtelfinale gegen eine afrikanische Mannschaft. Teamchef Franz Beckenbauer hatte am letzten Spieltag der Vorrunde personell einiges ausprobiert und war damit gescheitert. Auch wenn Beckenbauer vom "vielleicht besten WM-Spiel überhaupt" schwadronierte, verlor Deutschland gegen Dänemark mit 0:2.
"Zur Strafe in die Hölle", titelte die "Bild". Gemeint war Monterrey. Der heißeste Spielort mit der höchsten Luftfeuchtigkeit (80 Prozent). Um 16 Uhr wurde bei 34 Grad im Schatten gespielt. Die Deutschen, die mit sechs Mann über 30 Jahren in der Startelf angetreten waren, hatten sichtlich Probleme mit den Bedingungen und kamen kaum zu Chancen.
Die beste vergab noch Matthäus, der allein vor dem Torwart den Ball nicht im Tor unterbrachte. Besser ging es dann in der 87. Minute. Nach einem zweifelhaften Freistoßpfiff für Karl-Heinz Rummenigge nutzt Matthäus eine Unaufmerksamkeit in der Mauer und beim Torhüter der Marokkaner für einen satten Schuss aus 30 Metern ins rechte untere Eck.
Deutschland mogelte sich bis ins Finale durch, scheiterte dort aber an Diego Maradona und Argentinien.
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