"Allen Iverson nervt"

SPOX
08. Dezember 200914:57
Wie symbolisch: Die Tür in die NBA hat sich für Allen Iverson (2.v.r.) wieder geöffnetGetty
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Die Show zu seinen Ehren vor dem Tipoff war großartig, seine Leistung gegen Denver eher nicht. Hätte Allen Iverson nicht aufhören sollen, statt bei der alten Liebe Philadelphia ein Comeback zu starten? Gemeinsam mit den Wolfsburgern Christian Gentner und Marcel Schäfer, beide Fußball-Nationalspieler und begeisterte NBA-Fans, diskutieren die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann die fünf Thesen des Monats. Auch dabei: Nowitzki, Jennings und Boston.

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These: Allen Iverson hätte aufhören sollen.

Christian Gentner: Nein. Es freut mich, dass er nach Philadelphia zurückgekehrt ist und nicht aufgehört hat. Und noch mehr würde es mich freuen, wenn er der Liga womöglich noch länger als dieses Jahr erhalten bleibt. In Philly wird er nach wie vor geliebt und er kann dort zu alter Stärke zurückfinden. Er war immer etwas Besonderes und hat die Menschen mit seinen spektakulären Aktionen fasziniert. Er ist noch nicht zu alt, um so etwas zu wiederholen.

Philipp Dornhegge: Ich finde es auch gut, dass Iverson weitermacht. Wobei es für mich keine große Rolle spielt, ob er bei den Sixers groß aufspielt oder nicht. Das Sportliche ist in Philly eh egal, weil es in der Franchise nur drunter und drüber geht. Vielmehr geht es vor allem um das Emotionale. Darum, dass er wieder bei seiner alten Liebe spielt. Obwohl er soviel Ärger gemacht hat, wird er in Philadelphia verehrt und jeder würde sich freuen, wenn er noch ein halbes Jahr anständig spielt und seine Karriere mit Würde beenden kann.

Haruka Gruber: Ich hätte mich gefreut, wenn das Kapitel Iverson endlich geschlossen und er endgültig abgetreten wäre. Die letzten Wochen hat er mit seinem Kokettieren über die Zukunft genauso genervt wie in den vergangenen Jahren Stephon Marbury oder Allan Houston. Und was soll Philly mit ihm? Als PR-Gag, okay. Aber sportlich? Vielleicht werden die Sixers dank Iverson von einem schlechten zu einem nicht ganz so schlechten Team, das die Playoffs erreicht. Aber mehr als Runde eins ist nicht drin. Was bringt es dann, Talenten wie Lou Williams und Jrue Holiday einen Iverson vorzusetzen? Eine wertvolle Saison für den Neuaufbau wird verschwendet - und mit Elton Brand hat Philadelphia ja gesehen, wie es schief gehen kann, wenn man nur auf Namen schaut.

Florian Regelmann: Das sehe ich komplett anders. Das Iverson-Thema hat mich in letzter Zeit unglaublich aufgeregt, weil es kein Team für nötig gehalten hat, Iverson zu verpflichten. Dass die Knicks ihn nicht geholt haben, zeigt doch nur, wie bescheuert sie sind. Mit Iverson hätte es wenigstens einen Grund gegeben, in den Madison Square Garden zu gehen. Den Wechsel zu Philadelphia finde ich in Ordnung, das perfekte Team wären aber die Cavaliers gewesen. LeBron und die Aussicht auf einen Titel hätten ihn schon ruhig gestellt. Und dass es Iverson im Gegensatz zu Mo Williams in den Playoffs draufhat, hat er häufig genug bewiesen. Iverson wäre das letzte Puzzleteil für Cleveland gewesen.

Marcel Schäfer: Ich finde den Move zu Philadelphia nicht schlecht. Dort hat er immer eine sehr gute Rolle gespielt, warum sollte sich daran etwas ändern? Zumal nach Lou Williams' Verletzung ein Platz in der Starting Five vakant ist. Zugegeben, in Memphis hat er so gut wie nicht gespielt und die Zeit zuvor in Detroit war eine Katastrophe. Aber ich bin mir sicher, dass er den Sixers erheblich weiterhilft, sofern er topfit ist.

These 2: Dirk Nowitzki ist der MVP der Saison.

These 3: Der Hype um Brandon Jennings ist berechtigt.

These 4: Boston ist schlechter, als es die Bilanz aussagt.

These 5: Chris Kaman gehört ins All-Star-Team.

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These: Dirk Nowitzki ist der MVP der Saison.

Florian Regelmann: Nein, mein Votum geht eindeutig an Steve Nash. Dirk gehört zu den Top 3 und ohne ihn würden die Mavs wenn überhaupt 40 Spiele gewinnen. Aber Nashs Bedeutung für Phoenix geht darüber hinaus. Man kann schlichtweg nicht besser Point Guard spielen als es Nash zurzeit vormacht. Zudem sind seine Quoten phänomenal. Ich würde keinen NBA-Spieler für Nash traden.

Christian Gentner: Dirk gehört selbstverständlich zum engen Kreis, genauso wie Carmelo Anthony oder Kobe Bryant. Aber ich muss mich Florian anschließen: Wenn ich US-Journalist wäre, würde ich Nash die Stimme geben. Er ist der mit Abstand wichtigste Spieler beim Überraschungsteam der Saison. Keiner macht mit Pässen seine Mitspieler soviel besser als er. Der dritte MVP-Titel ist möglich.

Philipp Dornhegge: Das sehe ich komplett anders. Aus meiner Sicht hätte Nash nie einen MVP-Titel gewinnen dürfen. Denn niemals sollte ein Spieler zum wertvollsten Spieler der NBA gewählt werden, der keine Defense spielt. Das gilt für Nash wie auch für Dirk. Daher ist der bisherige MVP eindeutig Denvers Carmelo Anthony. In der Defense hat er sich deutlich verbessert und Melo ist individuell der beste Spieler der Liga.

Marcel Schäfer: Melo ist eine gute Wahl. Mein Herz sagt Dirk, aber als neutraler Beobachter führt kein Weg an Anthony vorbei. Er ist offensiv wie defensiv der beste Spieler und stellt derzeit sogar LeBron in den Schatten. Er macht den Unterschied aus, ob Denver ein gutes oder ein sehr gutes Team ist.

Haruka Gruber: Finde ich nicht. Wenn sich Melo verletzt, wäre Denver nicht drastisch schlechter, weil dann Billups, Nene oder J.R. Smith in die Bresche springen würden. Ähnlich ist es bei den Lakers mit Kobe. Bleiben Nash, LeBron und Dirk. Nash ist unersetzlich, aber Phoenix spielt ungefähr gleich gut wie Dallas, obwohl die Suns keine Verletzungsprobleme haben. Und LeBron liefert Monsterzahlen, aber Cleveland ist trotz Verstärkungen eher schlechter als besser geworden. Dallas hingegen hat trotz all der Ausfälle eine deutlich bessere Bilanz als letztes Jahr - und das ist vor allem Dirk zu verdanken. Dirk 4 MVP!

These 1: Allen Iverson hätte seine Karriere beenden sollen.

These 3: Der Hype um Brandon Jennings ist berechtigt.

These 4: Boston ist schlechter, als es die Bilanz aussagt.

These 5: Chris Kaman gehört ins All-Star-Team.

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These: Der Hype um Rookie Brandon Jennings ist berechtigt.

Philipp Dornhegge: Der Hype ist nicht übertrieben. 55 Punkte macht nicht mal ein gestandener NBA-Star jeden Tag, dass das einem Rookie gelingt, ist eine Sensation. Hinzu kommt, dass er nicht nur gut punktet, sondern dank seiner Vielseitigtkeit auch locker Triple-Doubles in Serie auflegen könnte, wenn er es darauf ankommen lassen würde. Auch seine Dreierquote ist überragend. Ich wiederhole mich: Für einen Rookie zeigt er sensationelle Leistungen.

Marcel Schäfer: Ich bin richtig beeindruckt von seiner Spielweise. Die Stats sprechen eindeutig für ihn. In unserem NBA-Manager-Spiel hat ihn mittlerweile fast jeder Teilnehmer nachgekauft, das sagt alles (lacht). Vom Hype bekommt man in Deutschland natürlich nicht so viel mit, aber er ist sicherlich berechtigt. Dass er zuletzt einen kleinen Einbruch erlebt hat, ist normal. Es gehört dazu, auch Tiefs zu durchschreiten.

Christian Gentner: Sehe ich genauso. Was wirklich erstaunt: Jennings ist bereits der Anführer in Milwaukee und dass die Bucks nicht wie von mir erwartet ganz unten in der Tabelle rangieren, hat vor allem mit ihm zu tun. Jennings macht die entscheidenden Dinge, scort unglaublich und setzt die Mitspieler ein. Es ist immer schwer, aus der Ferne zu beurteilen, ob jemand zu viel gehypt wird oder nicht. Aber er steht definitiv vor einer großen Karriere.

Haruka Gruber: 55 Punkte und all die anderen Statistiken sind für mich eher nebensächlich. Vielmehr ist die menschliche Facette so überraschend. Letztes Jahr galt er noch als unreifer Möchtegern-Star, der kein Bock aufs Lernen am College hat, der schnellen Kohle wegen nach der Highschool sofort nach Italien gewechselt ist und dort nur sporadisch an seinen Schwächen wie der Defense oder dem Wurf arbeitet. Und dann kommt er in die NBA, präsentiert sich 180 Grad anders als erwartet, gibt kluge Interviews, gesteht Fehler ein und zeigt, dass er eben doch die Fundamentals trainiert hat. Als zehnter Pick im Draft ist Jennings der Steal des Jahres.

Florian Regelmann: Ob der Hype berechtigt ist? Jein. Ich bin wirklich beeindruckt, aber in der ganzen Jennings-Aufregung geht leider unter, dass es einen zweiten Super-Rookie gibt: Tyreke Evans von den Sacramento Kings. Jeder hat gedacht, dass Sacramento ein Grottenteam ist, zumal sich auch noch Kevin Martin verletzt hat. Aber die Kings stehen dank Evans bemerkenswert gut da. Der Junge ist unglaublich tough, spielt tolle Defense und zieht mit Mumm zum Korb. Wenn der Wurf konstanter fällt, wird er der nächste Dwyane Wade. Jennings ist super, aber Evans ist mindestens auf dem gleichen Level.

These 1: Allen Iverson hätte seine Karriere beenden sollen.

These 2: Dirk Nowitzki ist der MVP der Saison.

These 4: Boston ist schlechter, als es die Bilanz aussagt.

These 5: Chris Kaman gehört ins All-Star-Team.

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These: Boston ist schlechter, als es die Bilanz aussagt.

Haruka Gruber: Die These stimmt. Der Saisonstart übertüncht die wahren Probleme im Kader. Kevin Garnett, Paul Pierce und Ray Allen sind ein Jahr älter und die Statistiken zeigen bei allen dreien nach unten. Die zwei wichtigsten Neuzugänge, Rasheed Wallace und Marquis Daniels, werfen zusammen gefühlte 20 Dreier pro Spiel und machen vielleicht drei davon rein. Das kann garantiert nicht der Plan von Coach Doc Rivers sein. Dazu der schwelende Konflikt mit dem offenbar schwierig zu führenden Rajon Rondo, dessen Wurf zu allem Überfluss eine Schande ist. Die Alarmglocken sollten nicht schrillen, aber vorsorglich bereitgehalten werden.

Marcel Schäfer: Da muss ich einhaken. Wenn die Celtics von Verletzungen verschont bleiben, sind sie eines der komplettesten Teams der NBA und absoluter Titelkandidat. Sollte einer aus den Big Three ausgeschaltet werden, ist gleich der nächste da und punktet einfach mehr. Bei Boston geht es nicht so zu wie bei anderen Mannschaften, die sich auf ein, zwei Stars verlassen. Die Verantwortung wird auf viele Schultern verteilt, selbst von der Bank kommt richtig etwas nach.

Florian Regelmann: Marcel hat recht. Zumal die Celtics mein Meistertipp sind und ich daher natürlich nichts mit der These anfangen kann (lacht). Es gibt so was von keinen Grund, davon auszugehen, dass Boston auf einem absteigenden Ast ist. Ich weiß auch, dass Rasheed Wallace und einige andere derzeit keinen Möbelwagen treffen. Ich weiß aber auch, dass Rasheed in den Playoffs seine Würfe verwandeln wird. Den Celtics ist die Regular Season egal - und doch haben sie eine der besten Bilanzen der Liga. Das sagt alles. Und wenn erst die Playoffs beginnen, werden sie voll da sein.

Christian Gentner: Die Celtics sind zwar nicht mein absoluter Meisterschaftsfavorit, aber mit ihrer Routine aus all den Playoff-Schlachten sind sie im entscheidenden Moment immer einen Tick cleverer und haben mehr Qualität als andere Teams. Die Regular-Season-Spiele sind nur Vorgeplänkel, dennoch stehen sie bereits jetzt unglaublich gut da. Boston zieht locker in die Playoffs ein und dort wird mit dem Team zu rechnen sein. Die These ist also falsch.

Philipp Dornhegge: Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Bis April regiert meinetwegen der Run'n'Gun und die Suns machen in jedem Spiel 140 Punkte. Aber das interessiert keine Sau. In der Postseason wird langsamer gespielt, die Teams hacken sich gegenseitig kaputt - und es gibt kein Team, das darin besser ist als Boston. Allenfalls noch die Spurs. Für Statistik-Guru John Hollinger ist ja nicht die Bilanz, sondern das sogenannte "Point Differential" der Nummer-eins-Indikator, um zu wissen, wie gut eine Mannschaft wirklich ist. Auf dem ersten Platz bei Hollinger steht: Boston.

These 1: Allen Iverson hätte seine Karriere beenden sollen.

These 2: Dirk Nowitzki ist der MVP der Saison.

These 3: Der Hype um Brandon Jennings ist berechtigt.

These 5: Chris Kaman gehört ins All-Star-Team.

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These: Chris Kaman gehört ins All-Star-Team.

Marcel Schäfer: Zuletzt zeigte seine Formkurve etwas nach unten, dennoch hätte ich nicht damit gerechnet, dass er solche Stats auflegen kann. Leider spielt er bei den in der NBA nicht gerade gut gelittenen Clippers, aber verdient hat es sich Kaman alle Mal. Dass er den großartigen Punkte- und Reboundschnitt vom Saisonstart nicht ganz halten konnte, sollte man nicht zu hoch bewerten. Schwankungen sind natürlich und haben in seinem Fall wohl mehr mit der Teamleistung als direkt mit ihm zu tun.

Florian Regelmann: Für mich steht völlig außer Frage, dass Kaman ein All-Star ist. Einfach ins Internet gehen, "ESPN" eintippen, zu den Statistiken surfen und nach Punkteschnitt bei den Centern sortieren. Da ist Kaman auf eins, damit ist die Sache erledigt. Dass Kaman dennoch nicht auf dem All-Star-Wahlzettel steht, wodurch ihn die Fans womöglich in die Starting Five wählen könnten, ist ein Witz. Stattdessen sind Leute wie Spencer Hawes und Andris Biedrins dabei. Kaman hat sich weiterentwickelt und traut sich auch mal, aus der Mitteldistanz zu schießen statt immer zum Korb zu ziehen. Ich hoffe, dass es die NBA-Trainer sehen und ihn in den All-Star-Kader berufen.

Haruka Gruber: Wenn Marc Gasol, so gut er spielt, plötzlich als All-Star-Kandidat gilt, ist es Kaman schon längst. Vom Talent her ist er einer der fünf besten Center der NBA, weil er das ganze Arsenal mitbringt. Er hat Körper und Masse, gleichzeitig ist er filigran, kann mit beiden Händen abschließen und verfügt über Spielintelligenz. Definitiv ein All-Star.

Philipp Dornhegge: Die Gelegenheit ist so günstig wie nie zuvor. Yao Ming: verletzt, Mehmet Okur und Al Jefferson: mittelmäßige Saison, Tim Duncan und Pau Gasol: als Forwards gelistet. Der Starter-Job ist im Westen wohl an Amare Stoudemire vergeben, als einziger Konkurrent bleibt Lakers-Center Andrew Bynum, der ähnliche Zahlen liefert. Aber weil es denkbar ist, dass drei Center nominiert werden, könnte Kaman gute Karten haben. Ich habe nur zwei Bedenken: Einerseits Kamans Verletzungsanfälligkeit, andererseits das nahende Debüt von Nummer-eins-Pick Blake Griffin. Wer weiß, wie sich das auf Kamans Statistiken auswirken wird.

Christian Gentner: Der Punkt mit Blake Griffin gibt mir auch zu denken. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Griffin nach seiner Verletzung auf sich aufmerksam machen will und daher viele Würfe bekommt, die ansonsten Kaman genommen hätte. Aber wenn er die Zahlen konstant hält, könnte er für Amare und Bynum ein echter Rivale sein. Ich weiß nicht, ob Kaman bei den Fans und bei den Trainern großartig beliebt ist, aber eine All-Star-Nominierung wäre verdient.

These 1: Allen Iverson hätte seine Karriere beenden sollen.

These 2: Dirk Nowitzki ist der MVP der Saison.

These 3: Der Hype um Brandon Jennings ist berechtigt.

These 4: Boston ist schlechter, als es die Bilanz aussagt.