Week 10 hatte Historisches zu bieten: Peyton Manning schrieb Geschichte und musste auf die Bank, Detroit fuhr einen nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg bei den Green Bay Packers ein. Bei denen ist spätestens jetzt Alarmstufe Rot angesagt - während die New England Patriots zunehmend am Stock gehen. Bei den Browns herrscht indes große Verwirrung, der Tanz der Woche gebührt Drew Stanton und J.J. Watt macht Dalton zum Luftgewehr.
Die Devise der Woche: Es dürfte am Sonntag nicht wenige Packers-Fans im Stadion gegeben haben, die im heimischen Lambeau Field noch nie eine Pleite gegen Detroit erlebt haben. Über 24 (!) Spiele in Folge hatten die Lions hier nicht gewinnen können, oder anders gesagt: Der letzte Sieg in Green Bay datiert aus dem Jahr 1991. 1991! Doch am Sonntag war es wieder so weit und so wurde ein Spiel, in dem sich die Packers nach zwei Pleiten eigentlich rehabilitieren wollten, zum nächsten Tiefschlag.
Die klare Erkenntnis: Dieses Team hat, auch wenn es am Sonntag letztlich ein völlig verrücktes Finish war, Probleme - und die liegen vor allem in der Offense. Ebenfalls ein Gefühl, dass vielen Cheeseheads, verwöhnt vom nahtlosen Übergang von Brett Favre zu Aaron Rodgers, unbekannt sein dürfte.
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Ohne Eddie Lacy hat Green Bay kein Running Game, was aber auch daran liegt, dass die O-Line nicht an die starke Vorsaison anknüpfen kann. Die Receiver laufen sich viel zu selten frei, ohne Jordy Nelson fehlt ein Spieler, der Defenses verlässlich tief schlägt. Rodgers kann all das nicht mehr alleine auffangen.
Die Packers müssen dringend an einigen Schrauben drehen, ansonsten droht gegen den frisch gebackenen NFC-North-Leader Minnesota die vierte Pleite in Folge. Von Rodgers' in der Vorsaison gefordertem R-E-L-A-X ist ohnehin keine Spur mehr. Spätestens dann wäre die Parole endgültig: P-R-O-B-L-E-M.
Der Siegestanz der Woche: Drew Stanton! Es dauerte nur wenige Minuten, ehe Drew Stanton nach seiner Explosion an der Seitenlinie den Sprung zum Internet-Meme geschafft hatte. Arizonas Backup-Quarterback ließ, als Andre Ellington mit seinem späten Touchdown-Run den Kracher gegen die Seahawks entschied, seinen Gefühlen freien Lauf und heraus kam DIE Szene des Sunday-Night-Games.
Überflüssig zu erwähnen, dass das entsprechende Video anschließend in der Kabine der Renner war und Quarterback Carson Palmer grinste: "Das kam aus vollstem Herzen. Die Fäuste am Ende würde ich als stark bis sehr stark bewerten." Coach Bruce Arians fügte lachend hinzu: "Das muss ich nicht nochmal sehen. Seine Moves waren jetzt nicht gerade schön." Receiver Jaron Brown blieb zurückhaltender, prognostizierte aber zumindest: "Ich sehe ihn jetzt eher nicht bei "Let's Dance" oder sowas."
Der Backup der Woche: Big Ben. Ach, Cleveland. Es dauerte nicht einmal ein Viertel, ehe es die Browns geschafft hatten, gegen Ben Roethlisberger anstatt gegen Landry Jones auf dem Platz zu stehen. Roethlisberger war über große Teile der Vorwoche aufgrund einer Fußverletzung nur durch die Gegend gehumpelt, die Berichte über einen möglichen Einsatz wurden von vielen als Täuschungsmanöver abgetan.
So stand dann tatsächlich auch Jones auf dem Platz - ehe ihn eine fiese Knöchelverletzung ausschaltete. Dadurch war der Notfall gegeben, den die Steelers als Bedingung für einen Roethlisberger-Einsatz vorausgesetzt hatten. Big Ben warf anschließend für 379 Yards und drei Touchdowns und hatte eine einfacher Erklärung für seine schnelle Regeneration parat: "Ich habe viel Milch getrunken. Am Montag war mein Fuß komplett schwarz und blau. Ich habe aber pausenlos mit den Trainern und den Ärzten daran gearbeitet."
"Der Kerl ist im wahrsten Sinne des Wortes am Montag mit einer Schiene und mit Krücken durch die Gegend gelaufen", konnte Receiver Antonio Brown nur den Kopf schütteln: "Er ist ein echter Krieger." Big Bens Toughness ist alles andere als neu. Aber vom Backup-Quarterback Ben Roethlisberger geschlagen zu werden ist, auch wenn natürlich unbeabsichtigt, eine sehr Browns-ige Art, ein Spiel zu verlieren.
Das Zitat der Woche: J.J. Watt. Es hatte sich einiges angestaut beim Star der Texans-Defense. Man merkte, wie bei Watt die Anspannung abfiel, als er nach dem Sieg in Cincinnati vor die Kamera trat - und sich schmunzelnd einen Seitenhieb in Richtung Bengals-Quarterback Andy Dalton (Spitzname "Red Rifle" aufgrund seiner roten Haare) nicht verkneifen konnte.
"Jeder hat gesagt, dass wir heute keine Chance haben. Ich frage mich, was diese Leute heute sagen. Wir wollten die Red Rifle wie ein Luftgewehr aussehen lassen - ich glaube, das ist uns gelungen. Andy Dalton ist ein toller Spieler und die Bengals haben ein gutes Team, aber wir hatten heute einen klasse Game Plan", grinste Watt.
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Dalton war davon übrigens eher weniger begeistert: "Es ist enttäuschend, wenn einer der besten Spieler der Liga so etwas sagt. Er ist ein Vorbild und damit zeigt er anderen, dass es okay ist, so etwas zu sagen." War ja alles nicht so ernst gemeint, Andy...
Die Dummheit(en) der Woche: Elvis Dumervil und Jeff Heath. Sowohl die Baltimore Ravens, als auch die Dallas Cowboys hätten am Sonntag eigentlich gewinnen müssen. Sowohl die Ravens, als auch die Cowboys haben aber verloren. Warum? Lassen wir die Tatsache, dass sie über gut 59 Spielminuten mit den Jaguars respektive den Buccaneers große Probleme hatten, einmal außen vor. Dann stehen da bei beiden Teams unentschuldbare Fehler im kritischsten Moment.
Zunächst nach Baltimore: Die Ravens führten mit 20:19 gegen Jacksonville, nur noch wenige Sekunden waren auf der Uhr. Jags-QB Blake Bortles hatte den Ball an Baltimores 49-Yard-Line, als die Uhr auf 0 runter tickte. Das Spiel war eigentlich durch - doch dann die Flagge. Elvis Dumervil sorgte für die wohl offensichtliche Facemask-Strafe der ganzen Saison, so dass die Jags 15 Yards und noch einen Spielzug geschenkt bekamen. Jason Myers sagte Danke und versenkte das Game-Winning-Field-Goal kurzerhand.
Das Week-10-Roundup: Drama in Green Bay, Manning auf die Bank
Dumervil übernahm anschließend die volle Verantwortung, umso bitterer war die Szene, da Jacksonville bei dem Spielzug eigentlich eine False-Start-Strafe hätte kassieren müssen. Die Liga hat das bereits eingeräumt, Baltimore kann sich davon nichts mehr kaufen - und all das passt irgendwo auch einfach zu dieser unglücklichen Ravens-Saison. So stand am Ende der erste Auswärtssieg für die Jaguars seit 714 (!) Tagen.
Und Dallas? Die Boys kassierten in Tampa auch deshalb zum ersten Mal seit 1989 ihre siebte Pleite in Folge, weil Jeff Heath Bucs-QB Jameis Winston eine zweite Chance gab. Winston hatte das Ei eigentlich gerade kurz vor der Goal Line zum Fumble verloren, doch Heath hatte seinen Gegenspieler, weit weg vom Ball, unnötigerweise festgehalten. Schnell war vergessen, dass es das erste NFL-Spiel mit zwei Interceptions für den 24-Jährigen war, als Winston beim nächsten Play locker in die Endzone spazierte. Und auch hier war es durchaus ein Mikrokosmos einer bitteren Cowboys-Saison...
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Die Verletzung der Woche: Julian Edelman. "Wenn du jemanden verlierst, der eine wesentliche Rolle in allem spielt, was du machst, könnte es eine Weile dauern, bis das kompensiert wird. Man braucht schließlich großes Vertrauen in all das, was man auf dem Platz macht." Nein, Tom Brady war trotz des dramatischen Sieges über die New York Giants maximal bedingt gut gelaunt.
Die NFL-Regeln erklärt: Fun with Flags
Schon früh im Spiel hatte er mit Julian Edelman seinen absoluten Go-To-Receiver verloren. Der Mann, den er bei Third Down sucht und der Receiver, dem er mehr vertraut als jedem anderen, wird aufgrund eines Knochenbruchs im Fuß wochenlang ausfallen. Beispiel für die Chemie zwischen den beiden gefällig? Brady verwertete am Sonntag fünf von sechs Third Downs, als Edelman noch auf dem Platz stand. Als der nicht mehr dabei war, lautete die Erfolgsquote nur noch zwei von acht.
Nach Running Back Dion Lewis haben die Pats somit in aufeinanderfolgenden Wochen wichtige Bausteine ihrer diesjährigen Offense verloren. Dazu kommen die Verletzungen der Tackle Nate Solder, der in dieser Saison kein Spiel mehr bestreiten wird, und Sebastian Vollmer. Kurzum: Diese Patriots gehen am Stock und an irgendeinem Punkt können selbst Brady und Belichick diesen Aderlass nicht mehr auffangen. Womöglich ist es bereits am Montagabend gegen Rex Ryan und die Buffalo Bills soweit - danach warten die Denver Broncos.
Das Play der Woche: Der Patterson-Return. Ob DeAndre Hopkins' einhändiger Touchdown, Matt Jones' 78-Yard-Touchdown-Run oder Danny Amendolas Beinahe-Punt-Return-TD - Week 10 geizte insgesamt wieder einmal nicht mit Big Plays! Warum also hier Patterson? Minnesotas Return-Man trug nicht nur einen Kick-Off 93 Yards zurück in die Endzone, er hatte damit auch ganz entscheidenden Anteil daran, dass die Vikes in Oakland gewannen und die Führung in der NFC North übernehmen konnten.
Die Raiders hatten gerade zwei Touchdowns hintereinander aufs Parkett gezaubert und aus dem 0:13-Rückstand eine 14:13-Führung gemacht. Doch Pattersons spektakulärer, beinahe früh gescheiterter, Return kurz vor der Halbzeitpause brachte die Vikings wieder in Front, und das Spiel zurück unter Kontrolle. Anschließend erledigte Adrian Peterson den Rest, doch Patterson konnte einmal mehr unterstreichen, warum er nach wie vor ein wichtiger Spieler für dieses Team sein kann.
Der Seitenwechsel der Woche: Johnson Bademosi! Wir kehren nochmal zu dem Pittsburgh-Cleveland-Spiel zurück. Zu Beginn des zweiten Viertels ließen die Steelers einen Punt fallen, es gab den üblichen Berg von Spielern, die sich um das Ei streiten - sowie die genauso üblichen Handzeichen in beide Richtungen um (teilweise aus unmöglichen Winkeln) anzuzeigen, wer denn eigentlich in Ballbesitz ist.
NFL-Offenses unter der Lupe: In der Vielfalt liegt die Kraft
Ob in einem Anflug von ganz besonderer Fairness, oder allgemeiner Verwirrung, ist nicht ganz klar - aber Browns-Defensive-Back Johnson Bademosi war zunächst felsenfest davon überzeugt, dass der Gegner den Ball bekommen sollte. Erst nach einigen Sekunden änderte er doch noch seine Meinung. Die Refs gaben trotzdem Pittsburgh das Ei.
Der Sieg der Woche: Der Bills-Erfolg bei den Jets am Donnerstagabend - zumindest wenn es nach Bills-Boss Rex Ryan geht. Der langjährige, nach der Vorsaison schließlich entlassene, Jets-Coach hatte sich im Vorfeld alle Mühe gegeben, um seine eigene Rolle runter zu spielen und war schon fast besorgniserregend schweigsam.
Nach dem Spiel war davon wenig übrig. "Dieser Sieg ist ziemlich befriedigend, keine Frage", gab Ryan gegenüber den Buffalo News zu und legte dann endlich in bester Rex-Ryan-Manier noch einen drauf: "Wisst ihr was? Jetzt kann ich ja die Wahrheit sagen. Das fühlt sich ein bisschen an, wie wenn man von einer Frau verlassen wird. Du selbst blickst irgendwann nach vorne und dann ruft sie dich eines Tages an. Aber sie kann dich nicht zurück haben." SPOX glaubt: Gesunde Vergangenheitsbewältigung, Rex!
Kurz vor dem Karriereende steht...Peyton, und jeder Football-Fan kann nur hoffen, dass wir das letzte NFL-Spiel von Manning nicht bereits gesehen haben. Es waren kurz zusammengefasst ein unfassbar bitterer Nachmittag, den der 39-Jährige gegen die Chiefs erlebte. Seine 35 Passing-Yards bei 20 Passversuchen reichten zwar, um Brett Favre vom ersten Platz der All-Time-Passing-Yard-Liste zu stoßen. Für viel mehr aber auch nicht.
Nur fünf Pässe brachte er an den Mitspieler, der angeschlagene Manning blieb ohne Touchdown und warf vier Picks. Drei davon gingen auf seine Kappe. Am Ende musste er gar Brock Osweiler Platz machen. Manning belegt über die letzten sechs Spiele jetzt den letzten Platz was das Touchdown-zu-Interception-Verhältnis angeht, bringt insgesamt keine 60 Prozent seiner Pässe an den Mitspieler und steht bei nur 6,8 Yards pro Passversuch.
Jetzt fällt der zukünftige Hall-of-Famer vorerst verletzt ausund niemand weiß genau, wann er zurückkehrt - oder ob. Zunächst einmal wird Backup Osweiler seine Chance bekommen. Sollte der über die kommenden Wochen komplett überzeugen, würde Coach Gary Kubiak dann eine Playoff-Partie aufs Spiel setzen, um dem Altmeister die Chance auf einen besseren Abgang zu gewähren? Schwer vorstellbar...
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