Erst Jonas Reckermann, nun Eric Frenzel: SPOX erwartet bereits Bewerbungen für Olympia 2016. Rodel-Deutschland hofft auf neue Wettbewerbe und eine Ungarin stürzt Österreich ins Tal der Tränen.
SPOX ist Olympiasieger! Wen interessieren da noch irgendwelche Website-des-Jahres-Preise, ab sofort sind wir die Könige der Welt. Okay, wir waren es nicht, die von der Schanze auf 103 Meter geflogen sind und danach im Zielsprint den Japaner Akiro Watabe hinter uns gelassen haben. Aber es dürfte wohl nicht unbemerkt geblieben sein, dass Eric Frenzel seit dieser Saison auf unserer kleinen, netten Seite eine regelmäßige Kolumne über sein Leben on Tour veröffentlichte.
Die logische Konsequenz: 7 Weltcupsiege in diesem Winter. Überlegene Führung im Gesamtweltcup. Klarer Triumph bei der Premiere des Nordic Combined Triple. Und nun eben Olympisches Gold im Einzel. Wahnsinn. Da nehmen wir es ihm auch nicht wirklich übel, dass er uns bei den Danksagungen nach seinem Erfolg offenbar vergessen hat.
"Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, den Traum von Gold wahr gemacht zu haben", sagte Frenzel nach seinem Meisterstück. Der Kombinierer setzte damit die Reihe erfolgreicher Kolumnisten bei Olympia fort. Bereits 2012 gewann Jonas Reckermann, mittlerweile längst im SPOX-Ruhestand angekommen, zusammen mit Julius Brink in London Beachvolleyball-Gold. Kleine Info für alle Sommerathleten: Für 2016 werden noch Bewerbungen angenommen...
Der Tag zum Nachlesen im Ticker
Dass es auch ohne uns geht, bewiesen mal wieder die Rodler. Tobias Wendl und Tobias Arlt demonstrierten im Sanki Sliding Center ihre Ausnahmestellung und hatten am Ende 0,522 Sekunden Vorsprung auf das Linger-Duo aus Österreich (größter Vorsprung aller Zeiten). "Das ist geil, einfach unglaublich", sagte Arlt, während sein Partner Wendl überglücklich anfügte: "Wir haben gezeigt, was wir draufhaben. Das waren zwei blitzsaubere Läufe."
Nach den Siegen von Felix Loch und Natalie Geisenberger könnte man sich den Teamwettbewerb am Donnerstag eigentlich auch schenken. Auf der anderen Seite nehmen wir liebend gerne jede Goldmedaille im Eiskanal mit. Vielleicht lässt sich das IOC ja davon überzeugen, 2018 in Pyeongchang weitere Wettbewerbe ins Programm aufzunehmen. Rodel-Slopestyle oder so...
Für die dritte deutsche Medaille des Tages sorgten Aljona Savchenko und Robin Szolkowy. Das Eiskunstlauf-Paar wollte zwar - wie im SPOX-Interview vor den Spielen angekündigt - ihre Karriere mit Gold krönen. Das Putin'sche Duett Tatiana Volosozhar und Maxim Trankov knackten sie aber trotz ihrer "Nussknacker"-Kür nicht mehr - auch weil Szolkowy bei einem Einzelsprung und Savchenko beim schwierigen Wurfaxel patzten.
Am Ende sicherten sie sich zumindest noch Bronze, die Enttäuschung war trotzdem grenzenlos. "Auch wenn wir Bronze haben, fühlen wir uns wie die extremsten Verlierer", so ein niedergeschlagener Szolkowy.
Noch bedeutend schlechter lief es in der Damen-Abfahrt. "Es war mein großes Ziel, in der Abfahrt eine Medaille zu machen, aber es ist einfach nicht gelaufen", war Maria Höfl-Riesch mit Platz 13 sichtlich bedient. Nach ihrem Olympiasieg in der Super-Kombination lässt sich diese Pleite allerdings ertragen. Das fällt bekanntermaßen nicht allen so leicht (mehr dazu bei der Frau des Tages).
Immerhin bekam Höfl-Riesch hautnah mit, wie Geschichte geschrieben wurde. Zum ersten Mal in der Olympischen Ski-Geschichte gab es mit Tina Maze und Dominique Gisin zwei Goldmedaillengewinnerinnen.
Die Helden der Piste haben jetzt erst mal Pause. Am Donnerstag (6.30 Uhr im LIVE-TICKER) blickt alles auf die ersten Auftritte von Team Canada, der Sbornaja und den US-Boys im Eishockey. Sollte die Welt nicht untergehen, sollte es aus deutscher Sicht Rodel-Gold im Team geben. Und vielleicht sorgen auch die Biathlon-Herren über 20 Kilometer mal für einen kleinen Lichtblick, damit die deutsche Führung im Medaillenspiegel erhalten bleibt.
Die Entscheidungen des Tages:
Wettbewerb | Entscheidung |
Ski alpin/Abfahrt, Frauen | Maze und Gisin teilen sich Gold |
Eiskunstlauf/Paare | Nur Bronze für Savchenko/Szolkowy |
Rodeln/Doppelsitzer | Bayern-Express nicht zu schlagen |
Nord. Kombi/Normalschanze | Frenzel ist erstmals Olympiasieger |
Snowboard/Halfpipe, Frauen | Farrington stellt US-Ehre wieder her |
Eisschnelllauf/1000 m, Männer | Niederlande dominieren weiter |
Was sonst noch wichtig war:
Curling: Drittes Spiel, dritter Krimi, dritte Niederlage. Bei den Auftritten der deutschen Curler ist der eine oder andere Schluck Doppelherz unerlässlich. Auch gegen die Norweger hatten Skip John Jahr und Co. lange Zeit große Chancen auf den ersten Sieg. Vor dem zehnten und letzten End stand es 5:5, man musste sich aber doch noch mit 5:8 geschlagen geben. "Am Ende hat leider wieder dieser Tick gefehlt. Wir müssen es mal schaffen, zwei gleichwertig gute Hälften zu spielen. Hier ist jeder Gegner stark, da bekommt man nichts geschenkt", sagte Bundestrainer Martin Beiser. Weil man am Abend auch noch China mit 7:11 unterlag, war's das eigentlich schon mit dem - sowieso nicht erwarteten - Halbfinaleinzug.
Eishockey: Ski alpin, Rodeln, Eiskunstlauf. Das ist ja alles ganz nett. Aber DAS Highlight der Spiele ist das Eishockey-Turnier, das am Mittwoch seine Pforten öffnete. Zum Auftakt bezwangen die Schweden, bei denen Erik Karlsson einen Doppelpack schnürte, Tschechien mit 4:2. Die Schweiz lieferte sich einen Thriller mit Lettland, den Simon Moser mit dem goldenen Tor acht Sekunden vor der Sirene zugunsten der Eidgenossen entschied (Hier geht's zum Roundup).
Auch bei den Damen war High Noon angesagt: Es kam zum ersten Clash zwischen Team Canada und den USA. Die großen Favoriten lieferten sich ein erbittertes Duell - mit dem besseren Ende für die Ahornblätter. Durch das 3:2 beendete der Olympiasieger von 2010 die Gruppenphase auf Platz eins. Wenn alles nach Plan läuft, dürften sich beide Teams im Finale wiedersehen.
Skeleton: Die deutschen Sekeletonis nehmen sich offenbar ein Beispiel an ihren Rodel-Kollegen. Beim Abschlusstraining belegte Alexander Kröckel Platz zwei und drei, Sophia Griebel entschied den letzten Testlauf bei den Damen sogar für sich - allerdings ließen die meisten Topfavoritinnen die Durchgänge am Mittwoch aus. Trotzdem lässt das durchaus auf eine Medaille hoffen.
Mann des Tages: Stefan Groothuis
gettyWas dem Deutschen das Rodeln, ist dem Niederländer der Eisschnelllauf. Über die 1000 Meter holten unsere fliegenden Freunde durch Stefan Groothuis das vierte Gold im fünften Wettbewerb. Insgesamt sicherten sich die Holländer damit 10 der bislang 15 vergebenen Medaillen auf dem Eis. Was für eine Dominanz!Das alleine macht Groothuis aber noch nicht zum Mann des Tages. Es die Geschichte hinter dem Olympiasieger, die ihn so besonders macht. Der 32-Jährige hat seit einigen Jahren mit Depressionen zu kämpfen. 2011 dachte er sogar über einen Selbstmord nach. "Ich war sehr nahe dran, so schockierend sich das anhören mag. Mein Kopf war kurz vor dem Explodieren. Also habe ich mich gefragt: Warum nicht einfach den Stecker ziehen?"
Man muss wohl seinem Psychiater danken, dass er einen Ausweg gefunden hat. Ansonsten wäre am 12. Februar 2014 wohl ein anderer Sportler ganz oben auf dem Podest gestanden.
Frau des Tages: Edit Miklos
getty"Selbst Ungarin bei Abfahrt schneller als ÖSV-Damen!" So titelte die "Krone", die größte Tageszeitung Österreichs, auf ihrer Homepage. Da wird man doch ganz schnell hellhörig, immerhin ist Ungarn nicht gerade als Wintersportnation bekannt. Das beweist auch ein kleiner Blick auf den ewigen Medaillenspiegel: Platz 33 (2x Silber, 4x Bronze) steht da geschrieben, und damit nur knapp vor Nordkorea und Neuseeland.Aber vielleicht ändert sich das bald. Was Edit Miklos bei der Olympia-Abfahrt ablieferte, war schon ziemlich beeindruckend. Und das Beste daran: Die 25-Jährige war mit dem größten Erfolg ihrer Karriere immer noch nicht zufrieden, nachdem sie bereits die Super-Kombination auf einem respektablen 16. Rang beendet hatte. "Jetzt habe ich gezeigt, dass das nicht nur heiße Luft war. Aber lieber wäre mir eine Medaille gewesen", so Miklos, die sofort hinzufügte: "Ich glaube, das war der Beginn meiner echten Karriere."
Übrigens: SPOX wollte damit natürlich nicht unsere rot-weiß-roten Nachbarn durch den Kakao ziehen. Erstens können das die Kollegen in Österreich schon ganz gut selber. Und zweitens war Miklos mit Platz sieben ja auch besser als Maria Höfl-Riesch (13) und Viktoria Rebensburg (15).
Sprüche des Tages:
"Er ist so eine coole Sau. Der Druck war enorm. Eric ist der Beste - als Zweiter wäre er schon der Verlierer gewesen." (Besser als Bundestrainer Hermann Weinbuch kann man Frenzels Olympiasieg eigentlich nicht beschreiben)
"Wenn von uns eine gewinnt, erklingt nicht die Bayern-Hymne oder das Rennsteig-Lied. Wir starten hier alle gemeinsam für Deutschland." (Rodel-Verbandspräsident Andreas Trautvetter zum Zoff im deutschen Team)
"Es war, als würde man ein Tier in einer Falle stecken sehen. Man kann nicht zuschauen und nichts unternehmen." (Kanadas Trainer Justin Wadsworth über seine Entscheidung, dem russischen Langläufer Anton Gafarow im Sprint-Halbfinale mit Reserve-Ski auszuhelfen)
"Ich habe mich gleich gefragt, wie die das bei der Siegerehrung machen, ob die jetzt zwei Hymnen spielen - oder beide zusammenmixen." (Viktoria Rebensburg nach der Olympia-Abfahrt über die Siegerinnen Dominique Gisin und Tina Maze)
"Unser Spiel ist um 9 Uhr am Morgen und Jahr ist ziemlich alt. Ein alter Mann am Morgen? Leicht!" (Ob die deutsche Niederlage gegen Thomas Ulsrud und die norwegischen Curler wirklich am Alter von Skip John Jahr (48) lag?)
"Wir gleiten glatt und geschmeidig, die Deutschen gleiten hässlich - aber sie sind schnell." (Die deutsche Rodel-Dominanz hat bei Tatjana Iwanow Spuren hinterlassen)
"Meiner Meinung nach ist es immer ein Vorteil, wenn man den besten Spieler in seinen Reihen hat. Und zum jetzigen Zeitpunkt ist Sidney der Beste." (Eishockey-Legende Wayne Gretzky über seinen legitimen Nachfolger Sidney Crosby)
"Carina Vogt, du coole Socke." (Felix Neureuther. Auch so eine coole Socke)
"Die anderen Nationen haben Muffensausen vor uns." (An Selbstvertrauen mangelt es Bobpilot Thomas Florschütz schon mal nicht)
Zahlen des Tages:
3 Jahre Haft in einer Strafkolonie! So lautet das Urteil für den Aktivisten Jewgeni Witischko, der die Umweltzerstörungen in Sotschi durch die Olympischen Spiele anprangerte.
4 Stunden mehr Freizeit gibt es für Russlands Soldaten im südlichen Militärbezirk während Olympia, damit die Bodentruppen die Wettkämpfe besser verfolgen können.
7 Mal in der Olympia-Geschichte gab es vor der Damen-Abfahrt am Mittwoch sogenannte "Ex-aequo"-Siege. Der Experte ist der Eisschnellläufer Yevgeny Grishin aus der früheren UdSSR, der in seiner Karriere gleich zweimal an Doppel-Gold beteiligt war.
8 Medaillen hat Deutschland nach fünf Tagen in Sotschi auf dem Konto und führt damit den Medaillenspiegel - den sechs Goldmedaillen sei Dank.
13. wurde Maria Höfl-Riesch in der Abfahrt. So schlecht war die Deutsche bei Olympia noch nie.
30 Mal standen deutscher Rodler in der Olympia-Geschichte ganz oben. Der Jubiläumssieg ging auf die Kappe von Tobias Wendl und Tobias Arlt. Und Nummer 31 folgt vermutlich am Donnerstag.
2010 kam der Rodler Nodar Kumaritaschwili in Vancouver nach einem schweren Trainingssturz ums Leben. Am Mittwoch legte das IOC und der Rodel-Weltverband FIL gemeinsam Blumen an der Bahn in Whistler nieder.
410.000 Besucher lockte das Olympische Kulturprogramm samt russischer Folklore, Rock-Konzerten und Ballett-Vorführungen bislang an.
Name des Tages: Tommi Pulli
Journalisten, die sich auf der Hotelterrasse einen Kaffee (was auch sonst) genehmigen. Sportler, die sich im Liegestuhl bräunen lassen. Irgendetwas läuft da bei diesen WINTERspielen in Sotschi ziemlich falsch. Am Mittwoch hatte es sonnige 10 Grad an der Schwarzmeerküste.
Vielleicht kam Tommi Pulli über 1000 Meter auch deswegen nicht wirklich zurecht. Der finnische Eisschnellläufer ist schließlich kältere Temperaturen gewohnt und wird wohl einige Namensvettern im Kleiderschrank hängen haben.
Auf der anderen Seite findet in seiner Heimatstadt Seinäjoki jedes Jahr ein Tangofestival statt. Das wiederum würde ja zum derzeitigen Olympischen Wetter eigentlich passen. Seinen enttäuschenden 37. Platz (von 40 Teilnehmern) muss er sich also doch selber ankreiden lassen.