Maxi Kleber hatte eigentlich einen Sommer mit Summer League und der Heim-EM vor sich - bevor eine Verletzung alles zunichtemachte. Dennoch geht der Blick nach vorne. SPOX sprach mit dem Nationalspieler über seinen Wechsel zu Bayern München, die Herausforderung Turkish Airlines Euroleague, das große Ziel NBA und ein unglaubliches Spiel in Spanien.
SPOX: Maxi, die erste Frage ergibt sich nach der Verletzung von selbst. Wie geht es Ihnen?
Maxi Kleber: So langsam komme ich etwas besser mit der Situation klar. Natürlich war die Verletzung ein riesiger Schock, das ist ja keine Frage. Die Operation ist aber gut verlaufen, der Fuß ist wieder abgeschwollen und die Schmerzen sind weg. Jetzt beginnt langsam die Reha.
SPOX: Wie haben Sie den Schock denn verarbeitet?
Kleber: Am Anfang war die Enttäuschung natürlich riesig. Der Zeitpunkt war denkbar schlecht - ich wollte in diesem Sommer Summer League spielen und hatte natürlich auch die EM im Visier. Ich bin immer noch sehr traurig, aber mittlerweile ist mir klar geworden: So etwas passiert eben, man kann sich nicht vollends davor schützen und es im Nachhinein auch nicht ändern. Ich muss jetzt damit umgehen. Deswegen werde ich alle Kräfte in die Reha investieren, um so schnell wie möglich wieder auf dem Feld zu stehen. Der Blick muss nach vorne gehen.
Bayern mit Kleber und Renfroe: Herausforderung angenommen
SPOX: Wie kam es denn eigentlich zu der Verletzung? Hatten Sie schon vorher Probleme mit dem Fuß?
Kleber: Der Fuß hatte vorher keine Probleme gemacht. Es war eine falsche Bewegung im Training, die dazu geführt hat. Der Fuß musste jetzt operiert werden, damit für den Rest meiner Karriere keine Gefahr besteht. Das wäre normalerweise im Sommer gar nicht so tragisch, ich werde mich auch komplett davon erholen. Nur ist es in diesem Sommer natürlich extrem ungünstig.
Tibor Pleiß im Interview: "Kleber wird mir in die NBA folgen"
SPOX: Eigentlich wollten sie ja in der Summer League für die Miami Heat auflaufen...
Kleber: Genau. Es gab schon länger Kontakt, insgesamt hatten mich mehr als 10 NBA-Teams zur Summer League eingeladen. Wir haben uns letztendlich für die Heat entschieden, weil sie einfach eine sehr gute Organisation sind und weil sie Bedarf bei den Großen hatten. Außerdem waren sie kompromissbereit: Ich hatte ja andere Verpflichtungen mit der Nationalmannschaft und mit Bundestrainer Chris Fleming abgesprochen, dass ich nur an der Orlando Summer League teilnehme, um danach noch genügend Ruhezeit vor der EM-Vorbereitung zu haben.
SPOX: Nun ist das Ganze leider geplatzt. Das große Interesse spricht aber dafür, dass es nicht die letzte Chance war, richtig? Versuchen Sie es im nächsten Sommer noch einmal?
Kleber: So weit denke ich jetzt noch nicht, weil für mich erstmal die Reha und dann die kommende Saison beim FC Bayern Basketball mit all ihren Herausforderungen anstehen. Ich will vor allem gesund werden. Aber klar: Das Interesse war groß und ist jetzt sicher nicht wegen einer Verletzung verflogen. Die Teams beobachten mich weiter. Von daher: Wenn die Chance besteht, werde ich dort sicher noch irgendwann vorspielen.
SPOX: Der "europäische Draft-Guru" Marin Sedlacek bestätigte kürzlich bei SPOX, dass sie seit langem beobachtet werden und bescheinigte ihnen großes Potenzial, auch in Richtung NBA.
Kleber: Ja, das Interview habe ich gelesen, und den Part natürlich ziemlich gerne. (lacht)
SPOX: Wie fühlt es sich an, diese Einschätzung von einem so renommierten Talentscout zu hören?
Kleber: So etwas gibt dir Selbstbewusstsein und gerade in der aktuellen Situation auch ein wenig Kraft, dich eben nicht aus dem Tritt bringen zu lassen. Wenn man weiß, dass die Leute das Potenzial sehen und viel von einem halten, erleichtert das auch die viele Arbeit, die dahintersteckt.
SPOX: Die NBA ist derzeit allerdings vom Tisch, da Sie kürzlich bei Bayern München unterschrieben haben. Wie kam es zu dem Wechsel? Marko Pesic sagte selbst, die Bayern hätten bei der Verpflichtung "etwas Glück gehabt", da es so viele andere Interessenten gab.
Kleber: Das stimmt, es gab ziemlich viele Angebote. Bei Bayern stimmt aber einfach das Gesamtpaket. Ich kann auf höchstem Niveau Basketball spielen, da wir in der Euroleague dabei sind - dort habe ich ja noch nie gespielt. Mit Svetislav Pesic haben wir einen der erfahrensten und besten Coaches in ganz Europa. Ich denke, dass ich in München viel lernen und viel spielen kann, um den nächsten Schritt zu machen.
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SPOX: Was erhoffen Sie sich von ihm?
Kleber: Er ist so unglaublich erfahren und kennt das Spiel so gut, dass er mir mit Sicherheit in allen Bereichen des Spiels weiterhelfen kann. Er hat ja schon dem einen oder anderen Spieler dabei geholfen, es in die NBA zu schaffen. Es wäre natürlich schön, wenn das bei mir irgendwann auch klappen würde. Aber mal abwarten. (lacht)
SPOX: Haben Sie mit ihm schon über Ihre Rolle in der kommenden Saison gesprochen?
Kleber: Wir haben uns schon ein paarmal unterhalten, um meine direkte Rolle ging es dabei aber noch nicht. Man kann ja ohnehin nicht im Voraus fix Minuten verteilen, das wäre auch unprofessionell. Ich will mir aber durch harte Arbeit und gute Leistungen im Training eine große Rolle erspielen. Das ist auch mein Anspruch.
SPOX: Die Euroleague haben Sie ja bereits angesprochen - Bayern bekam kürzlich die Wildcard. Hat dies letztendlich den Ausschlag für Sie gegeben?
Kleber: Auf jeden Fall. Ich wollte unbedingt in die Euroleague, das ist die beste Plattform in ganz Europa und wie gesagt auch Neuland für mich. Wenn man sich hier bestmöglich weiterentwickeln will, muss man einfach dort spielen. Das war ein ganz wichtiger Punkt pro Bayern.
SPOX: Die Vorrundengruppe ist ja mittlerweile raus: Unter anderem gibt es ein Wiedersehen mit Real. Die kennen Sie nach der Saison in Spanien ja recht gut - waren sie in der abgelaufenen Saison wirklich unschlagbar?
Kleber: Das ist schon ein brutal starkes Team. Sie haben vier Titel in der Saison geholt, das hat es in Spanien noch nie gegeben. Als wir mit Obradoiro gegen sie gespielt haben, haben mich ihr physisches Spiel und auch ihre mentale Stärke wirklich beeindruckt. Unschlagbar ist Real meiner Meinung nach nicht, aber da muss schon alles passen. Die Gruppe ist generell sehr gut, jedes Spiel wird ein Highlight. Für uns ist da trotzdem alles möglich, denke ich.
Seite 1: Kleber über Bayern und seine Verletzung
Seite 2: Kleber über Kritik und sein Jahr in Spanien
SPOX: Bayern verpasste letztes Jahr das Top 16, hat nun mit Alex Renfroe und natürlich Ihnen aber wieder gut nachgelegt. Vor allem der Renfroe-Wechsel wurde in Deutschland mal wieder sehr negativ beäugt, Stichwort "Buyern". Wie nimmt man diese Kritik eigentlich als Spieler wahr?
Kleber: Man bekommt es natürlich mit. Es muss mir aber eigentlich egal sein. Die Leute, die mich und den Verein da kritisieren oder über uns urteilen, kennen ja kaum den ganzen Prozess, die Hintergründe und so weiter, sondern nur die Entscheidung. Deswegen kann man es Ihnen vielleicht nicht verübeln, wenn solche Sichtweisen manchmal entstehen, die ich nicht teile. Aber es ist meine Karriere und mein Leben und ich würde mich freuen, wenn ich eine breite Unterstützung erhalten würde, meinen Weg zu gehen. Das Wichtigste ist am Ende, dass ich selbst mit der Entscheidung zufrieden bin und mich fortentwickle.
SPOX: In den Medien wurde bereits Wochen vorher berichtet, dass Sie zu Bayern wechseln würden. Allerdings wurde teilweise auch von Einigungen mit anderen Teams berichtet - gerade die spanischen Medien sind ja berühmt dafür, Wechsel vorschnell als fix zu vermelden. Verfolgen Sie überhaupt noch, was in den Medien so über Sie geschrieben wird?
Kleber: Ach, man gewöhnt sich dran. Ich habe ehrlich gesagt den Überblick verloren, wo ich angeblich schon überall unterschrieben habe. (lacht) Ich habe mit der Zeit gelernt, das abzublocken und mich auf mich selbst zu konzentrieren. Alles andere regeln am Ende sowieso meine Agenten. Teilweise ist es aber wirklich witzig.
SPOX: Der Hauptgrund für die vielen Gerüchte war sicherlich Ihr starkes Jahr bei Obradoiro. Wie fällt Ihr Fazit nach einer Saison in der Liga ACB aus?
Kleber: Auch wenn wir die Playoffs verpasst haben, fällt das Fazit insgesamt sehr positiv aus. Es war der absolut richtige Schritt für mich. Ich habe dort wahnsinnig viel gelernt, deswegen bereue ich nichts. Ich hatte hier ja immer ein Spiel pro Woche, in der besten Liga Europas mit der bestmöglichen Konkurrenz. Und unter der Woche hatte ich trotzdem relativ viel Zeit.
SPOX: Wie haben Sie diese Zeit genutzt?
Kleber: Ich habe viel an mir gearbeitet, an meinem Spiel und am Körper. Ein großer Fokus lag beispielsweise auf dem Ballhandling, wir haben aber im Individualtraining auch taktische Sachen geübt, wie zum Beispiel die Fußarbeit oder das Post-Up-Game. Trotzdem blieb auch Zeit, mich zu pflegen. Das war eine sehr gute Balance aus Arbeit und Erholung.
SPOX: Es hat offensichtlich funktioniert. Insgesamt gehörten sie mit 11,5 Punkten (Platz 20) und 6,5 Rebounds (7) pro Spiel in beiden Kategorien zu den produktivsten Spielern der Liga. Hätten Sie vor der Saison damit gerechnet, direkt so in der Liga ACB einzuschlagen?
Kleber: Über irgendwelche Statistiken habe ich vor der Saison nicht groß nachgedacht. Mein Ziel war es einfach zu zeigen, dass ich Basketball spielen und einem Team helfen kann. Ich hätte aber nicht damit gerechnet, dass die Zahlen am Ende so gut ausfallen würden.
SPOX: Wenn man schon von Zahlen spricht: Was war am 21. März los?
Kleber: Das Spiel gegen Fuenlabrada?
SPOX: Richtig. War es das beste Spiel Ihrer Karriere?
Kleber: Auf jeden Fall. Es war ein knappes Spiel, in dem ich einen echten Sahnetag erwischt hatte. Am Ende hatte ich mit 36 Punkten, 15 Freiwürfen und einem Effektivitätswert von 45 drei Saisonrekorde in der ACB aufgestellt, Milestones, die Basis für künftige Vergleiche in der ACB sein werden. Das war ein absolutes Highlight, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird und etwas, das mir auch keiner mehr nehmen kann.
SPOX: Was war denn an diesem Tag anders als sonst? Waren Sie einfach "in the zone"?
Kleber: Die Vorbereitung war eigentlich ganz normal. Ich habe da meine Routine: Wie ich mich aufwärme, wieviel ich werfe und so weiter. Ins Spiel bin ich dann auch rein wie in jedes andere. Und dann habe ich direkt zu Beginn einige Aktionen gehabt, die alle erfolgreich waren, teilweise auch richtig schwierige Dinger. Dieses Selbstvertrauen hat mir dann auch in der Schlussphase geholfen, als das Spiel eng war. Irgendwann wurde der Korb einfach immer größer. (lacht)