SPOX: Herr Djedovic, obwohl Sie erst 25 Jahre alt sind, gibt es kaum jemanden in der BBL, der so viel erlebt hat wie Sie. Sie sind seit 9 Jahren Profi und spielten für 8 Vereine in 5 Ländern. Wie haben Sie die Anfänge in Erinnerung?
Nihad Djedovic: Wenn ich die Nachwuchsspieler bei den Bayern sehe, muss ich sagen, dass es sich nicht vergleichen lässt. Ich trainierte bereits mit 15 bei der ersten Mannschaft meines Heimatvereins KK Bosna Sarajevo, spielte mit 16 die erste Profisaison, unterschrieb beim FC Barcelona einen 4+2-Jahresvertrag, ging mit 17 nach Spanien und musste mich dort an alles neu gewöhnen. Ich weiß aber noch, wie überzeugt ich davon war, dass Barcelona die richtige Wahl ist. Ich war damals der beste junge Spieler von Bosnien-Herzegowina und soweit ich weiß hat niemand nach mir so jung ein Angebot von so einem großen Klub bekommen. Wenn Barcelona ruft, muss man dem Ruf folgen. So etwas passiert nur einmal im Leben.
SPOX: Bei den Bayern durften sich in der Vorbereitung mit dem 20-jährigen Daniel Mayr, dem 18-jährigen Karim Jallow oder dem 17-jährigen Richard Freudenberg mehrere Talente bewähren. Nun hoffen Sie auf steigende Spielzeiten in der BBL. Warum lässt sich deren Karriere nicht mit der von Ihnen vergleichen?
Djedovic: Bitte nicht falsch verstehen: Sie sind auf einem sehr guten Weg und sie verfügen über Talent, nicht zufällig spielen sie bei den Bayern. Allerdings hatte ich das Glück, dass ich mit 16 schon in der Adriatic League eingesetzt wurde und seitdem ein Leben führe, das komplett auf den Basketball als Beruf ausgerichtet ist. In Deutschland durchschreiten die Nachwuchsspieler deutlich später den Prozess, vielleicht mit 19, 20 Jahren, wenn Sie das Abitur gemacht haben. Einerseits ist es gut und richtig. Andererseits verlieren Nachwuchsspieler so Zeit. Die schwierigste Phase eines Basketballers ist die Transformation zum Profi. Egal, wie begnadet man ist - man merkt ab einem gewissen Punkt, dass Talent nichts mehr bringt und man nur durch viel Fleiß und Trainingszeit den Sprung zum Senior schafft. Dieser Umdenkprozess ist physisch und mental extrem anspruchsvoll. Deswegen bin ich froh, dass ich schon mit 16 diesen Schritt gegangen bin.
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SPOX: Reden Sie sich die Vergangenheit womöglich etwas schöner, als Sie tatsächlich war? Immerhin mussten Sie als Teenager in ein anderes Land ziehen, ohne dort die Sprache zu beherrschen oder Freunde zu kennen. Und am Ende ist Ihnen der Durchbruch bei Barca nicht gelungen.
Djedovic: Die Anfangszeit in Barcelona war knüppelhart. Ich hätte mir damals auch hier und da gewünscht, in der Nähe der Heimat oder zumindest im gleichen Land zu bleiben, damit man die Sprache und die Kultur versteht. Für einen jungen Spieler ist es definitiv einfacher, in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Und für einige ist es genau das richtige. Aber: Im Nachhinein weiß ich, dass für mich der Umzug nach Barcelona wichtig war. Mich hat dieser Überlebenskampf in der Fremde stärker und widerstandsfähiger gemacht. Ich musste bei Barcelona, wo die besten Talente der Welt versammelt waren, um jede Position in der Hierarchie kämpfen und mir wurde nie etwas geschenkt. Deswegen kam automatisch sehr schnell der Punkt, an dem ich wusste: So talentiert bin ich gar nicht. Es gibt so viele andere tolle Nachwuchsspieler, dass ich früh verstanden habe, dass ich mich nur mit harter Arbeit absetzen kann. Seitdem glaube ich an ein Motto: Wer viel arbeitet, bekommt viel zurück.
SPOX: Was stand beim FC Barcelona der Beförderung in den Profi-Kader im Wege?
Djedovic: Barcelona ist bis heute ein Topklub, doch damals bewegten sie sich auf einem noch höheren Level. Als ich 2007 kam, standen mit Gianluca Basile, Jaka Lakovic, Alex Acker und Pepe Sanchez gleich vier europäische Basketball-Stars unter Vertrag, die alle als Shooting Guard eingesetzt werden konnten. 2008 kehrte zudem noch Juan Carlos Navarro aus der NBA zurück. Und so ging es immer weiter. Ich konnte mich so sehr aufdrängen, wie ich wollte. Wenn du aus dem Nachwuchs kommst, ist es schwierig, im eigenen Klub befördert zu werden. Es fehlt das Standing. Deswegen bin ich noch ein bisschen traurig darüber, dass ich nie eine echte Chance erhielt. Gleichzeitig bin ich für die Zeit unglaublich dankbar. Ich wurde dort zu einem echten Mann - und mit einem tollen Namen wie Barcelona in der Vita wird es einfacher, danach zu Topklubs zu wechseln: Lottomatica Rom, Galatasaray Istanbul, Alba Berlin und jetzt natürlich Bayern. Das alles wäre ohne den Schritt vor neun Jahren vielleicht nicht denkbar gewesen.