Flops
Die Quali-Revolution
Mercedes' Aufsichtsratsboss Niki Lauda sprach bei RTL von einem "Griff ins Klo" und dem "größten Fehler, den wir je gemacht haben". Toto Wolff nannte es einen "ziemlichen Müll". Und Red-Bull-Teamchef Christian Horner wollte sich "bei den Fans entschuldigen".
Der Grund für den ganzen Unmut: das neue Quali-Format, das die Formel-1-Verantwortlichen zur 2016er-Saison einführten. Im Stile eines Shootouts schied nach einer Einrollphase alle 90 Sekunden ein Fahrer aus dem Pole-Wettbewerb aus. Damit sollte erreicht werden, dass jeder Pilot quasi zu jedem Zeitpunkt auf der Strecke sein muss. Außerdem sollte der Zufallsmoment etwas größer sein und die Mercedes-Dominanz gebrochen werden.
So die Theorie. In der Praxis sah es dann schon beim Auftakt in Australien anders aus: Die Favoriten setzten sich wie üblich durch. Am Ende von Q3 sparten Ferrari und Co. lieber Reifen, als Mercedes nochmal wirklich anzugreifen. Langeweile statt Überraschung. Stillstand statt Action. Die Farce war perfekt.
Obwohl sich die Teamchefs noch in Melbourne auf die sofortige Abschaffung des neuen Modus einigten, gab die Formel-1-Kommission der Revolution eine zweite Chance. In Bahrain kam erneut das Shootout zum Einsatz - wieder ohne den erwünschten Erfolg. Also hatten Kommission und der Motorsport-Weltrat Erbarmen. Zum China-GP kehrten sie zum altbekannten System zurück.
Abschied zweier alter Hasen
Zugegebenermaßen ist der Abschied von Felipe Massa und Jenson Button nach der Saison kein klassischer Flop. Doch für alle Sentimentalisten (und wer ist das nicht?) ist eine Formel 1 ohne den sympathischen Brasilianer und Sunnyboy Button eigentlich kaum vorstellbar.
Seit 2002 bzw. seit 2000 sind die beiden in der Königsklasse aktiv. Zusammen haben sie exakt 555 Grands Prix auf dem Buckel und 26 Siege und 24 Pole Positions eingefahren. Button wurde 2009 Weltmeister, Massa hatte in einem dramatischen Finale ein Jahr zuvor den Titel für 30 Sekunden in den Händen.
Nun, nach dem Rennen in Abu Dhabi, wird das alles endgültig Geschichte sein. Massa gab seinen Rücktritt auf einer emotionalen Pressekonferenz im Rahmen des Großen Preises von Italien Anfang September bekannt. Zwei Tage später verkündete McLaren, dass Stoffel Vandoorne 2017 das Button-Cockpit übernehmen wird.
Zwar sprach der Engländer lediglich von einem "Sabbatical" - also einem Jahr Auszeit, in dem er nur als Ersatzfahrer für den Traditionsrennstall tätig ist - und von einer Rückkehr 2018. Doch ob McLaren dem dann 38-Jährigen wirklich einen Stammplatz gibt? Irgendwie schwer vorstellbar.
Unklare Streckenbegrenzungen
Hamilton verbremst sich bei der Anfahrt auf die erste Kurve, fährt diagonal über die Wiese und kürzt so die Schikane ab. Einige Runden später tut es ihm Verstappen bei einem Verteidigungsmanöver gegen Vettel gleich. Während der Weltmeister ungeschoren davon kommt, erhält der Red-Bull-Youngster eine 5-Sekunden-Strafe.
Die Bilder des vergangenen Mexiko-GPs sind wohl noch allen klar vor Augen. Genau wie die anschließenden Diskussionen: Warum wird Verstappen sanktioniert und Hamilton für ein vermeintlich gleiches Vergehen nicht? Charlie Whiting nahm daraufhin bei der offiziellen Fahrer-PK vor dem Brasilien- Wochenende teil, um die Entscheidung der Rennstewards zu erklären.
Wirklich überzeugend war das nicht. Zu unklar sind die Regeln bezüglich des Verlassens der Strecke. Und das nicht zum ersten Mal: In Ungarn beispielsweise war es in einigen Kurven erlaubt, die Strecke zu verlassen, in anderen wiederum nicht. Einheitlichkeit sieht anders aus.
Warum es diese Debatte überhaupt gibt? Weil die Streckenbegrenzungen vielerorts nicht eindeutig definiert sind. Mit immer mehr asphaltierten Auslaufzonen sind die Fahrer geneigt, bewusst von der Strecke abzukommen, um einen besseren Kurvenradius fahren zu können. Dass das kein hinnehmbarer Zustand ist, da sind sich immer mehr Leute einig.
"Ich bin ein Fan von Kies. Weil er dich bestraft, auch wenn du nicht stecken bleibst. Das klaut dir den Vorteil, den dir das Abkürzen oder die schnellere Linie vielleicht bringt", meint Ricciardo.
Ferrari
"Wir wollen bis zum Ende um die WM kämpfen", posaunte Ferraris Teamchef Maurizio Arrivabene vor Saisonbeginn. Und Sebastian Vettel sagte im März selbstbewusst: "Das neue Auto ist viel schneller. Ich denke, das ist ein Schritt nach vorne in jeglicher Hinsicht."
Was vom deutsch-italienischen Optimismus geblieben ist? Praktisch nichts. Statt wie im Vorjahr um Siege mitzufahren und Mercedes ernsthaft herauszufordern, liegt Ferrari nur auf Platz drei der Konstrukteurswertung. 71 Punkte hinter Red Bull, 397 hinter Mercedes. Dass die Scuderia 2017 ein ernsthaftes Wort um den Titel mitreden kann, bezweifeln immer mehr Experten.
Während zu Saisonbeginn immerhin Podestplätze zum roten Standard gehörten, geht seit Mitte des Jahres kaum noch etwas. Mal fehlte schlicht der Speed, mal bekamen Vettel und Kimi Räikkönen ihre Reifen nicht ins Arbeitsfenster. Und wenn es doch mal gut lief, patzten die Strategen am Kommandostand.
Mit den schlechten Ergebnissen wuchs der Frust, intern soll es kriseln. Technikchef James Allison verließ Ferrari im Sommer nach drei Jahren - offiziell aus privaten Gründen, in den Medien wurde jedoch auch über Meinungsverschiedenheiten berichtet. Auch Vettel und Arrivabene wird mittlerweile ein angespanntes Verhältnis nachgesagt. Dass der Heppenheimer alles andere als zufrieden ist, zeigen seine zahlreichen Flüche am Boxenfunk, über Fahrerkollegen, fehlende blaue Flaggen oder Rennleiter Charlie Whiting.
Die Formel-1-Saison 2016 im Überblick