Die lange herausgezögerte Wahl Buttons als zweitem Fahrer ist eine Absicherung für das Team. Der 35-jährige Engländer liefert den Ingenieuren so viel Feedback wie kein anderer Pilot. Was sich für viele Zuschauer vor dem Fernseher wie wehleidiges Meckern über die Schwächen des Autos anhört, ist die präzise Analyse eines langjährigen Test- und Einsatzfahrers, der seine Karriere mit dem WM-Titel 2009 krönte.
Button muss nichts mehr beweisen. Er ist glücklich, weiter bei einem Top-Team zu fahren. Blockade in der Box? Behinderung auf der Strecke? Ein offen ausgetragener Kleinkrieg wie zwischen Alonso und dem damaligen Debütanten Lewis Hamilton beim ersten Aufenthalt des Spaniers im englischen Team scheint ausgeschlossen.
Button und Alonso ziehen mit ihrer gemeinsamen Erfahrung von stolzen 68 Lebensjahren, genau 500-Grand-Prix-Starts, 2.965 WM-Punkten und drei Fahrertiteln bedingungslos an einem Strang. "Ich bin zuversichtlich, dass unsere gemeinsame Erfahrung auf der Strecke sich auszahlen wird, um das Team wieder zurück in die erste Reihe der Startaufstellung zu bekommen", sagt Button.
Honda offenbart Probleme
Arbeit gibt es genug. Honda offenbarte während der Testfahrten immense Probleme beim Hybrid-Antrieb. In Jerez passte die Elektronik nicht, die Fehlkonstruktion einer Dichtung verhinderte in Barcelona zunächst längere Ausfahrten. Nach 23 Jahren müssen bei der Zusammenarbeit erst wieder alle Zahnrädchen ineinander greifen. Das System muss sich noch unter Volllast beweisen.
Es gibt aber positive Ansätze: McLaren hat seine Konstruktionsweise grundlegend umgestellt. Spätestens seit Adrian Newey 1997 von Williams abgeworben wurde, gab es ein durchgehendes Grundschema: Maximiere den Abtrieb, setze revolutionäre Neuentwicklungen ein und gewinne damit Weltmeisterschaften.
Drei Fahrertitel belohnten das Team für das Risiko, doch spätestens nach dem Verbot des F-Schachts, der einen Strömungsabriss am Heck bewirkte und damit die Endgeschwindigkeit erhöhte, floppten die Innovationen regelmäßig. Das letzte Beispiel sind die sogenannten Blocker an der Hinterachse: 2014 sollten die aerodynamisch optimierten Streben der Hinterradaufhängung das von den Regelhütern abgeschaffte untere Heckflügelelement ersetzen.
Umdenken bei den Designern
Signifikante Vorteile? Fehlanzeige. Beim MP4-30 fehlen die Teile. Der Grund dafür ist das Umdenken im Team: Statt einer bockigen Diva will McLaren seinen Fahrern ein grundsolides, unkompliziertes Auto geben. Das Ziel ist nicht mehr der maximale Abtrieb, sondern ein verlässliches, berechenbares Verhalten in Kurvenfahrten. Dafür wurde auf Spielereien zunächst verzichtet, auch um die finale Integration des Honda-Antriebs zu vereinfachen.
"Rennfahren ist eine Vertrauenssache. Wenn man ein Gefühl dafür hat, wie weit man gehen, wie spät man bremsen und wann man einlenken kann, dann kann man das einordnen und sich den Gegebenheiten anpassen", erklärte Sebastian Vettel bei Auto Motor und Sport das Problem. Aus jeder Unsicherheit resultiert ein Zeitverlust.
Honda fordert schnelle Siege
McLaren kann sich den nicht leisten. Honda fordert schon in der ersten Saison Siege und treibt im Hintergrund die Entwicklung der Antriebseinheit voran, um spätestens 2016 Branchenprimus Mercedes anzugreifen. Der MP4-30 bietet genug Raum für Verbesserungen, sobald die Antriebseinheit zuverlässig läuft.
Das schlankeste Heck im Feld und die enganliegende Motorabdeckung sprechen für eine riskante Anordnung der Kühlung, die dafür aber eine effizientere Aerodynamik zulässt - nutzen kann das Team es nicht. "Bis der Antrieb nicht funktioniert, können wir auch das Auto nicht weiterentwickeln", gab Boullier gegenüber Autosport zu.
Das Problem: In den Freien Trainings kann sein Rennstall die fehlenden Kilometer nicht kompensieren. 2015 sind nur noch vier Antriebseinheiten pro Auto in der gesamten Saison erlaubt. "Sie sind ein Gewinner-Team, ihr Misserfolg der letzten Jahre entspricht überhaupt nicht ihrem Leistungsniveau", macht Coulthard Mut.
Für Alonso dürften solche Aussagen Balsam sein. "Es gibt noch eine unerledigte Aufgabe. Ich möchte eine WM gewinnen und die 1 zurück aufs Auto holen", sagte der Spanier schon bei seiner Vorstellung. Dass Red Bull vor der Saison 2014 noch weniger Kilometer abspulte als sein neues, altes Team und trotzdem drei Rennen gewann, dürfte ihm weitere Hoffnung machen. Doch ist sie berechtigt? Die Vorzeichen deuten auf einen Seuchenstart hin.
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Der Formel-1-Kalender 2015 im Überblick