Sportlich über alle Zweifel erhaben, aber…

Lucien Favre könnte der nächste Trainer von Borussia Dortmund werden
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Favre ist nicht der einfachste Typ

Bei all den sportlichen Argumenten, die Favre zum Prototypen des BVB-Wunschtrainers machen, gibt es auch das eine oder andere Aber.

So ist Favre nicht der einfachste Typ. Sowohl im klubinternen Umgang als auch gegenüber den Dortmunder Fans könnte der Charakter des 59-Jährigen zum Problem werden.

Zwar betonte Hans-Joachim Watzke in seinem offenen Brief am Dienstag: "Das sehr spezielle Verhältnis, das wir, insbesondere Michael Zorc und ich, zu Jürgen Klopp hatten, war nie der Maßstab für die Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel und wird nicht der Maßstab bei künftigen BVB-Trainern sein." Allerdings schränkte er das auch durch eine relativ deutliche Spitze ein: "Es geht immer auch um grundlegende Werte wie Vertrauen, Respekt, Team- und Kommunikationsfähigkeit, um Authentizität und Identifikation. Es geht um Verlässlichkeit und Loyalität."

Ganz sicher ist Favre sozial sehr kompetent. Er weiß, mit Spielern, Medien und Verantwortlichen umzugehen. Er ist Gentleman, findet den richtigen Ton.

Der Faktor Verlässlichkeit als Problem?

Zum Problem könnte jedoch der Faktor Verlässlichkeit werden. Nach Favres Ende in Gladbach wurde bekannt, dass er im Laufe seiner fünfjährigen Amtszeit mehrmals Reißaus nahm und kurz vorm Rücktritt stand.

Seine Entscheidung, nach fünf Niederlagen zum Auftakt der Saison 2015/2016 hinzuschmeißen, ist das eine. Dass er, als der Verein seinen Rücktritt ablehnte, eigenmächtig die Öffentlichkeit informierte und damit Fakten schuf, das andere. Er hat Vereinsführung, Fans und Mannschaft in einer schwierigen Phase im Stich gelassen.

Auch nach seinem Ende bei Hertha BSC wusch er seinerzeit schmutzige Wäsche, als er indirekt gegen Michael Preetz nachtrat, indem er sagte: "Hertha hat den Abgang von Dieter Hoeneß nie verkraftet."

In einem Verein wie dem BVB sind bei Favres Charakter Probleme nicht unbedingt programmiert, sie liegen aber zumindest im Bereich des Möglichen.

Perfektionistisch, beinahe pedantisch

Zudem ist Favre, analog zu Tuchel, perfektionistisch, beinahe pedantisch. Eine Eigenschaft, die im Erfolgsfall gewinnbringend ist, die allerdings auch viele vor den Kopf stoßen kann, die durch das Raster fallen und sich benachteiligt fühlen.

Im Verhältnis zu den Fans ist der Schweizer ferner niemand, der sich auf den Zaun stellt, das Megafon schnappt und Humba anstimmt. Er ist zurückhaltend, Gentleman eben.

Natürlich werden ihn die Fans nichtsdestotrotz schätzen, wenn er den sportlichen Erfolg bringt. So richtig geliebt wurde Tuchel in seinen zwei Jahren Dortmund allerdings nie (abgesehen von der Endphase nach dem Sprengstoffanschlag). Und richtig geliebt wird womöglich auch ein Typ wie Favre nicht werden.

Unter dem Strich wäre eine Verpflichtung Favres als Tuchel-Nachfolger für den BVB zweifelsohne ein sportlich vielversprechender Coup und in vielerlei Hinsicht eine nachvollziehbare Entscheidung. Der Verein würde sich damit jedoch auch in ein nicht zu vernachlässigendes Risiko begeben.

Denn sollte auch der nächste Trainer zwar sportlich erfolgreich sein, aber aus menschlichen Gründen nicht passen, stünde auch das Einschätzungsvermögen der Vereinsführung auf dem Prüfstand.

Lucien Favre im Steckbrief

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