Gnadenloser Machtkampf in Russland

Jakob KunzUdo HutflötzTimo Schilder
07. Mai 201312:40
Zenit und Anschi streiten sich um Platz zwei in Russland - und schielen noch auf die SpitzeGetty
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Premier League, Primera Division, Serie A - das Geschehen steht in der Sportberichterstattung fast täglich im Fokus. Weniger Beachtung hierzulande findet der Fußball aus anderen Ländern. SPOX hat sich in Europa umgesehen und zieht ein Hinrundenfazit einiger ausgewählter Ligen. Zum Abschluss: Russland, Polen und Tschechien.

Russland: Premier Liga

Die Hinrunde kompakt: Der Machtkampf an der Spitze gestaltet sich ähnlich wie zum gleichen Zeitpunkt des letzten Jahres und ist ein Dreikampf. ZSKA Moskau grüßt mit zwei Punkten Abstand von der Spitze. Dahinter streiten sich Anschi Machatschkala und Zenit St. Petersburg um den zweiten Platz, der zur direkten Qualifikation für die Europa League berechtigt. Zenit hat dabei sogar noch ein Spiel weniger absolviert und könnte mit einem Sieg gegen Dynamo Moskau zumindest mit Konkurrent Anschi gleichziehen. Das Feld hinter den ersten drei Tabellenrängen fällt dann schon etwas ab, der Abstand zwischen Dritt- und Viertplatzierten beträgt bereits sechs Punkte.

Im Tabellenkeller sieht es für Alania Wladikawkas und Schlusslicht Mordovia Saransk dagegen schon richtig düster aus. Fünf beziehungsweise sieben Punkte sind beide Aufsteiger zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison von den Relegationsplätzen entfernt und müssen sich damit womöglich schon wieder in die Zweitklassigkeit verabschieden.

Der beste Torschütze der Hinrunde heißt Aleksandr Kerzhakov und steht bei Zenit St. Petersburg unter Vertrag. In 15 Spielen markierte der Russe zehn Treffer und drei Assists für seinen Verein.

Die positive Überraschung: Kuban Krasnodar ist ein Verein, den man als die Fahrstuhlmannschaft schlechthin bezeichnen könnte: Sieben Ligawechsel zwischen Premier Liga und der 1. Division (zweite russische Spielklasse) musste der Klub aus dem Süden Russlands seit 2003 bereits wegstecken. Nun scheint die Entwicklung langsam etwas konstanter zu sein. Nach Platz acht in der vergangenen Saison und damit dem bisher größten Erfolg, rangiert das Team von Trainer Yuri Krasnozhan derzeit auf Platz vier und schnuppert damit an der Qualifikation zur Europa League: Das internationale Geschäft wäre unbekanntes Neuland für Kuban Krasnodar und die allererste "Errungenschaft" der Vereinsgeschichte.

Die negative Überraschung: Dynamo Moskau. Der Klub um Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi spielt eine absolut enttäuschende Saison. Mit Platz zehn in der Liga, insgesamt neun Niederlagen und schon fünf Punkten Rückstand auf den fünften Rang, bleiben die Hauptstädter weit hinter den Erwartungen zurück. Stand am Ende der abgelaufenen Saison noch der dritte Platz zu Buche, läuft Dynamo dieses Jahr Gefahr, sogar die Qualifikation für die Europa League zu verpassen. Auch bei Kuranyi selbst läuft es nicht richtig rund. Sechs Tore in 17 Spielen sind für einen Stürmer seiner Qualität in dieser Liga zumindest ausbaufähig.

Player to watch: Danilo Neco von Aufsteiger Alania Wladikawkas. Der gebürtige Brasilianer mit portugiesischer Staatsbürgerschaft hat für den Tabellenvorletzten bereits neun Treffer und damit die Hälfte aller Tore seiner Mannschaft erzielt. Damit belegt der 26-Jährige, dessen Marktwert lediglich 250.000 Euro beträgt, hinter Kerzhakov den zweiten Platz der russischen Torjägerliste.

Das internationale Abschneiden: Die Champions-League-Auftritte waren relativ durchwachsen. Während es Zenit in einer Gruppe mit dem FC Malaga, AC Milan und RSC Anderlecht immerhin auf den dritten Platz schaffte und damit im Sechzehntelfinale der Europa League steht, sah Spartak Moskau gar kein Land und schied mit nur drei Punkten aus. In der K.o.-Phase der Europa League befinden sich daher nun drei russische Klubs, denn auch Anschi Machatschkala und vor allem Rubin Kazan haben sich mit starken Leistungen durchgesetzt. Dort haben aber allesamt schwere Brocken vor der Brust:. Machatschkala muss gegen Hannover ran, Zenit gegen Liverpool und Kasan darf sich auf Atletico Madrid und Falcao freuen.

Polen: Wolski mischt die Ekstraklasa auf

Tschechien: Umkämpfter geht es kaum

Polen: Ekstraklasa

Die Hinrunde kompakt: Wie im Vorjahr gibt es auch in dieser Spielzeit einen engen Kampf um die Tabellenspitze. Der amtierende Pokalsieger Legia Warschau führt die Ekstraklasa mit 33 Punkten an. Dahinter liegt Lech Posen mit 29 Zählern, dicht gefolgt von dem punktgleichen Duo Polonia Warschau und Gornik Zabrze, die beide jeweils 28 Punkte auf dem Konto haben. Der Rückstand des amtierenden Meisters Slask Wroclaw auf die Tabellenspitze beträgt bereits sieben Punkte.

Die Torschützenliste führt ein alter Bekannter aus der Bundesliga an. Der ehemalige VfB-Stuttgart-Profi Danijel Ljuboja traf bereits zehnmal für Tabellenführer Warschau.

Genauso oft war der Tabellenletzte GKS Belchatow erfolgreich. GKS konnte bislang nur ein Spiel gewinnen und ist mit lediglich sechs Punkten bereits weit vom rettenden Ufer entfernt. Doch auch Podbeskidzie Bielsko-Biala ergeht es nicht besser. Der Verein aus dem Süden des Landes konnte bislang ebenfalls nur sechs Punkte einfahren und bangt somit mächtig um den Klassenerhalt.

Positive Überraschung: Gornik Zabrze. Mitte des letzten Jahrzehnts hatte der Klub noch mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen. 2009 stieg Zabrze sogar in die zweite Liga ab. Doch nach dem direkten Wiederaufstieg hat sich der Verein sportlich und finanziell stabilisiert. In den letzten beiden Spielzeiten landete man im sicheren Mittelfeld.

In dieser Saison scheint mehr drin zu sein. Gornik Zabzre hat erst eine Niederlage einstecken müssen und liegt aussichtsreich auf Platz vier. Ebenfalls erwähnenswert: Mit lediglich elf Gegentoren hat Zabrze die beste Abwehr.

Negative Überraschung:Wisla Krakau. Der Meister der Saison 2010/2011 enttäuscht in dieser Saison vollkommen. Nach der Hälfte der Spielzeit liegt der 13-fache Meister auf dem 12. Platz. Grund dafür könnte der große Umbruch sein, der nach dem letzten Jahr, als man nur Siebter wurde, stattgefunden hat. Im Sommer kamen zwölf neue Spieler, 15 Akteure verließen den Verein.

Dass die Abstimmung noch nicht passt, wird durch einen Blick auf das Torverhältnis sichtbar. Mit lediglich 14 erzielten Treffern stellt Krakau den viertschlechtesten Sturm der Liga. Die 22 Gegentore (fünftschlechtester Wert der Liga) sprechen für eine wackelige Defensive.

Dass die Verantwortlichen des ehemaligen Meisters schnell mal die Nerven verlieren können, sieht man an der Trainerentlassung Anfang Oktober. Michal Probierz musste bereits nach sechs Spielen seine Koffer packen, da sein Team bis zu diesem Zeitpunkt nur sieben Punkte einfuhr.

Players to watch: Rafal Wolski von Tabellenführer Legia Warschau. Der 20-Jährige stammt aus der eigenen Nachwuchsabteilung und erspielte sich direkt einen Stammplatz. In dieser Saison kam der polnische Nationalspieler allerdings noch nicht zum Einsatz, da er aufgrund einer Fersenverletzung bis Ende Dezember ausfiel. In der vergangenen Saison ließ der Youngster aber sein enormes Talent bereits einige Male aufblitzen. In 21 Spielen traf der offensive Mittelfeldspieler sechsmal und bereitete zudem einen Treffer vor. Seine guten Leistungen blieben auch größeren Vereinen nicht verborgen. Unter anderem sollen Borussia Dortmund und der AC Florenz ein Auge auf ihn geworfen haben.

Ein Spieler, der in der diesjährigen Spielzeit für Aufsehen sorgte, war Pawel Wszolek von Polonia Warschau. Der 20-jährige Pole kam in jedem Spiel zum Einsatz und verbuchte dabei fünf Treffer und sechs Assists. Seine guten Leistungen wurden durch die Nominierung in die polnische Nationalmannschaft belohnt.

Für fragwürdige Schlagzeilen sorgte sein kolportierter Wechsel zu Hannover 96 in der Winterpause. Zweimal erschien Wszolek nicht zum Medizincheck bei 96, beim zweiten Mal sogar, nachdem ein Vertrag bereits unterzeichnet wurde. Hannover hat rechtliche Schritte eingeleitet.

Das internationale Abschneiden:Auf internationaler Ebene konnten die polnischen Vereine überhaupt nicht überzeugen. Meister Slask Wrozlaw scheiterte in der dritten Champions-League-Qualifikationsrunde klar und deutlich an Helsingborgs IF (0:3, 1:3).

Auch die drei Europa-League-Qualifikanten Lech Posen, Legia Warschau und Ruch Chorzow scheiterten allesamt in der Qualifikation. Somit ist und war kein polnisches Team im internationalen Fußball vertreten.

Russland: Gnadenloser Machtkampf um die Spitze

Tschechien: Umkämpfter geht es kaum

Tschechien: Gambrinus Liga

Die Hinrunde kompakt:Der Meisterschaftskampf gehört zu den spannendsten in ganz Europa. Die Alleinherrschaft von Sparta Prag endete im Jahr 2001 nach acht Meisterschaften in Folge. In den letzten sechs Spielzeiten gab es vier verschiedene Meister. Lediglich Slavia Prag gelang es in der Saison 2008/2009, mit mehr als drei Punkten Vorsprung tschechischer Meister zu werden.

Auch in dieser Saison ist der Kampf um die Meisterschaft ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Viktoria Pilsen führt die Tabelle mit 34 Punkten nach 16 Spielen an und liegt somit auf Tschechiens einzigem Champions-League-Platz. Dahinter folgen FK Jablonec mit 32 und Rekordmeister Sparta Prag mit 31 Punkten auf den Plätzen für die Europa League. In der Hinrunde wechselte die Tabellenführung sechsmal.

Pilsen hat die Abgänge von wichtigen Spielern wie Vaclav Pilar zum VfL Wolfsburg und Milan Petrzela zum FC Augsburg mittlerweile gut verdaut. Beim Meister der Saison 2010/2011 macht vor allem der erst 22-jährige Vladimir Darida im zentralen Mittelfeld auf sich aufmerksam, der inzwischen auch für die tschechische Nationalmannschaft aufläuft. Am siebten Spieltag kam es in der Gambrinus Liga zum Topspiel: Pilsen schlug Sparta Prag mit 1:0. Der Rekordmeister war zu dem Zeitpunkt seit vier Spielen ungeschlagen und führte die Liga an. SPOX

Was für Pilsen ein positiver Wendepunkt war, wurde für Sparta zur negativen Trendwende: Einen Spieltag später stieg das Derby gegen Slavia, das man erneut mit 0:1 verlor. Sparta konnte sich daraufhin aber fangen und beendete die Rückrunde als Tabellenzweiter.

Positive Überraschung:Die wohl konstanteste tschechische Mannschaft der Hinrunde war FK Jablonec, die nach 16 Spielen sogar den Rekordmeister aus Prag von Platz zwei verdrängte. Nürnbergs Talentschmiede erzielte mit 29 Toren die meisten Treffer der bislang 16 gespielten Partien. Der Ex-Klub von Adam Hlousek und Tomas Pekhart konnte dabei vor allem auf den tschechischen Torschützenkönig der letzten beiden Jahre bauen. Auch in dieser Saison steht David Lafata mit 13 Treffern an der Spitze der Torschützenliste. Beeindruckend: Seit der Saison 2009/2010 kommt der 31-Jährige auf 100 Spiele für Jablonec, in denen er 68 mal selbst traf und 11 Vorlagen gab.

Am 3. Spieltag schlug Jablonec den Vorjahresmeister Slovan Liberec mit 1:0 und galt seitdem als geheimer Kandidat für die Meisterschaft. Lediglich gegen Sparta Prag und Mlada Boleslav musste sich das Team von Trainer Vaclav Kotal in der Hinrunde geschlagen geben. Auswärts verlor man zudem als einzige tschechische Mannschaft nicht eine einzige Partie.

Negative Überraschung: FK Teplice. In der Vorsaison träumte man in Teplice noch von der Europa League, diese Saison kämpft man gegen den Abstieg. Mit lediglich 13 Punkten aus 15 Spielen schloss Teplice die Hinrunde auf dem vorletzten Tabellenplatz ab. Trainer Zdenek Scasny übernahm Anfang Oktober eine Mannschaft, die noch immer auf ihren ersten Auswärtssieg wartet.

Dabei waren die Hoffnungen nach der letzten Saison groß, Teplice schloss auf dem fünften Platz ab. Ohne die sieben Treffer von Stürmer Ajdin Mahmutovic (von insgesamt 17) könnte man bei den "Glasmachern" wohl schon für die zweite Liga planen.

Einzig und allein Meister Slovan Liberec kann dem FK Teplice als Flop der Liga Paroli bieten. Mit 19 Punkten aus 16 Spielen und Tabellenplatz neun konnte der Überraschungsmeister der Vorsaison die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Mit 15 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Pilsen ist die Saison für Liberec bereits zum Beginn der Rückunde gelaufen.

Players to watch: Das tschechische Talent Stanislav Tecl vom Aufsteiger FC Sysocina Jihlava verzückte in der Hinrunde jeden tschechischen Fußballfan. Viktoria Pilsen sicherte sich nun zu Jahresbeginn das 22-jährige Sturmtalent, das in elf Spielen zehnmal traf und vier Tore vorbereitete. Die Verpflichtung des derzeit drittbesten tschechischen Torschützen für knapp 800.000 Euro kann als Königstransfer bezeichnet werden. Es bleibt abzuwarten, ob Tecl ab dem 23. Februar auch für seinen neuen Verein treffen wird.

Neben Tecl macht der erst 20-jährige Vaclav Kadlec von Slavia Prag auf sich aufmerksam. Er schoss fünf Tore in zwölf Ligaspielen und war in der Europa League mit vier Treffern und zwei Torvorlagen in sechs Spielen ein Garant für Spartas Qualifikation für das Achtelfinale.

Das internationale Abschneiden:Auf internationaler Ebene konnten die tschechischen Teams vor allem in der Europa League positiv überraschen. Viktoria Pilsen und Sparta Prag stehen beide im Achtelfinale. Pilsen schloss als Gruppenerster die Gruppe B vor Titelverteidiger Atletico Madrid ab, auch weil man zu Hause gegen Atletico überraschend mit 1:0 gewann.

Sparta zog als Zweiter der Gruppe I ins Achtelfinale ein und verwies Athletic Bilbao auf Rang drei der Gruppe. Im Achtelfinale erwischten beide Mannschaften dann ein Hammerlos: Pilsen muss gegen den SSC Neapel antreten, Sparta gegen Champions-League-Sieger FC Chelsea.

Vorjahresmeister Slovan Liberec verpasste allerdings gegen CFR Cluj die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League. Auch in der Europa League sah es für den Meister nicht besser aus: In der Qualifikationsrunde verlor Liberec gegen Dnipro Dnipropetrovsk aus der Ukraine im Rückspiel mit 2:4 und verabschiedete sich somit aus dem internationalen Geschäft.

Tschechiens Pokalsieger Sigma Olmütz wurde aus disziplinarischen Gründen von der UEFA von der Europa League ausgeschlossen, weil der Verein vom tschechischen Fußballverband der Bestechung eines Gegners überführt wurde.

Russland: Gnadenloser Machtkampf um die Spitze

Polen: Wolski mischt die Ekstraklasa auf