"Löw ist noch nicht am Ende"

Christoph Daum mit seiner Frau Angelica bei einem Boxkampf in Oberhausen
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SPOX: Dem spanischen Fußball mangelt es allerdings nicht an hervorragenden Jugendspielern, die auch in ihren Vereinen Schlüsselspieler sind.

Daum: Das ist richtig. Auch Spanien hat es verpasst, das Team gezielt zu verjüngen, die Situation ist aber eine komplett andere. Diese Mannschaft spielt seit Jahren auf dem höchsten Niveau zusammen und hat jeden Titel geholt, den es zu gewinnen gab. Weder die Fans noch die Spieler hätten es verstanden, wenn Vicente del Bosque plötzlich fünf neue Gesichter auf den Platz geschickt hätte. Hätte Spanien ein erfolgreiches Turnier gespielt, wäre auch 2016 ein Großteil der etablierten Spieler wieder aufgelaufen. Der Hallo-Wach-Effekt durch das Vorrunden-Aus hat jetzt den Weg für einen Neuaufbau freigemacht.

SPOX: Ein Neuaufbau, der ohne Xavi stattfinden wird...

Daum: Für Xavi tut es mir wahnsinnig leid, er ist das Gesicht der erfolgreichsten Ära des spanischen Fußballs und wird die Bühne des Weltfußballs nach einer enttäuschenden Saison mit Barcelona und dieser Desaster-WM sang- und klanglos verlassen. Das hat er nicht verdient.

SPOX: Kann Thiago in seine Fußstapfen treten?

Daum: Das muss man abwarten. Thiago hat bei Barcelona, in der Nationalmannschaft und vor allem in München gezeigt, dass er ein genialer Spielmacher aus der Defensive heraus ist. Er kann den Rhythmus einer Partie bestimmen und selber entscheidend in Erscheinung treten. Xavis Fußstapfen sind riesig, aber Thiago hat alle Anlagen, in diese Rolle hineinzuwachsen.

SPOX: Sie sind seit März 2014 nicht mehr Trainer bei Bursaspor. Wie sieht es um Ihre persönliche Zukunft aus?

Daum: Sehr gut! Ich habe nun endlich Zeit, mich um Familie und Kinder zu kümmern. Dieser Teil meines Lebens ist den letzten 30 Jahren sehr kurz gekommen. Zuerst kam der Beruf, dann der Verein, dann der Fußball und von den letzten zehn Prozent, die eigentlich der Familie vorbehalten waren, haben dann auch nochmal fünf Prozent dem Fußball gehört.

SPOX: Gibt es denn Anfragen?

Daum: Ich hatte Angebote aus dem arabischen Raum, Russland, Belgien und den Niederlanden, die mich allerdings nicht gereizt haben und aktuell kein Ziel für mich sind. Eine Einstiegsmöglichkeit in die Premier League würde mich sehr interessieren. Hier sehe ich die größte sportliche Herausforderung.

SPOX: Ist auch die Bundesliga ein Thema?

Daum: Anfragen gab es bisher nicht und ich bin auch der Letzte, der sich irgendwo ins Gespräch bringen möchte.

SPOX: Aber Sie können sich vorstellen, auch wieder in Deutschland tätig zu sein?

Daum: Natürlich, die Bundesliga ist eine der Top-Adressen im europäischen Fußball. Nicht umsonst ist mit Pep Guardiola der weltbeste Trainer, der eine Vielzahl anderer und auch finanziell attraktiverer Angebote vorliegen hatte, nach Deutschland gekommen.

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