Wie zu Alex Fergusons Zeiten

Von Adrian FrankeBenedikt Treuer
09. Januar 201514:11
Die Fans des FC Aberdeen träumen von der ersten Meisterschaft seit 1985getty
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Die Europareise durch Portugal, Schottland, Russland und Griechenland hat spannende Außenseiter-Geschichten, in die Verfolgerrolle gedrückte Favoriten und katastrophale Tabellenletzte parat. In Portugal erlebt Moussa Maazou seinen zweiten Frühling, in Schottland sorgt Anthony Andreu für Aufsehen. Außerdem: Wer stiehlt Hulk die Show und welcher Ex-Club-Mann begeistert?

Portugal: Liga Zon Sagres

Die Hinrunde kompakt: Titelverteidiger Benfica spielt bislang eine beinahe fehlerfreie Saison und führt die Tabelle zwei Spieltage vor Ende der Hinrunde souverän an. Nur sieben Gegentore setzte es für den Spitzenreiter, 13 der ersten 15 Spiele gewann der Klub aus der Hauptstadt (ein Remis, eine Pleite).

Europareise - Teil 1: Die Bayern aus Eindhoven

Der FC Porto ist erster Verfolger, muss sich aber noch von seinem schwachen Saisonstart (zwölf Punkte aus den ersten sechs Spielen) erholen. Darüber hinaus verlor Porto das direkte Spitzenspiel vor drei Wochen mit 0:2.

Im Abstiegskampf steht der FC Gil Vicente nach 15 Spielen noch sieglos und mit nur sechs Zählern abgeschlagen auf dem letzten Platz. Zwischen Rang 17 und dem 12. Platz liegen dagegen nur fünf Punkte. Die beiden letzten Teams steigen direkt ab, der Tabellensechzehnte muss in die Relegation.

Positive Überraschung: Vitoria Guimaraes. Das Team spielt gänzlich ohne große Stars eine starke Saison und beeindruckt in seinem 4-3-3 vor allem offensiv (26 Tore, viertbester Wert der Liga). Zuletzt stotterte der Motor etwas, doch zum Jahresauftakt fand der Tabellendritte mit einem 4:0 über Nacional wieder in die Spur.

Daneben überrascht Pacos de Ferreira. Das Team blieb nur in der Liga, weil sie von 16 auf 18 Teams aufgestockt wurde und sich Pacos de Ferreira so über die Relegation (0:0, 3:1) retten konnte. Vor der Saison war Pacos de Ferreira für viele erster Abstiegskandidat, aktuell steht stattdessen der siebte Tabellenplatz zu Buche.

Liga Zon Sagres: Tabelle und Statistiken im Überblick

Negative Überraschung: Zwei Teams konnten an ihre gute Vorsaison nicht anknüpfen: Estoril Praia (Vorjahres-Vierter) ist ins graue Niemandsland der Tabelle abgerutscht und ist derzeit dem Relegationsplatz (sechs Punkte Vorsprung) näher, als dem internationalen Geschäft (zehn Punkte Rückstand).

Noch schlimmer hat es Nacional Funchal erwischt. Nach der EL-Qualifikation in der vergangenen Saison schwebt Nacional in akuter Abstiegsgefahr, aus den letzten sieben Spielen gab es nur einen Sieg.

Players to watch: Da wäre zunächst Jackson Martinez, der die Liga mit zwölf Toren in 15 Spielen anführt und am vergangenen Wochenende gegen Gil Vicente neuer Porto-Rekordtorschütze (117 Spiele, 79 Tore) wurde. Liebhaber der portugiesischen Liga sollten jedes Spiel des Superstars genießen - im Sommer dürfte er der nächste Star werden, der Porto eine satte Ablösesumme einbringt.

Ebenfalls für Aufsehen sorgt Moussa Maazou. Der 26-jährige Stürmer von CS Maritimo steuerte seit dem sechsten Spieltag zehn Scorerpunkte bei und soll bei mehreren Klubs, unter anderem dem VfB Stuttgart, auf dem Zettel stehen. Seine Entwicklung ist erstaunlich: Bei Girondins Bordeaux wurde er nach desolaten Leistungen vor einigen Jahren entlassen, machte primär als Stinkstiefel Schlagzeilen und verlängerte während seiner Zeit beim SV Zulte Waregem eigenhändig seinen Urlaub um zehn Tage. Von einer Trendwende zu sprechen wäre wohl deutlich untertrieben.

Seite 1: Portugal - Maazou hat sich im Griff

Seite 2: Schottland - Stoppt Aberdeen die Glasgower Serie?

Seite 3: Russland - Ein Schnäppchen namens Natcho

Seite 4: Griechenland - Robert Mak dreht auf

Seite 5: Und sonst so?

Schottland: Scottish Premiership

Die Hinrunde kompakt: Sieben Siege in Folge und das ohne Gegentor - es kommt nicht von ungefähr, dass der FC Aberdeen, der damit die nach dem FC Bayern längste Siegesserie Europas aufweisen kann, die Tabelle zumindest vorübergehend nach 20 Spielen anführt. Ein weiterer Zu-Null-Sieg wäre die Einstellung des Vereinsrekordes. Die Fans träumen von der ersten Meisterschaft seit 1985, als Alex Ferguson noch Trainer war. Seitdem wurden entweder Celtic oder die Rangers Meister.

Verfolger Celtic Glasgow hat einen Punkt, aber auch ein Spiel weniger auf dem Konto. Der direkte Vergleich ging mit 2:1 an Celtic. Insgesamt aber konnte sich, im Gegensatz zu früheren Jahren, kein Team klar absetzen - zwischen dem ersten und dem fünften Rang liegen lediglich fünf Zähler. Auch im Tabellenkeller ist es eng: Ross County und St. Mirren stehen bei je elf Zählern und dürften den direkten Abstiegsplatz untereinander ausmachen.

Scottish Premiership: Tabelle und Statistiken im Überblick

Positive Überraschung: Dass Aberdeen Celtic so lange auf Augenhöhe Paroli bieten kann, ist ohne Zweifel überraschend. Doch die Sensation der bisherigen Saison Hamilton Academical. Das No-Name-Team aus Zentralschottland marschiert bislang als Aufsteiger durch die Liga und hat zuhause nur ein Spiel verloren. Der Lohn: Platz drei nach 20 Spielen mit nur vier Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Aberdeen.

Negative Überraschung: Ross County. Während andere Vorjahres-Kellerkinder wie der FC Kilmarnock oder Patrick Thistle einen Sprung nach vorne gemacht haben, tritt Ross County auf der Stelle. In der vergangenen Saison hatte das Team nur deshalb nichts mit dem Abstieg zu tun, weil Heart of Midlothian wegen finanzieller Probleme 15 Punkte abgezogen wurden. Aktuell stehen ein Sieg sowie acht Pleiten und damit verbunden der letzte Platz zu Buche.

Player to watch: Anthony Andreu. Der 26-Jährige ist Hamiltons Herz und Hirn und hat sein Team in die Top 3 geführt. Kein Spieler hat mehr Tore (12) auf dem Konto, vier weitere Treffer legte Andreu außerdem auf. Sein Vertrag läuft 2016 aus, doch der Franzose dürfte schon bei mehreren Scouts weit oben auf dem Zettel stehen.

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Russland: Premier Liga

Die Hinrunde kompakt: Zenit St. Petersburg konnte trotz einiger Ausrutscher gegen Ende der Hinrunde (Pleiten gegen Grozny und Mordowia) eine mehr als solide Grundlage in Richtung Titel legen. Die Verfolger ZSKA Moskau und Dynamo Moskau wurden jeweils geschlagen, der Vorsprung beträgt bereits sieben Punkte.

Mehr Spannung gibt es dagegen im Tabellenkeller: Arsenal Tula, das mit zwei Siegen in den letzten vier Partien im Aufwind ist, und der FK Rostow (ein Sieg in den letzten zwölf Spielen) teilen sich den letzten Platz mit je elf Punkten, beide würden somit direkt absteigen. Doch die Relegationsplätze 13 (Amkar Perm/12 Punkte) und 14 (Ural Jekaterinburg/13 Punkte) sind noch in Schlagdistanz und zwischen den beiden Schlusslichtern und dem zehnten Platz liegen nur neun Punkte.

Premier Liga: Tabelle und Statistiken im Überblick

Positive Überraschung: Auch wenn der FK Krasnodar seine letzten beiden Spiele vor der Winterpause nicht gewinnen konnte: Das Team vom Schwarzen Meer ist die Überraschung der bisherigen Saison. Krasnodar konnte, auf dem Rücken seiner starken Defensive (16 Gegentreffer, drittbester Wert der Liga), in die Moskauer Phalanx einbrechen und lässt bislang Lokomotive sowie Spartak Moskau hinter sich. Nur drei Punkte trennen den EL-Gruppen-Gegner des VfL Wolfsburg vom Tabellenzweiten ZSKA und damit vom direkten EL-Platz.

Negative Überraschung: Schlusslicht Rostow. Als amtierender Pokalsieger spielt das Team eine desolate Saison, hat auswärts noch kein einziges Spiel gewonnen und bereits 37 Gegentore kassiert. Erste interne Konsequenzen gab es schon kurz vor der Winterpause, um den GAU zu verhindern: Trainer Gurban Berdiyew wurde entlassen, stattdessen soll jetzt Kurban Kerdyev die Mannschaft aus dem Tabellenkeller führen.

Player to watch: Hulk ist der unbestrittene Superstar der Liga, doch daneben sorgt Bibras Natcho für Schlagzeilen. Der israelische Mittelfeldmann von ZSKA Moskau hat bereits acht Tore und vier Vorlagen in 13 Ligaspielen auf dem Konto und das, nachdem er schon auf dem Abstellgleis war: Rubin Kazan hatte Anfang des Vorjahres keine Verwendung mehr für den 26-Jährigen und gab ihn ablösefrei an PAOK Saloniki ab. Von da aus ging es im August erneut umsonst weiter zu ZSKA - wo sich Natcho mittlerweile als Denker und Lenker etabliert hat.

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Griechenland: Super League

Die Hinrunde kompakt: Dank seines starken Auftakts (acht Siege aus den ersten neun Spielen) hat sich PAOK Saloniki nach 16 Spielen die Pole Position gesichert und dabei unter anderem auch Verfolger Olympiakos Piräus im direkten Duell geschlagen. Doch seit dem zehnten Spieltag ist PAOK nicht mehr so stabil wie zu Beginn der Saison und die Meisterschaft deshalb enorm spannend - Piräus, seit dem sechsten Spieltag ungeschlagen, liegt nur einen Punkt zurück.

Die beiden direkten Abstiegsplätze gehen derzeit an Niki Volou (sieben Punkte) und Ergotelis (elf Zähler), wobei Volou zwei Nachholspiele hat. Doch der Trend macht dem Schlusslicht wenig Mut: In den letzten sieben Spielen setzte es sechs Pleiten. Ergotelis dagegen ist seit zwei Spielen ungeschlagen (ein Sieg, ein Remis). Panthrakikos Komotini belegt den Relegationsplatz (13 Punkte), doch bis zum zwölften Platz (AO Platanias Chanion - 18 Punkte) ist alles komplett offen.

Super League: Tabelle und Statistiken im Überblick

Positive Überraschung: PAOK Salonikis herausragender Saisonstart mit dem Sturm an die Tabellenspitze ist bislang die Geschichte der Saison. Mit seinem weitestgehend aus griechischen Spielern bestehenden Team überraschte das Ex-Team von Trainer Huub Stevens den Rest der Liga und darf auf die direkte CL-Quali hoffen. Am 8. Februar steigt das zweite direkte Duell mit Olympiakos - das heimische Toumba Stadion dürfte toben.

Negative Überraschung: OFI Heraklion. Der Klub von der Insel Kreta spielte im Vorjahr eine gute Saison, wurde am Ende Tabellensechster. Doch in diesem Jahr ist Heraklion auf dem harten Boden der Realität angekommen. Bei einem Spiel Rückstand beträgt der Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz nur drei Punkte und vor allem offensiv funktioniert gar nichts. Neun Tore sind nach Volou der zweitschwächste Wert, OFI-Topscorer ist Linksverteidiger Carlos Milhazes (zwei Tore, zwei Vorlagen).

Players to watch: Entscheidenden Anteil am PAOK-Höhenflug hat Stürmer Stefanos Athanasiadis, der an fast einem Drittel der Treffer seines Teams direkt beteiligt war (neun Tore, zwei Vorlagen in 13 Spielen) und bei mehreren englischen Klubs auf dem Zettel stehen soll. Noch beeindruckender ist die Quote von Mittelfeldmann Nikolaos Kaltsas: Er steuerte bei AE Veria elf Scorer-Punkte bei.

Damit hatte er direkten Anteil an exakt der Hälfte der Tore. Die Offensive des Tabellenfünften läuft beinahe komplett über den 24-Jährigen. Ebenfalls eine herausragende Saison spielt der Ex-Nürnberger Robert Mak, dem in verletzungsbedingt bislang nur neun Ligaspielen für Saloniki schon sechs Tore und vier Vorlagen gelangen.

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Und sonst so?

FK Dainava Alytus - 12:143 Tore: Für kleine Teams in kleinen Ländern ist es immer schön, internationale Bekanntschaft zu erringen. Zumindest fast immer. Denn ganz so stolz ist man beim FK Dainava Alytus nach dem Abschluss der Saison (in Litauen endet die Saison im Winter) in der A Lyga wahrscheinlich nicht.

Dabei hört sich die Statistik beim Hörensagen gar nicht so schrecklich verkehrt an: Platz zehn, ein souveräner 2:0-Heimsieg gegen den späteren Vizemeister und ein ebenso wichtiger Erfolg über den direkten Abstiegskonkurrenten FK Banga Gargzdai.

Nun ja, alles schön und gut. Leider muss dazu gesagt werden, dass die Liga lediglich aus zehn Vereinen besteht, den beiden Siegen stolze 31 Niederlagen und drei Unentschieden gegenüberstanden und Alytus mit 12:143 Toren weltweit die wohl grausamste Tordifferenz (-131!) aller Erstligisten hatte. 21 Punkte betrug der Rückstand auf den Vorletzten Gargzdai.

Vor allem im Juni las sich die Bilanz unglaublich: 1:9, 0:8, 0:4 und 0:12 lauteten die Ergebnisse. Sei's drum: Im nächsten Jahr kann der Verein den Neustart in der zweiten Liga beginnen und wird ganz sicher bald wieder erstklassig kicken. Glück auf!

FC Jurmala - 29:110 Tore: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Vielleicht sollte das die Devise für den FK Dinava Alytus sein. Denn vergleichbar schlecht wie die litauischen Kollegen war der FC Jurmala in der lettischen Virsliga.

Auch Jurmala brachte es nicht über zwei Saisonsiege hinaus. Immerhin standen dem sechs Unentschieden gegenüber, sodass in Addition zwölf Punkte zu Buche standen - eigentlich. Denn als sei ein letzter Platz und der Abstieg nicht demütigend genug, zog der lettische Verband dem Verein aufgrund fehlender Gehalts- und Strafenzahlungen während der Saison insgesamt fünf Punkte ab - verrückt.

Immerhin: Trotz 110 Gegentore schaffte es das Team, die Tordifferenz nicht in den dreistelligen negativen Bereich gleiten zu lassen. Bei 29 erzielten Treffern sah die -81 am Ende nur noch halb so wild aus.

Die verrückte Tabelle Dänemarks: Fußball ist ein Tagesgeschäft - oder etwa nicht? Definitiv nein! Den besten Beweis dafür liefert die dänische Superliga nach Abschluss der ersten Jahreshälfte, denn hier spielt die Tabelle verrückt - und das schon seit Saisonbeginn.

Des Rätsels Lösung findet sich an den beiden Tabellenenden. An der Spitze rangiert seit Wochen der FC Midtjylland - ein Umstand, der vor der Saison so nicht zu erwarten war, zumal das Überraschungsteam nach 17 Spielen mit acht Punkten Vorsprung schon deutlich vor dem Titelfavoriten FC Kopenhagen liegt. 13 Siege, dazu die mit Abstand beste Offensive (34 Tore): In Dänemark könnte der Meister der Superliga in dieser Saison zum ersten Mal Midtjylland heißen.

Viel verrückter geht es aber auf Platz zwölf zu. Schlusslicht Silkeborg IF hat es vollbracht, in den ersten 17 Spielen nicht einmal zu gewinnen. Nur vier Unentschieden stehen auf der Habenseite, elf Punkte Rückstand auf Platz elf und 15 auf das rettende Ufer. Dabei ist Silkeborg nicht einmal die Schießbude der Liga: 26 Gegentore sind nicht der schlechteste Wert der Liga - acht selbstgeschossene Treffer dagegen schon.

Sollte Silkeborg nicht die große Sensation gelingen, wird die nächste Europareise wohl noch einmal nach Dänemark führen. Möglicherweise wieder zu Silkeborg, dem dann vielleicht neuen schlechtesten Erstligisten der Welt.

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