Shkodran Mustafi ist seit einem Jahr Weltmeister. SPOX traf ihn in seiner Heimatstadt Bebra und sprach mit ihm über die Veränderungen seit der Nacht von Rio, sein Leben in Valencia und seine Freundschaft zu Mario Götze. Außerdem erzählt er von seiner besonderen Verbindung zu seine Eltern, geknackten Kaugummiautomaten und verrät, was ihn auf dem Boden hält.
SPOX: Herr Mustafi, vor fast genau einem Jahr wurden Sie in Brasilien Weltmeister. Bisher sagten Sie immer, Sie hätten es noch nicht richtig verarbeiten können. Nun hatten Sie längere Zeit Urlaub...
Shkodran Mustafi: Es stimmt, ich hatte jetzt längere Zeit frei und genügend Möglichkeiten, darüber nachzudenken und die Geschehnisse im letzten Jahr einzuordnen. Aber Ich glaube nicht, dass man das je so richtig begreifen kann. Zumindest nicht während der aktiven Zeit. Momentan sind es die kleinen Dinge und Gesten, die einem bewusst werden lassen, dass man vor einem Jahr etwas Großes erreicht hat. Ich wurde letztens "Herr Weltmeister" genannt, das ist schon seltsam. Man merkt, dass wir im letzten Jahr sehr viele Menschen glücklich gemacht haben. Das ist eine wunderbare Sache.
SPOX: Was hat sich für Sie persönlich seit dem Triumph im Maracana verändert?
Mustafi: Ich persönlich habe mich nicht verändert. Klar ist man stolz auf das Erreichte. Immerhin hat man etwas geschafft, was nur ganz, ganz wenige Menschen auf der Welt schaffen. Auf der anderen Seite darf man sich darauf aber nicht ausruhen. In drei Jahren gibt's vielleicht ein neues Team, das Weltmeister wird, dann kräht kein Hahn mehr nach dir, wenn es blöd läuft. Deswegen habe ich den WM-Titel auch als Chance gesehen und mir als Ziel gesetzt, mich täglich zu verbessern und weiter hart an mir zu arbeiten. Aber klar, manche Dinge funktionieren als Weltmeister schon besser.
SPOX: Das sieht man beim DFB-Team seit dem Titelgewinn aber nicht. In der Qualifikation zur EURO 2016 läuft's bisher noch nicht so rund. Woran liegt das?
Mustafi: Ich würde nicht sagen, dass es nicht läuft. Es ist unglaublich schwierig, als amtierender Weltmeister gegen kleinere Teams anzutreten, weil es für diese Nationen einfach das Spiel des Jahres ist. Die geben in solchen Partien 120 Prozent.
SPOX: Bei aller Demut: Man darf doch erwarten, dass der Weltmeister Teams wie Irland oder Polen schlägt...
Mustafi: Natürlich müssen wir solche Spiele gewinnen. Aber teilweise sind auch die Erwartungen ins Unermessliche gestiegen. Wir sind keine Maschinen. Niemand geht gerne als Verlierer vom Platz, aber man sollte auch mal ein Spiel verlieren dürfen, ohne dass es einer Tragödie gleicht. Wir haben noch alles in der eigenen Hand. Wir können uns noch immer als Gruppenerster für die EM qualifizieren. Von daher sollte man die Dinge auch nicht so schwarzsehen. Intern sehen wir das viel positiver, als es von außen gemacht wird. Natürlich lief es bisher nicht optimal, aber es hat ja auch keinen Sinn, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und damit zu hadern, dass man das eine oder andere Spiel nicht gewonnen hat.
SPOX: Geht man nicht vielleicht doch unterbewusst diesen einen Schritt weniger?
Mustafi: Nein. Dazu haben wir doch gar nicht die Spielertypen. Wir wurden in Brasilien nicht Weltmeister, weil wir alle Teams komplett an die Wand gespielt haben oder den einen überragenden Akteur auf dem Feld. Wir haben als Mannschaft funktioniert. Das ist auch immer noch so. Man gibt immer alles und will gewinnen, das ist doch klar. Egal ob gegen Andorra oder Brasilien. Wenn man zu viel will, schießt man auch über das Ziel hinaus. Im Endeffekt ist es egal, was man macht. Wenn man nicht gewinnt, hat man irgendetwas falsch gemacht. Aber ich halte es für den falschen Ansatz nach Problemen zu suchen, wo überhaupt keine sind.
SPOX: Nach dem WM-Titel erlebte das DFB-Team einen Umbruch. Philipp Lahm, Per Mertesacker und Miroslav Klose traten aus der Nationalmannschaft zurück. Wer kann und soll dieses Vakuum ausfüllen?
Mustafi: Jeder weiß, was die drei Spieler für Fußball-Deutschland geleistet haben. Sie haben riesige Fußstapfen hinterlassen, die jetzt ausgefüllt werden müssen. Aber man muss den jungen Spielern Zeit geben. Wir haben die Spieler dafür. Man vergisst immer, dass wir eine extrem junge Mannschaft sind. Es ist nicht einfach einen Miro Klose zu ersetzen, er hat nicht umsonst 16 WM-Tore erzielt. Auch das Fehlen eines Phillip Lahm merkt man im Spiel, alleine seine Erfahrung geht uns ab. Man darf nicht erwarten, dass direkt ein Spieler parat steht und exakt das gleiche Niveau verkörpert. Das geht gar nicht.
SPOX: Kommen wir zu Ihrer Rolle im DFB-Team. Sie haben bisher acht Länderspiele, wurden nach der WM immer ins Ausgebot berufen. Fühlen Sie sich als fester Bestandteil des Teams?
SPOXMustafi: Wer kann von sich sagen, dass er ein fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft ist? Das kann man eigentlich nie sagen. Es gibt in Deutschland genug Spieler, die darauf brennen für die Nationalelf auflaufen. Diesen Druck hast du immer, von daher darfst du dir nie sicher sein. Ich versuche einfach, meine Leistungen im Verein zu bringen und mich dadurch immer wieder für Joachim Löw zu empfehlen.
SPOX: Eins ist auffällig: Sie fielen nicht in ein Leistungsloch wie der eine oder andere Weltmeister. Wie kommt das? Zumal Sie ja zu Beginn der letzten Saison noch verletzt waren...
Mustafi: Richtig, der Muskelbündelriss vom WM-Achtelfinale ließ mich erst später in die Vorbereitung bei Valencia einsteigen. Dort hatte man hohe Erwartungen an mich, ich war jetzt Weltmeister. Ich musste zuallererst fit werden und mich dann bei einem neuen Verein profilieren. Dadurch fiel ich in kein Loch, weil ich mich direkt neu beweisen musste. Ich konnte mich nicht zurücklehnen.
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Seite 3: Seine Probleme in Everton und geknackte Kaugummiautomaten
SPOX: Nur dank der Verletzung von Marco Reus rückten Sie damals in den endgültigen WM-Kader. So bitter das auch klingt, aber war die Verletzung von Reus ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Karriere?
Mustafi: Es tat mir unfassbar leid, was Marco da passiert ist. Er hatte zuvor eine überragende Saison mit dem BVB gespielt und dann diese Aktion im letzten Testspiel vor dem Turnier - bitter! Aber letzten Endes weiß man nicht, was passiert wäre, wenn sich Marco nicht verletzt hätte. Vielleicht hätte ich auch bei Sampdoria Genua eine herausragende Saison gespielt und ich würde jetzt bei Juventus Turin spielen. Insofern würde ich das nicht als Schlüsselerlebnis beschreiben. Ich wurde oft als Spieler abgeschrieben und habe dann den nächsten Schritt gemacht. Das war bei meinem Wechsel von Everton nach Genua so. Auch als ich in den WM-Kader gerutscht bin, war die Skepsis groß. Ich denke aber, dass ich auch so meinen Weg gegangen wäre.
SPOX: Haben Sie eigentlich mal mit Marco Reus darüber gesprochen?
Mustafi: Nein, wir haben darüber nicht geredet. Natürlich wäre ich lieber ohne seine Verletzung auf den WM-Zug aufgesprungen. Aber so ist es nun mal.
SPOX: Welche Rolle hatte Sie eigentlich innerhalb des Teams? Immerhin kannten Sie ja nur wenige Spieler, weil Sie erst ein paar Monate zuvor ihr Debüt gegeben hatten und auch nicht in der Bundesliga aktiv waren...
Mustafi: Ich war einfach Shkodran. Einer von 23 Jungs, die den Titel holen wollten. Ob Koch, Masseur oder Physiotherapeut, jeder war ein kleiner Teil des Teams. Natürlich war ich am Anfang noch schüchtern und zurückhaltend, weil sich viele Jungs aus der Bundesliga kannten. Ich war lediglich bei zwei Lehrgängen zuvor dabei gewesen. Aber ich kannte Mario Götze noch aus der U17-Nationalmannschaft. Zudem war ich gemeinsam mit Miro Klose im Haus. Er gab mir den einen oder anderen Tipp und ich saß oft mit ihm zusammen.
SPOX: Stichwort Mario Götze. Sie sind gut mit ihm befreundet. Wie beurteilen Sie eigentlich seine Entwicklung nach der WM?
Mustafi: Alle vergessen immer, dass er erst 23 ist. Der ganze Druck, der auf ihm lastet, ist extrem schwierig zu bewältigen. Er schießt uns zum WM-Titel, ist der Held von Deutschland. Anschließend wurden Wunderdinge von ihm erwartet und er wurde viel zu heftig kritisiert in der vergangenen Saison. Das war nicht fair.
SPOX: Warum steht Götze so sehr im öffentlichen Interesse? Er polarisiert ja wie nur ganz wenige Spieler in Deutschland.
Mustafi: Er steht doch schon immer im Fokus, weil er schon früh als Ausnahmetalent galt. Es gibt aber in Deutschland einige Experten, die zu schnell urteilen und gerne kritisieren, wenn man mal einen durchschnittlichen Tag hat. So ist die Medienwelt, ich lese daher ganz selten Dinge über mich. So etwas lenkt nur ab. Mario ist ein guter Kumpel von mir, wir waren zuletzt auch zusammen im Urlaub. Es war auch für ihn jetzt auch mal wichtig, dass er Körper und Kopf regenerieren lassen konnte. Er arbeitet sehr, sehr professionell. Er wird seinen Weg definitiv gehen.
SPOX: Vor zwei Jahren waren Sie noch Ersatzspieler bei der U21-EM in Israel. Jetzt sind Sie Weltmeister und stehen auf dem Wunschzettel von Real Madrid und dem FC Barcelona. Geht Ihnen das nicht alles zu schnell?
Mustafi: Nein, überhaupt nicht. Ich nehme die Situationen immer so an, wie sie sind und versuche das Beste daraus zu machen. Egal wie überraschend manche Nominierung auch war, egal wie überraschend ein Wechsel zustande kam, ich dachte mir nie: "Wow, was passiert hier gerade?" Ich habe einfach die Situation angenommen und mich mit klarem Kopf auf die anstehenden Aufgaben konzentriert. Wenn man mal 35 ist und die Karriere langsam zu Ende geht jetzt, dann darf man solche Gedanken mal fassen.
SPOX: Apropos Real und Barca. Was läuft denn da eigentlich genau?
Mustafi: (lacht) Auch wenn wir jetzt hier zusammensitzen und Sie gerne etwas hören möchten. Ich habe mich dahingehend noch nicht erkundigt. Wenn es eine Anfrage von Real gegeben haben soll, dann ehrt mich das natürlich sehr. Aber ich war jetzt im Urlaub und den habe ich genutzt, um auch mal mental abzuschalten. Ich habe keine Zeitungen gelesen und mir auch nicht sagen lassen, wer vielleicht an mir interessiert sein soll. Vorhin habe ich mitbekommen, dass Lukas Podolski zu Galatasaray gewechselt ist. Aber auch nur, weil zufällig ein Bild von ihm auf Instagram sah, auf dem er mit dem Gala-Präsident Tee trank.
SPOX: Als Nachfolger für Sergio Ramos bei den Königlichen - gefällt Ihnen diese Vorstellung?
Mustafi: Dann müsste ich ja schon wieder in große Fußstapfen treten (lacht). Natürlich ist das eine Anerkennung meiner Leistung und zeigt, dass ich eine ordentliche Saison gespielt habe. Aber ich fühle derzeit sehr mich wohl in Valencia.
SPOX: Valencia ist rein geographisch nicht der schlechteste Ort. Sonne, Strand und Meere. Was macht Shkodran Mustafi, wenn er mal seine freie Zeit genießt?
Mustafi: Ich bin oft am Strand. Dort ist es absolut genial und ich kann wunderbar runterkommen. Wenn ich Freunden dann ab und an Bilder schicke, heißt es nur: "Der Junge hängt ja nur am Strand ab." (lacht)
SPOX: Bleibt dafür wirklich so viel Zeit?
Mustafi: Jetzt nicht falsch verstehen. Ich trainiere natürlich auch viel, aber wenn am Abend zwei Stunden Zeit sind, dann geht man nochmal an den Strand und genießt es einfach. Ich wohne ein bisschen außerhalb der Stadt, von daher kann ich da immer nochmal schnell hin. Aber manchmal kann es in Valencia auch ziemlich laut werden...
SPOX: Inwiefern?
Mustafi: Während des Frühlingsfests, den Fallas. Meine Güte, was da in der Stadt los ist. Wahnsinn. (Mustafi zückt sein Handy und zeigt ein Video von den Fallas) In diesen drei Wochen ist in Valencia die Hölle los. Mit Schlaf wird es in dieser Zeit schwer, ich hatte kurzzeitig schon überlegt, ob ich flüchten sollte (lacht).
SPOX: Sie haben verschiedenste Kulturen erlebt, spielten in Italien, England und nun in Spanien. Inwieweit hat sie das alles geprägt?
Mustafi: Ich habe überall meine Erfahrungen gemacht und die Mentalitäten kennengelernt. Sowohl sportlich als auch menschlich. In England habe ich zum Beispiel gelernt, was Professionalität bedeutet. Dort wurde mit beigebracht, dass man immer 100 Prozent geben muss - egal ob im Training oder im Spiel. In Italien habe ich mich menschlich weiter entwickelt. Dort lernte ich, dass es nicht nur Fußball im Leben gibt.
SPOX: La Dolce Vita oder was?
Mustafi: So meinte ich das nicht. Ich ging mit 17 zum FC Everton, dort gab es für mich nur Fußball, Fußball, Fußball. Am Vormittag trainierte ich mit der ersten Mannschaft, am Nachmittag mit der 2. Mannschaft und ab und an ging ich noch ins Fitnessstudio. Für andere Dinge blieb wenig Zeit. Aber ich habe mich bewusst so entschieden, es zwang mich ja niemand dazu. Ich wollte unbedingt Profi werden und arbeitete hart daran.
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SPOX: Dagegen ist doch aber nicht zu sagen.
Mustafi: Nach fast drei Jahren auf der Insel dachte ich mir allerdings: "Boah ey! Ich bin jetzt fast 20 und habe keinen Bock mehr auf Fußball."
SPOX: Ernsthaft?
Mustafi: Weil es für mich nur den Fußball gab. Ich habe gearbeitet wie ein Verrückter, kam aber nicht wirklich zum Zug. Ich begann an mir zu zweifeln. Dann kam das Angebot von Genua und ich wusste, dass das die richtige Entscheidung ist. Dort habe ich dank Roberto Soriano gelernt, dass es auch abseits des Fußballplatzes ein Leben gibt. Er hat mich mit der Stadt vertraut gemacht, wir haben einen Freundeskreis aufgebaut und viel zusammen unternommen. Ich konnte anfangs noch kein italienisch, da half mir Roberto sehr. Als ich abends nach Hause kam, hatte ich schon wieder richtig Bock auf das Training am nächsten Tag. In dieser Zeit lernte ich, dass man irgendwann verkrampft und mit seinem Leben nicht mehr zufrieden ist, wenn man sich zu sehr auf eine Sache fokussiert.
SPOX: Mit der Erfahrung von heute: Was würde der der 17-jährige Shkodran jetzt anders machen?
Mustafi: Ich würde mich jetzt nicht mehr so krass auf Fußball versteifen. Mein Leben bestand nur aus Fußball. Ich hatte mir selbst so viel Druck gemacht, dass ich es unbedingt schaffen musste. Ich hätte früher einen Gang zurückschalten und mal mehr das Leben genießen müssen. Aber damals hatte ich nur Fußball im Kopf. Das war nicht gesund.
SPOX: In Ihrer Kindheit hatte Ihre Familie finanzielle Probleme. Dennoch hat Ihr Vater Sie immer ins Training gefahren. Entstand daher vielleicht der Druck, dass man der Familie etwas zurückgeben möchte?
Mustafi: Nein, das Gefühl kommt nur, wenn die Eltern übertrieben scharf darauf sind, dass ihr Sohn Profi wird. So war das bei uns aber nicht. Für meine Eltern war ich immer nur ihr Junge, nicht der Fußballer. Das ist bis heute so geblieben. Meine Großeltern sind damals nach Deutschland geflüchtet, mussten eine ganze Familie ernähren und sich ein ganz neues Leben aufbauen. Wir waren nie sonderlich privilegiert. So etwas schweißt die Familie zusammen. Ich weiß auch, dass ich es ohne meine Eltern nicht so weit geschafft hätte. Das versuche ich jetzt zurückzugeben. Nicht aber mit Geld, sondern mit Aufmerksamkeiten. Wenn mein Vater mich nicht immer ins Training gebracht hätte oder meine Mutter meine Tasche nicht gepackt hätte, würde ich jetzt wohl immer noch in Bebra spielen.
SPOX: Zu Ihrem Vater haben Sie eine besondere Verbindung. Er war 17, als sie auf die Welt kamen...
Mustafi: Eigentlich sind wir beste Kumpels, ja. Wir waren auch schon mal zusammen feiern. Aber auch zu meiner Mutter habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Ich meine, welche Mutter lässt seinen Sohn mit 14 freiwillig alleine nach Hamburg ziehen?
SPOX: Zugegeben, vermutlich nicht viele...
Mustafi: Eben. Das rechne ich meiner Mutter heute noch hoch an. Sie hätte auch sagen können, dass ich noch ein zwei Jahre in Bebra bleiben solle. In dieser Zeit hätte sich alles verändern können...
SPOX: Nun bauen Sie sogar ein Haus in Bebra. Ist das auch ein Ausdruck ihrer Heimatverbundenheit? Viele Spieler in Ihrem Alter kaufen sich Luxusgegenstände oder leisten sich Immobilien am Strand...
Mustafi: Hier komme ich her, das ist mein Zuhause. Ich habe hier eine tolle Kindheit gehabt. Wenn ich nach meiner Karriere an dem Sportplatz vorbeifahre, an dem alles begonnen hat, sind das Erinnerungen, die mir sehr viel bedeuten. So etwas hält einen auch auf dem Boden. Hier kann ich einfach ich sein - der Shkodran, der mit hier mit den Jungs zur Schule ging, der mit den Jungs gekickt hat und der auch mal Kaugummiautomaten geknackt hat (lacht).
SPOX: Sie haben noch eine zweite Heimat, besitzen albanische Wurzeln und fahren einmal im Jahr dorthin. Wie erleben Sie diese regelmäßige Rückkehr in eine kulturell sehr unterschiedliche Welt?
Mustafi: Ich besuche Verwandte, die dort noch leben und verbringe Zeit mit Teilen meiner Familie. Das ist mir wichtig. Die Besuche zeigen einem immer wieder, wie gut es uns Profis geht. Dadurch lernt man, dass nicht alles selbstverständlich ist im Leben. Die Leute dort stehen morgens auf, kommen abends zurück, haben zehn Euro verdient und hatten nichts vom Tag. Das macht einen nachdenklich und erdet einen immer wieder.
SPOX: Sie wissen um Ihre Privilegien. Daher auch Ihre positive Grundeinstellung zum Leben?
Mustafi: Natürlich! Die Leute müssten doch denken, ich sei bekloppt, wenn ich ständig schlechte Laune hätte. Ich lebe meinen Traum, ich bin Fußballballprofi, darf das machen, was ich schon immer wollte. Warum sollte ich mir das also versauen, in dem ich ständig schlecht drauf bin? Das ist auch ein großes Problem bei uns in Deutschland. Wir suchen uns ständig neue Probleme - anstatt zu genießen und wertzuschätzen, dass es einem gut geht. Es ist ja nicht so, dass ich nicht hart für das alles gearbeitet hätte.
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Shkodran Mustafi im Steckbrief