Ein deutscher Sieger in Eichenried? Möglich! Mit Martin Kaymer und Marcel Siem hat Deutschland am Wochenende (Tag 3, Sa. um 14 Uhr im LIVE-TICKER) zwei heiße Eisen im Feuer. Siem spielte auf dem Par-72-Kurs im Golfclub München Eichenried am Freitag eine 68er-Runde und verbesserte sich damit bei einem Gesamtscore von sieben unter Par auf den geteilten neunten Rang.
Kaymer notierte ebenfalls eine 68 und liegt damit bei sechs unter Par auf dem geteilten 15. Platz. Die beiden Deutschen sind voll im Rennen um den Sieg, denn der Rückstand auf die Spitze hält sich in Grenzen.
Die Führung haben bei Halbzeit der Schwede Henrik Stenson (70) und der Südafrikaner George Coetzee (67) inne. Beide liegen bei zehn unter Par. Auf Rang drei folgt bei neun unter Par der Spanier Pablo Larrazabal (67), dahinter kommt eine Fünfergruppe bestehend aus Markus Brier (AUT/69), Mark Foster (ENG/68), Simon Khan (ENG/67), Tim Sluiter (NED/70) und Bradley Dredge (WAL/66).
Knappe mit Hole-in-One
Negativ aus deutscher Sicht: Außer Kaymer und Siem schaffte niemand den Cut. Der von seiner Daumenverletzung geplagte Bernhard Langer schoss sogar eine 79er-Horrorrunde und beendete das Turnier auf dem 151. und vorletzten Platz. Der 53-Jährige scheiterte bei seinem 21. Start in München erstmals seit seinem ersten Auftritt 1989 am Cut.
Immerhin war ein weiterer Deutscher noch für den Schlag des Tages verantwortlich: Alexander Knappe. Der 22-Jährige lochte an der 2 (Par 3) seinen Abschlag aus 203 Metern mit einem Eisen 4 direkt ein. Es war das 14. Ass der Turniergeschichte und das zweite eines Deutschen. Alex Cejka hatte 1997 einmal an der 8 ein Ass gespielt. Kurios: Knappe ist ein echter Hole-in-One-Meister, in Eichenried gelang ihm bereits das vierte Ass seiner Karriere.
Der Zuschauerzuspruch in Eichenried war auch Tag 2 groß - 16.700 Fans, darunter Bayern-Star Bastian Schweinsteiger, kamen auf die Anlage, also noch einmal 1400 mehr als an Tag 1.
Reaktionen:
Martin Kaymer: "Es war auf jeden Fall wesentlich besser als in der ersten Runde. Ich habe den Ball sehr gut getroffen und die Fairways gut getroffen. Zwischen Bahn acht und elf habe ich einen guten Lauf gehabt. Schade, dass das Bogey an der 16 passiert ist, das war mein einziger wirklich schlechter Schlag heute. Aber es war schön, mit einem Birdie an der 18 aufzuhören vor den vielen Fans auf den Tribünen. Die vielen Zuschauer, da werden Erinnerungen wach, und das war schon wieder so ein besonderes Erlebnis. Ich hoffe, dass jetzt am Samstag und Sonntag noch mehr Zuschauer kommen. Dann können wir vielleicht alle zusammen das Turnier gewinnen."
... über seinen Schwung: "Der Schwung hat sich sehr gut angefühlt. Ich habe schon viel weniger nachgedacht als gestern und in den letzten Wochen. Ich bin sehr zufrieden. Ich hatte Selbstvertrauen, wenn ich über dem Ball stand, das hatte ich in den letzten Wochen nicht."
... über seine Chancen: "Ich bin vier Schläge hinten, was auf diesem Golfplatz nicht viel ist, weil man viele Birdie-Chancen bekommt. Ich hoffe, dass ich bis zum Sonntag auf zwei bis drei Schläge Rückstand verkürzen kann, das wäre eine gute Ausgangsposition."
Marcel Siem: "Mein großes Ziel ist, dass ich mal vier gute Runden nacheinander spiele. Das habe ich in diesem Jahr noch nicht geschafft. Ein Top-Ten-Ergebnis ist auf jeden Fall das Ziel."
Bernhard Langer: "Das Ergebnis nehme ich nicht allzu ernst. Wenn ich gesund wäre und hätte eine 76 und 79 gespielt, wäre ich sehr deprimiert. Aber ich bin nicht gesund. Ich habe acht bis zwölf Löcher mit Schmerzen gespielt. Das ist wie, wenn man gegen eine Wand haut. Ich habe jetzt zwei Wochen Pause, besuche meine Mutter, und dann ist die British Open mein Ziel. Ich werde alles dafür tun, dass ich das hinkriege. Es könnten meine letzten sein. Der Arzt hat mir gesagt, dass es mit Sicherheit besser wird. Es ist nur schwierig, das in einer Woche hinzubekommen"
Henrik Stenson: "Es ist nie schön, wenn man mit zwei Bogeys aufhört, aber ich bin trotzdem in einer guten Position für das Wochenende. Ich denke, dass ich gut genug spiele, um das Turnier gewinnen zu können."
George Coetzee: "Ich lag schon ein paar Mal in Führung, früher oder später würde ich gerne mal ein Turnier dann auch gewinnen. Am Donnerstag war ich die ersten 13, 14 Löcher sehr unzufrieden mit meinem Spiel, aber mein Caddy hat einen guten Job gemacht und dafür gesorgt, dass ich geduldig geblieben bin."
Der Star des Tages: George Coetzee. Für die besten Runden des Tages sorgten Francesco Molinari, Lloyd Saltman, Chris Wood, Bernd Wiesberger und Bradley Dredge, die alle eine 66 ins Clubhaus brachten, aber an dieser Stelle soll ein südafrikanischer Nobody vorgestellt werden. Es ist einfach Wahnsinn, wie viele Top-Golfer Südafrika produziert. Mit Charl Schwartzel und Louis Oosthuizen kommen zwei der letzten vier Major-Champions aus Südafrika. Es gibt aber noch viel mehr Südafrikaner, die Ernie Els und Retief Goosen nacheifern und großes Potenzial besitzen. Coetzee spielte in der letzten Saison sein erstes Jahr auf der European Tour, verlor seine Tour-Karte gleich wieder, holte sie sich bei der Qualifying School aber auch gleich wieder zurück. 2011 läuft es für den 24-Jährigen bislang mittelprächtig (Rang 77 im Race to Dubai), aber in den letzten Wochen hat er ansteigende Form gezeigt. Zweimal verpasste er nur knapp die Top 10. In Eichenried liegt Coetzee nach zwei 67er-Runden gemeinsam mit Stenson in Front. Seine große Stärke: der Putter. 49 Putts (24+25) in zwei Tagen - überragend. Erwähnenswert: Michael Campbell, an Tag 1 als einer der Flops auserkoren, rächte sich mit einer starken 67. Den Cut verpasste er trotzdem.
Der Flops des Tages: Paul Casey. Bernhard Langer ist vom Ergebnis her ein Flop, aber der 53-Jährige spielte verletzt und muss eher noch ein Lob erhalten, dass er es überhaupt probiert hat. Casey ist dagegen eine einzige Enttäuschung. Der Engländer lag lange in den Top 10 der Welt, aktuell ist er die Nummer 12 und damit eigentlich einer der großen Stars in Eichenried. Aber eben nur eigentlich. Dabei hatte es nach 15 Löchern seiner ersten Runde noch gut ausgesehen. Casey lag an Tag 1 bei vier unter Par, ehe er an der 7 (Par 4) ein totales Desaster erlebte. Nachdem er seinen Abschlag ins Gemüse verzogen hatte, bewegte er seinen Ball mit seinen nächsten beiden "Hack-Aktionen" fast gar nicht, als er irgendwann mit dem Loch fertig war, stand die 8 auf der Scorekarte. Quadruple-Bogey. Casey spielte nur die 72 - und an Tag 2 notierte er nach zahlreichen furchtbaren Drives selbst mit einem Eagle an der 18 nur eine 73. Casey (T100.) verpasste klar den Cut. Bei der US Open hatte er in der Vorwoche auch schon am Wochenende frei. Angesichts seiner unbestrittenen Qualität ist es derzeit schon sehr wenig, was Casey zeigt.
Analyse: Zwei Deutsche gehen mit Siegchancen ins Wochenende - dem Turnier hätte nichts Besseres passieren können. Wenn man ehrlich ist, sieht das Bild nach Tag 2 folgendermaßen aus: Viele Top-Stars wie Dustin Johnson, Sergio Garcia, Miguel Angel Jimenez oder Matteo Manassero hängen recht weit zurück - das Leaderboard ist von den Namen her nicht gerade sexy, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber: Es macht alles nichts, weil mit Martin Kaymer und Marcel Siem zwei Jungs da sind, die die Anlage an den letzten beiden Tagen rocken könnten.
Kaymer begann seinen zweiten Tag mit sieben Pars, ehe er Feuer fing. Von der 8 bis zur 11 spielte der 26-Jährige vier Birdies in Folge. Ein Bogey an der 16 warf ihn zurück, aber an der 18 zeigte er seinen Fans ein tolles Finish. Kaymer zimmerte seinen zweiten Schlag aufs Grün, nur schade, dass er seinen Eagle-Putt nicht lochen konnte. Kaymer macht insgesamt wieder einen guten Eindruck, er hat seinen Schwung wieder - sein zweiter Sieg in Eichenried ist absolut drin.
Aber nicht nur ein Kaymer-Sieg wäre eine Wahnsinns-Story. Man stelle sich vor, Marcel Siem würde das Ding gewinnen... Siem kam auch am Freitag schwer in die Runde und lag nach einem Bogey an der 5 eins über Par, danach drehte er aber auf. Siem notierte Birdies an der 6, 7 und 13 - an der 11 gelang ihm sogar ein Chip-in-Eagle. Sein ärgerliches Drei-Putt-Bogey an der 16 war dann wieder aus der Kategorie "typisch Siem", aber wie er dann mit einem Birdie an der 18 noch einmal antwortete, war stark.
Ganz und gar nicht stark war dagegen das Abschneiden der weiteren Deutschen. Außer Kaymer und Siem verpassten 13 Mann den Cut. Besonders bitter ist das Ausscheiden von Alex Cejka, Stephan Gross und Bernhard Langer. Cejka benötigte ein Birdie an der 18, um am Wochenende dabei zu sein, spielte aber das Bogey. Sein größtes Problem war an Tag 2 mal wieder der kalte Putter. Den 23-jährigen Gross, der mit einer 69 so toll gestartet war, zerlegte es bei seiner 79 (2 Birdies, 5 Bogeys, 2 Doppel-Bogey) völlig. Und Langer? Der war einfach nicht fit.
Es ist schon eine bittere Geschichte. Man ist dem Fahrrad unterwegs, hält an einer Ampel, drückt auf den Knopf - und zieht sich eine Bänderzerrung zu, die operiert werden muss. Wegen seiner saudummen Daumenverletzung konnte Langer drei Monate keinen Schläger mehr in die Hand nehmen. Eine völllig neue Erfahrung für den 53-Jährigen. In Eichenried wollte er jetzt unbedingt dabei sein, auch wenn die Schmerzen nach seinem Start bei seinem eigenen Senioren-Event in Bergisch Gladbach wieder größer geworden waren. Es war die falsche Entscheidung.
Langer war in den letzten zwei Tagen nicht er selbst. Nach seiner 76 an Tag 1 schoss er am Freitag sogar eine 79. Langer startete an der 10, kassierte Bogeys an der 13 und 14, bis er von der 15 bis 17 drei Birdies in Folge spielte und kurzzeitig heiß lief. Es folgten aber grauenvolle zweite neun Löcher. 44 Schläge benötigte Langer, negatives Highlight war eine Quadruple-Bogey-9 an der 6. Langer belegte nach 36 Löchern bei +11 Rang 151. Nur der Argentinier Julio Zapata war noch einen Schlag schlechter. Bleibt zu hoffen, dass sein Daumen bald wieder okay ist.
Insgesamt spielte sich der Platz am zweiten Tag trotz guten Wetters schwieriger als zum Auftakt, sodass sich eine spannungsgeladene Situation ergeben hat. Vor dem Moving-Day liegen 29 Spieler innerhalb von nur 5 Schlägen. Es wird zu einem echten Shootout kommen. Mit vielen Nobodys, mit zwei Stars (Stenson und Goosen) - und mit zwei deutschen Hoffnungsträgern.