SPOX: Die EHF hat sich zur Saison 2015/2016 für eine weitere Aufstockung der Champions League auf 28 Teams entschieden.
Wiederer: Darf ich da bitte gleich einhaken. Aufstockung ist für mich nicht die richtige Bezeichnung. Wir machen zwei Dinge gleichzeitig. Wir reduzieren und wir stocken auf. Wir reduzieren, weil wir zum einen von 24 auf 16 Mannschaften zurückgehen in zwei Achtergruppen, in denen die absoluten Top-Mannschaften versammelt sind. Dazu stocken wir mit den Gruppen C und D auf und geben noch mehr Teams eine Chance, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. Aus unserer Sicht ist es immer noch ein offenes System, aber gleichzeitig stark fokussiert auf die ganz starken Mannschaften.
SPOX: Sie wissen am besten, dass es eine Fraktion gibt, die mit der Umstrukturierung überhaupt nicht zufrieden ist und sie ablehnt: die HBL. Wie groß ist Ihr Verständnis für die Haltung der HBL?
Wiederer: Vorneweg: Ich würde es gerne vermeiden, manche Wortwahlen der HBL zu benutzen. Ich möchte auch auf ihre Pressestatements nicht eingehen, in denen es heißt, dass die HBL uns ein Gespräch anbietet oder Ähnliches. Ich kann mich nicht erinnern, dass die HBL jemals mit etwas zufrieden gewesen wäre, was wir getan haben. Die Entwicklung der Champions League ist vorangeschritten, wir haben sehr viel ins Produkt investiert, so etwas fällt nicht vom Himmel. Wir haben mit einheitlichen Böden, dem Erscheinungsbild und vielen anderen Maßnahmen Standards gesetzt. Die HBL sagt zwar, dass das alles attraktiv wäre, beschäftigt sich aber doch sehr viel mit uns, wenn Sie daraus ableiten können, was ich meine. Die Restrukturierung läuft jetzt seit einem Jahr, in diesem Jahr habe ich von der HBL nicht einen Vorschlag gehört, wie die Herausforderungen, die es ohne Zweifel gibt, zu lösen sein könnten. Stattdessen habe ich eine Menge gehört, was die HBL nicht will.
SPOX: Eine berechtigte Kritik war bislang immer die Unattraktivität vieler Gruppenspiele. Wollen Sie mit dem neuen Modus auch dagegen angehen?
Wiederer: Genau, das ist eines der Ziele, das wir damit verbinden. Wir wollen mehr interessante Spiele für die Top-Klubs produzieren. Durch die Reduktion auf die zwei 8er-Gruppen treffen sich dort vereinfacht ausgedrückt die Mannschaften, die wir sonst auch im Achtelfinale sehen. Sprich: Uninteressante Spiele gibt es nicht mehr, weil die für die Top-Teams vielleicht unattraktiveren Gegner erstmal in den anderen Gruppen spielen. Dazu kommt, dass der Gruppensieger automatisch ins Viertelfinale einzieht. Das könnten ja auch zwei deutsche Mannschaften sein. Und für den Gruppensieger ergibt sich dann auch gar nicht in der Form eine Veränderung der Anzahl der Spiele.
SPOX: Der Kalender ist definitiv das Thema, das im Handball am meisten diskutiert wird. Die Diskussionen führen zuweilen soweit, dass radikale Veränderungen wie die "Verlegung" des Handballs zu den Winterspielen vorgeschlagen werden. Wie ist Ihre Meinung zum aktuellen Kalender?
Wiederer: Es ist klar, dass das Thema Kalender völlig unterschiedlich bewertet wird, je nachdem von welcher Seite es angeschaut wird. Dass ein Land wie Deutschland mit einer so intensiven Liga mit 18 Klubs größere Kalender-Probleme als ein Land mit einer kleineren Liga hat, liegt in der Natur der Sache. Es ist ein ewiges Diskussionsthema, bei dem wir viele Konzepte wie die Geschichte mit den Winterspielen nur theoretisieren können. Würde man das machen, würde das ja eine grundlegende Veränderung der Struktur bedeuten. Niemand weiß, ob das von Vorteil wäre. Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass der Kalender langfristig gemacht wird. Wir sind jetzt fertig mit 2016, es gibt einen Rahmenkalender bis 2018. Es ist keine Frage, die sich leicht beantworten lässt. Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.
SPOX: Wenn es um Olympia, WM und EM geht und große Handballnationen ein Turnier verpassen, was jetzt entweder Deutschland oder Polen für die WM 2015 in Katar erleben wird, schreien viele auch schnell nach Wildcards. Wie ist der Stand bei der EHF?
Wiederer: Im Moment ist es bei uns noch kein Thema, weil wir die EM momentan ja noch mit 16 Mannschaften spielen. Wir werden aber im September in Dublin dem Kongress eine Erweiterung der EM auf 24 Teams zum Beschluss vorlegen. Sobald das durch ist, müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die 24 Teams zusammengesetzt werden. Dann werden auch Wildcards ein Thema sein.
SPOX: Der FC Bayern ist mit einer Wildcard in die Euroleague gekommen und hat sich in dieser Saison sehr ordentlich geschlagen. Der FC Bayern als Marke hat den Basketball in Deutschland generell nach vorne gebracht. Wäre das auch ein Modell im Handball?
Wiederer: Der FC Bayern Handball würde uns gut tun, absolut. Handball-Klubs, die bereits eine Struktur haben, helfen uns. Das gilt für den FC Barcelona und das würde natürlich auch für den FC Bayern gelten. Allerdings ist das ein Szenario, bei dem es im ersten Schritt eine Aufgabe der HBL wäre, sich darum zu kümmern, erst im zweiten Schritt dann für uns.
SPOX: Zwei Wochen vor dem Handball-CL-Final-Four fand das Euroleague-Final-Four in Mailand statt. Wie ist das Verhältnis zu den Basketballern?
Wiederer: Wir haben mit den Basketballern ein sehr gutes und offenes Verhältnis, es gibt einen guten Austausch, auch vor allem unter den Klubs selbst. Die Euroleague ist für uns auch keine Konkurrenz. Wir haben festgestellt, dass unser Klientel nicht exakt das gleiche ist, deshalb ist alles wunderbar, solange sie und wir unsere Hallen voll bekommen. Wir schauen natürlich auch, was die Euroleague macht. Wir haben zu Beginn über das Final Four gesprochen. Als die Euroleague jedes Jahr mit dem Standort gewechselt ist, haben wir gesehen, welche Probleme das kreierte und unsere Schlüsse daraus gezogen.
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Die Champions League im Überblick