"You cannot be serious"

Hier der Beweis: Es gibt bei der WM auch echte Katar-Fans
© getty

Die spanischen Söldner-Fans lassen ihre Katar-Trikots zu Hause, ein ahnungsloser Techniker bringt einen Dänen an den Rand der Verzweiflung. Zudem: eine wilde Taxifahrt und wie Lars Christiansen den ersten TV-Auftritt meines Lebens verhinderte.

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Von Lars Christiansen ausgebremst

Mittags in Lusail. Ein TV-Moderator von "beIN SPORTS" betritt hektisch das Medienzentrum. In 25 Minuten soll er vor der Kamera mit irgendjemandem über den am Abend anstehenden Knaller zwischen Dänemark und Deutschland sprechen. Ein dänischer Journalist und ich - viel mehr Leute sind um diese Zeit noch gar nicht da - sind seine letzte Rettung.

Wir beide fühlen uns nicht unbedingt berufen, vor eine Kamera zu treten. Doch der Kollege weiß nicht, wen er sonst fragen soll. Wir lassen uns breit schlagen. "Ihr müsst in 15 Minuten unten am Spielfeldrand sein", sagt der Moderator. "Wir sind da", antworten wir.

Der Däne und ich sind etwas nervös, gemeinsam machen wir uns auf den Weg. Als wir am vereinbarten Treffpunkt ankommen, steht da Lars Christiansen herum, die Legende der SG Flensburg-Handewitt. Wo kommt der denn plötzlich her? Wir plaudern kurz mit dem früheren Linksaußen, da kommt der Moderator.

WM-Tagebuch, Teil 1: Steinewerfer und volle Schweden

Er zieht Christiansen am Arm vor die Kamera, kommt zu uns zurück und meint: "Sorry guys. Aber ihr versteht das doch, oder?" Wir verstehen. Wir sind raus!!! Beide müssen wir lachen, sind irgendwie aber auch erleichtert. Mein erster Fernsehauftritt muss noch warten. Danke, Lars.

Das Techniker-Debakel

Pressetribüne in Lusail, noch zwei Stunden bis zum Spiel Deutschland gegen Dänemark. Der Kollege vom dänischen Fernsehen direkt hinter mir wird allmählich ungeduldig. Die Leitung funktioniert noch immer nicht, er verlangt erneut nach einem der ortsansässigen Techniker. Das Problem: Er kann Kopenhagen hören, Kopenhagen ihn aber nicht.

Der Techniker ist schnell zur Stelle. Stecker raus, Stecker rein. "Geht's jetzt", fragt er. "You cannot be serious", antwortet der Däne nahezu entsetzt: "Warum sollte es jetzt funktionieren?" In diesem Moment ist klar: Der Techniker hat nicht den blassesten Schimmer von dem, was er da tut. Ich amüsiere mich prächtig und grinse den Dänen an. Sein Blick überzeugt mich davon, das vorerst zu unterlassen.

Glücklicherweise zaubert der Techniker direkt die nächste geniale Idee aus dem Hut. "Vielleicht geht es ja später", sagt er. Der Däne ringt mittlerweile um Fassung. Die Lösung: Ein zweiter Techniker wird hinzugezogen, der nach einigem Hin und Her die Sache ins Laufen bringt - offenbar allerdings nur halbwegs. Ich höre den dänischen Kollegen während des Spiels mehrfach fluchen.

Um kein falsches Bild entstehen zu lassen: Die Arbeiter in den Hallen der WM sind allesamt sehr freundlich, hilfsbereit und größtenteils auch fähig. Lösungen werden letztlich fast immer gefunden. Gerade im TV-Bereich gibt es allerdings einige Probleme. Fragt mal bei den Kollegen von "Sky" nach...

Zwei Taxis, ein Fahrgast

Am Morgen nach dem DHB-Remis gegen Dänemark steht die obligatorische Pressekonferenz im deutschen Hotel auf dem Programm. Hier ist nichts mit Shuttle, ein normales Taxi muss her. Kaum auf der Straße habe ich schon Glück. "Zum Hilton, bitte." Los geht's! Rund 200 Meter weiter kommen wir an eine Kreuzung. "Links oder rechts", fragt mich der Taxifahrer. Ich muss mich verhört haben: "Wie bitte?" "Links oder rechts", wiederholt der Kollege am Steuer.

Ich bin für ein paar Sekunden sprachlos, der Fahrer biegt derweil einfach mal links ab. Dann hält er am Straßenrand. "Kennen Sie den Weg nicht?", frage ich. Er schaut mich an, als hätte ich soeben die dümmste Frage aller Zeiten gestellt, zuckt mit den Schultern und meint: "I'm from Ghana."

Das ist ein Argument! Es stellt sich heraus, dass der Fahrer den Job erst seit drei Tagen macht und sich deshalb nicht auskennen kann. "Navi", frage ich. "Kaputt", antwortet er. Und jetzt? Er steigt aus und winkt ein weiteres Taxi heran. Die Herren unterhalten sich, ich erkenne, wie meinem Fahrer der Weg erklärt wird. Vergeblich.

Die Situation wird schließlich landestypisch rational gelöst. Mein ghanaischer Kumpel und ich fahren einfach dem anderen Taxi hinterher. Nach etwa zehn Minuten streckt unser Lotse den linken Arm aus dem Fenster und zeigt mit dem Finger über sein Dach hinweg auf die rechte Seite. Da steht das Hilton, hat doch perfekt geklappt. Zur Beruhigung der Chefetage in München: Ich hab natürlich nur ein Taxi bezahlt.

Söldner-Fans ziehen Trikots aus

Ab nach Lusail, Spanien spielt gegen Katar. Die spannende Frage: Wie werden sich die vom Gastgeber eingekauften Fans aus Spanien verhalten? Werden sie tatsächlich gegen ihr Heimatland Stimmung machen und die Weltauswahl der Scheichs nach vorne peitschen?

Es fällt auf: Viele der spanischen Fans tragen diesmal kein Katar-Trikot, einige der Söldner fühlen sich offenbar nicht so richtig wohl in ihrer Haut. Trotzdem feiern sie nur, wenn Katar trifft. Bei einem Treffer des Weltmeisters verhalten sie sich ruhig.

Die Stimmung insgesamt ist für Europäer etwas ungewohnt, aber nicht schlecht. Die Kataris singen fröhlich, so richtig aus sich heraus gehen sie aber nicht. Das gehört sich hier schließlich auch nicht. Spanien gewinnt die Partie letztlich mit einem Kraftaufwand. Übrigens: Die eingeflogenen Fans bekommen nur so lange alles bezahlt, bis Katar ausgeschieden ist.

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