Wunderkind Rubio bittet Geschwindner um Hilfe

Von Interview: Haruka Gruber
Holger Geschwindner bei der Verleihung des Silbernen Lorbeerblatts an Dirk Nowitzki
© Imago
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SPOX: Svetislav Pesic, mittlerweile bei Roter Stern Belgrad, wollte ursprünglich Benzing und Tibor Pleiß nach Valencia locken. Wäre das das Boll-Modell gewesen?

Geschwindner: Ohne Einsatzzeit ist es egal, wo man spielt. Heutzutage kann man statistisch ziemlich gut belegen, dass man 1000 Spielminuten unter Wettkampfbedingungen in der Saison braucht, um halbwegs mitmischen zu können. Valencia, Rom, sonst wohin, das ist spannend für die Medien und wahrscheinlich auch für die Manager. Aber für den Spieler bringt es gar nichts, wenn er selten auf dem Platz steht und mehr im Bus und im Flieger sitzt. Für einen Jugendlichen, der sich entwickeln will, ist es immer die klügere Entscheidung, dahin zu gehen, wo er mehr spielt.

SPOX: Gewisse Parallelen bestehen zwischen der deutschen und der serbischen Nationalmannschaft. Deutschland muss zukünftig ohne ihre NBA-Spieler auskommen, Serbien verzichtet freiwillig auf sie. Was bleibt, sind zwei ähnlich junge Teams - wobei die Serben wesentlich abgezockter und reifer auftreten. Woran liegt das?

Geschwindner: Die Serben beschlossen vor ein paar Jahren, einen Neuanfang zu machen, nachdem das Einsammeln der NBA-Spieler und die Coacherei zu Problemen geführt hatten. Sie zogen also einen Schlussstrich. Von außen betrachtet scheint es alles mittlerweile einen sehr starken militärischen Anspruch zu haben, verbunden mit einer hohen Disziplin. Es ist ein durchaus denkbares Konzept. Wenn die Serben diese Richtung weitergehen, werden sie in Zukunft im Basketball wieder so führend sein wie früher schon einmal.

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SPOX: Heißt das: Deutschland braucht mehr Serbien?

Geschwindner: Unter den gegebenen Möglichkeiten kann man in Deutschland keinem befehlen, wie man gut wird. Wir müssen unsere eigene Lösung finden - und daran muss konzeptionell gearbeitet werden.

SPOX: Halten Sie die BBL für fähig, die Nachwuchsarbeit entsprechend zu fördern?

Geschwindner: Was die BBL politisch macht, ist nicht neu, aber es bleibt sehr unverständlich.

SPOX: Gibt es Überlegungen, dass Sie einige der deutschen Hoffnungsträger unter Ihre Fittiche nehmen?

Geschwindner: Jeder kann zu mir kommen und beim Training mitmachen. Das kostet nichts - aber kommen müssen sie selbst. Ich renne keinem hinterher, das habe ich noch nie gemacht.

SPOX: Hat jemand das Angebot angenommen?

Geschwindner: Ich habe noch keinen bei mir gesehen.

SPOX: Stimmt es, dass Sie stattdessen von den Minnesota Timberwolves regelrecht angefleht wurden, sich als Individual-Coach um das spanische Spielmacher-Supertalent Ricky Rubio zu kümmern?

Geschwindner: Das ist sachlich richtig, es hat Anfragen gegeben. Im Detail kann ich aber nicht sagen, wer, wie und wann die Kontaktaufnahme vonstatten ging. Wegen des Lockouts dürfen keine Gespräche stattfinden. Deswegen haben diese schon vorher stattgefunden oder wurden von Leuten geführt, die nichts direkt mit dem Klub zu tun haben.

SPOX: Und, denken Sie darüber nach? Es würde Sinn machen: Sie formten bereits Nowitzki zu einem der besten Jumpshooter der NBA-Geschichte. Der Wurf wiederum ist Rubios größte und vielleicht einzige Schwäche.

Geschwindner: Wenn er im Falle einer Fortsetzung des Lockouts in Deutschland spielen will, ist er bei mir herzlich willkommen. Aber eine Anstellung bei einem NBA-Verein macht für mich überhaupt keinen Sinn. Ich habe über die Jahre sehr viele Anfragen bekommen. Doch so sehr ich die Sportart liebe und bereit bin, einen Beitrag zu leisten: Ich bin niemand, der sich 24 Stunden mit Basketball beschäftigen kann, dazu habe ich zu viele andere Interessen und Aufgaben.

SPOX: Hat der 20-jährige Rubio tatsächlich das Rüstzeug, um wie von vielen erwartet zum NBA-Superstar zu werden?

Geschwindner: Als Jugendlicher war er schon ein Wunderkind. Ob er das aber weiter durchziehen kann, ist die große Frage. Ich kenne das hinreichend aus der Musik. Um sich weiterzuentwickeln, braucht man Fleiß und Übung. Was man an ihm sieht: In der Verteidigung besitzt er gute Hände und klaut hier und da den Ball. Dass seine Hauptqualität aber nicht in seiner Wurftechnik liegt, ist auch bekannt.

SPOX: Klingt verhalten zuversichtlich.

Geschwindner: In der NBA herrschen andere Bedingungen, das haben vor Rubio schon einige Spanier erlebt. Drüben kommt dem physischen Faktor eine viel größere Bedeutung zu. Das beste Beispiel ist der Navarro, der es in der NBA versucht und sich sehr schwer getan hat. Bei der EM sieht man, was im Gegensatz dazu ein Batum für physische Qualitäten mitbringt. Das sind gewaltige Unterschiede.

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