SPOX: Auf welchem Stand sehen Sie sich mittlerweile denn? Was sind Ihre Stärken, was sind Bereiche, an denen Sie noch Arbeit vor sich haben?
Lo: Generell bin ich eigentlich recht zufrieden mit der Entwicklung, die ich hier in New York genommen habe. Durch das Spielen gegen die besten Talente habe ich extrem viel gelernt. Bereiche, in denen ich mich noch weiterentwickeln kann, sind in jedem Fall die Defense, vor allem im Team-Verbund, und das Spielverständnis in der Offense.
SPOX: Gibt es da Spieler, bei denen Sie sagen: Das will ich auch so spielen können? Zu denen Sie aufschauen?
Lo: Um ehrlich zu sein, hat mich Heiko Schaffartzik im letzten Sommer sehr beeindruckt. Er ist ein sehr selbstbewusster Typ, der sich jeden Wurf zutraut, egal wie wichtig er ist. Mir hat aber vor allem seine Übersicht imponiert. Er spielt teilweise Pässe, die dich komplett aus der Reserve locken. Da hat er einfach ein richtig gutes Händchen, das will ich mir auch aneignen.
SPOX: Und was ist mit Dennis Schröder? Seine Entwicklung in dieser Saison kann Sie ja nur freuen, selbst wenn zwischen Ihnen eine Konkurrenzsituation besteht.
Lo: Dennis und ich haben ein richtig gutes Verhältnis. Wir haben uns ja erst letzten Sommer kennengelernt, seitdem halten wir aber Kontakt. Wir schreiben uns regelmäßig, und wenn er in New York zu Gast ist, treffen wir uns auch. Ich kann mir bei ihm außerdem einiges abgucken - wie er attackiert, in die Zone zieht und Kontakt absorbieren kann. Es macht richtig Spaß, seine Saison bei den Hawks aus der Ferne zu verfolgen. Ich kann viel von ihm lernen.
SPOX: Schröder wechselte aus der BBL in die NBA, Sie dagegen gingen einen anderen Weg und zogen direkt nach dem Abitur nach Amerika. Was hat Sie damals zu der Entscheidung bewegt?
Lo: Das hatte bei mir zwei Gründe. Einerseits wollte ich unbedingt Basketball spielen, andererseits aber auch studieren. Da gibt es in den USA ganz andere Möglichkeiten, beides zu kombinieren - und das hatte ich bereits mit 18 im Hinterkopf.
SPOX: Also gingen Sie zunächst an eine Prep School in der Nähe von Boston. Gab es da einen Kulturschock? Für einen Berliner Jung dürfte Massachusetts ja durchaus provinziell wirken...
Lo: Ja, den gab es auf jeden Fall! Wie Sie schon sagen, ist das mit Berlin einfach nicht vergleichbar gewesen. Und die amerikanische Kultur kannte ich bis dahin auch noch überhaupt nicht. Das hat schon seine zwei Monate gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte.
SPOX: Gab es diesen Kulturschock auch auf dem Court?
Lo: Das kann man schon so sagen. Das Spiel in Amerika ist einfach ein ganz anderes. Viel athletischer, viel schneller, außerdem steht das Eins-gegen-Eins mehr im Vordergrund. Es heißt ja immer wieder, dass im europäischen Basketball mehr aufs Team geachtet wird, während in den amerikanischen Schulen das Individuum zählt. Das kann ich bestätigen, da ich beides kennengelernt habe. Beim Schulbasketball hier wird zum Beispiel kaum Team-Defense gespielt, Rotationen sind nicht wirklich vorhanden - deswegen musste ich am Anfang sehr an meiner Individualdefense arbeiten.
SPOX: Obwohl es Anlaufschwierigkeiten gab, konnten Sie Ihr Ziel erreichen und sich für einige Colleges empfehlen. Was hat letztendlich den Ausschlag für die Columbia University gegeben?
Lo: Das Gesamtpaket hat einfach gestimmt. Ich habe mir die Uni angeschaut und das Trainerteam kennengelernt, außerdem spielte die Ausbildung eine Rolle - als Ivy-League-Schule hat Columbia einen besonderen Stellenwert. Und dass die Uni mitten in New York liegt, hat natürlich auch seinen eigenen Reiz.
SPOX: Da Sie es selbst ansprechen: Den meisten Leuten ist Columbia eher für ihr akademisches Top-Niveau bekannt, weniger für ihr sportliches.
Lo: Das stimmt, aber das sportliche Niveau ist auch sehr hoch. Ich habe mich davon persönlich überzeugt, weil Basketball für mich auch sehr wichtig war und ist. Als ich gesehen habe, wie gut das Niveau war, musste ich dann nicht mehr lange überlegen. Es wird auch häufig vergessen, dass die Ivy League ja durchaus eine der Major Conferences der NCAA ist. Wer sich hier durchsetzt, kann es mit jeder Mannschaft in Amerika aufnehmen.
SPOX: Und wie waren dann Ihre ersten Eindrücke von New York? Sie kommen selbst aus einer Großstadt, aber NYC ist natürlich eine eigene Hausnummer.
Lo: Am Anfang war New York wirklich überwältigend. Es gibt dort so unglaublich viel zu sehen, so viele Menschen. Aber man lernt mit der Zeit, die Stadt zu verstehen, sich an den Rhythmus und die Hektik zu gewöhnen. Mittlerweile fühle ich mich in New York extrem wohl.
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