Serbien: Gesunde Härte plus genialer Wahnsinn
Die Sehnsucht ist groß in Serbien. Seit der Auflösung Jugoslawiens wartet das basketballverrückte Volk auf einen internationalen Titel - und in diesem Jahr stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht. Als amtierender Vizeweltmeister gehen die Serben als bestes Team Europas in die EM, die Mannschaft blieb nahezu unverändert.
Die Serben kommen wie gewohnt mit einer beeindruckenden Physis daher, fünf Spieler sind 2,08 Meter oder größer. Zudem verfügen alle Big Men über herausragende Fundamentals, ein Nemanja Bjelica oder Miroslav Raduljica ist im Low-Post von einem Mann alleine kaum zu stoppen. Da beide darüber hinaus auch noch über ein feines Auge für die Mitspieler verfügen, ist Serbien das wohl gefährlichste Inside-Outside-Team des Turniers, denn auch an Scharfschützen hat es der Nation noch nie gemangelt.
Auf der Eins läuft mit Milos Teodosic zudem einer der besten Playmaker des Kontinents auf - mit einer gesunden Portion Wahnsinn in seinem Spiel. Sein unbändiges Selbstvertrauen springt auch auf seine Mitspieler über, an ihm können die jungen Spieler wie Bogdan Bogdanovic oder Nemanja Nedovic wachsen.
Bei allem Erfolg hat die vergangene WM allerdings auch gezeigt, dass das Team nicht unbedingt von Anfang an fokussiert ist und eine gewisse Anlaufzeit braucht. In einer umkämpften Vorrunde verloren die Serben 2014 drei Spiele und schafften den Einzug ins Achtelfinale nur als Gruppenvierter. Sollten die Serben den Start in die Todesgruppe B ähnlich verschlafen, könnte ihnen das zum Verhängnis werden.
Player to Watch: Bogdan Bogdanovic. Der Guard von Fenerbahce Istanbul ist das größte Talent Europas und könnte in Berlin sein internationales Breakout-Turnier abliefern. Bis auf seine (noch) fehlende Muskelmasse bringt der 22-Jährige alles mit: Drive zum Korb, Gefahr aus der Distanz und eine On-Ball-Defense, die ihresgleichen sucht.
Spanien: Sergio, Sergio und Sergio
Der Stachel sitzt noch tief nach dem Viertelfinalaus bei der Heim-WM im letzten Jahr gegen Frankreich. Wiedergutmachung ist angesagt, und dabei präsentiert sich die rote Furie im neuen Look: Ibaka, Rubio, Calderon, Marc Gasol, Navarro - alle nicht dabei. Was allerdings nichts daran ändert, dass der Kader so tief besetzt ist wie kaum ein anderer.
Mit den beiden Euroleague-Gewinnern Sergio Rodriguez und Sergio Llull hat Head Coach Sergio Scariolo einen Backcourt am Start, der sich in- und auswendig kennt und kaum Schwächen aufweist. Beide können selber Würfe kreieren und verfügen darüber hinaus über jegliche Spielmacherfähigkeiten. Ein solch dominantes Duo gibt es in Europa nicht noch einmal.
Auf den großen Positionen gibt es eine ähnliche Situation. Nur dominiert am Brett nicht die Flagge von Real Madrid, sondern die der Chicago Bulls. Oldie Pau Gasol und Stretch-Vierer Nikola Mirotic verfügen über ein großes, offensives Waffenarsenal. Gegen betont physische Gegner wie Serbien könnte es aber Probleme geben.
Trotz der Absagen einiger Stars zählen die Spanier, wie eigentlich immer, zu den Topfavoriten auf den Titel. Unter Coach Scariolo, der nach drei Jahren Abstinenz an die Seitenlinie zurückgekehrt ist, holte Spanien 2009 und 2011 den Titel. Viele Spieler waren damals schon dabei und verehren das System des Italieners, der sich darauf verlassen kann, dass seine Jungs offensiv wie defensiv seinem Weg als homogene Einheit folgen werden. Geniale individuelle Momente gehören da natürlich auch dazu.
Player to Watch: Guillermo Hernangomez. Durch die Abwesenheit von Ibaka und Marc Gasol dürften für die spanische Center-Hoffnung ein paar Minuten abfallen. Der 21-Jährige wurde klassisch ausgebildet, verfügt über eine starke Fußarbeit und besitzt einen Touch aus der Halbdistanz. Gilt als künftiger NBA-Spieler - nun kann er zeigen, warum.
Der EM-Spielplan im Überblick