"Wollten, dass er der nächste Dirk wird"

Mike Taylor führte ratiopharm Ulm 2006 in die BBL
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SPOX: Kommen wir auf die D-League zu sprechen. Sie waren zwei Jahre Trainer der Maine Red Claws, die das Farmteam der Boston Celtics sind. Warum haben Sie den Job aufgegeben?

Taylor: Die Celtics haben mich immer unterstützt, auch als das Angebot aus Polen kam. Der Trainerwechsel von Doc Rivers zu Brad Stevens war gerade vollzogen und ich hätte bei den Celtics bei den Draftvorbereitungen und der Summer League dabei sein können, aber ich wollte keine halben Sachen und habe mich dann entschieden, mich ganz dem polnischen Nationalteam zu widmen. Deswegen bin ich direkt nach Saisonende im April rübergekommen und habe mich mit allen Leuten hier unterhalten, mir Spiele angeschaut und angefangen, das Team aufzubauen. Ich denke, es war die richtige Entscheidung. Ich fühle mich jedenfalls gut damit. Ich habe immer davon geträumt, Nationaltrainer zu werden und der Traum ist jetzt mit Polen wahr geworden.

SPOX: In Deutschland rückte die D-League durch Tim Ohlbrecht stärker in den Fokus. Er war dort sehr erfolgreich und kam dann mit einem besseren Image zurück in die BBL. Würden Sie auch anderen deutschen Spielern raten, den Schritt in die D-League zu machen?

Taylor: Nein! Die D-League kann ein guter Ort für Spieler sein, die ohnehin auf dem NBA-Radar sind, aber es kann auch sehr schwierig für die Spieler werden, die eben nicht auf dem NBA-Radar sind. Die NBA-Teams sehen die Liga als Evaluations-Möglichkeit für die NBA. Kann dieser Spieler in der NBA spielen? Kann er einigen Teams zu einer bestimmten Zeit weiterhelfen? Sobald die Teams aber merken, dass der Spieler es nicht schaffen kann, verschwendet er seine Zeit. Zum einen verdient man so gut wie kein Geld dort und zum anderen ist es häufig schwierig, den Spielstil, der dort gepflegt wird, auf Europa zu übertragen.

SPOX: Aber warum lief es dann für Ohlbrecht so gut?

Taylor: Tim war damals in einer guten Situation, weil Houston ihn sehr gefördert hat. Er spielte gut für Rio Grande und bestätigte das dann auch in Fort Wayne. Er ist eine der positiven Geschichten der Liga, aber es gibt eine Menge anderer Beispiele, wo es nicht funktionierte. Die Spieler verlieren wertvolle Zeit in ihrer Karriere, verdienen nichts und kommen nicht so weiter, wie sie es in Europa getan hätten. Ich würde Spielern, die auf dem NBA-Radar sind, daher eher raten, ihre Karriere in Europa oder woanders voranzutreiben und Geld zu verdienen.

SPOX: Es gibt einige deutsche Spieler, die an der Schwelle zur NBA stehen. Daniel Theis, Maxi Kleber, Paul Zipser... Würden Sie ihnen raten, es in der NBA zu versuchen, oder sollten sie sich auf eine gute Karriere in Europa fokussieren?

Taylor: Jeder Spieler, der in der Situation ist, muss für sich wissen, ob es eine richtige Chance ist oder eher noch ein langer Weg. Da ist es eine gute Sache, wenn sie mal in der Summer League gespielt haben. Sie können sich alles einmal anschauen, aber wir sprechen wieder über ein großes Opfer und finanzielle Einbußen, um den Schritt in die NBA zu schaffen. Wenn es dein Traum ist, dann folge ihm, aber jeder sollte so realistisch sein und sich eingestehen, wenn es nicht der richtige Platz ist. Das sind alles tolle junge Spieler, die eine große Karriere vor sich haben, aber sie müssen in der richtigen Situation sein, um sich optimal zu entwickeln.

SPOX: Was halten Sie von Maodo Lo? Glauben Sie, dass er eine Chance auf die NBA hat?

Taylor: Was ich bisher von ihm gesehen habe, hat mich sehr beeindruckt. Er ist ein sehr wichtiger Spieler für Columbia und hat das auch bei der A2 unter Henrik Rödl gut gemacht. Er hat jede Menge Potenzial und ich bin gespannt, wie sich dieser Spieler weiterentwickelt. Für mich ist wichtig, dass die Jungs Spaß am Basketball haben. Ich hoffe daher, dass er einen Ort findet, wo er Spaß am Spiel hat und so die richtige Arbeitseinstellung findet, um erfolgreich zu sein.

SPOX: Kommen wir noch mal auf Sie persönlich zu sprechen. Ihr Vater Dick war ebenfalls Trainer. War es da schon vorprogrammiert, dass Sie in seine Fußstapfen treten werden?

Taylor: Ich weiß es nicht. Aber es war schon so, dass ich immer dabei war. Ich bin auf dem Trainingsplatz aufgewachsen, war immer bei den Teams dabei. Ich habe ihn auf vielen Roadtrips begleitet. Wir sind zusammen zu Auswärtsspielen gefahren, haben Teams gescoutet. Mir hat das von Anfang an Spaß gemacht. Ich wollte immer Basketball-Trainer sein. Basketball war immer Thema und darüber bin ich sehr froh, weil es gleichzeitig unsere Familie immer eng zusammengehalten hat. Mein Vater erzählt immer eine Story. Ich muss so ungefähr sieben Jahre alt gewesen und mein Dad schaute sich ein Spiel im Fernsehen an. Da habe ich meinen Malblock herausgeholt und angefangen, irgendwelche Plays aufs Papier zu kritzeln. Ich wollte so sein wie mein Dad. Damit fing wohl alles an.

SPOX: Ihr Vater arbeitete auch mit NCAA-Legende Bob Knight zusammen. Er gilt als sehr aufbrausende Person. Hat Ihr Vater Ihnen mal Stories von ihm erzählt? Oder haben Sie es selbst mitbekommen?

Taylor: Wir haben großen Respekt vor Coach Knight. Er ist eine Legende und hat so viel erreicht. Sein Erfolgsgeheimnis ist, dass er nie zulässt, dass jemand es sich gemütlich macht. Damit hält er immer alle Spieler auf Trab. Die heutige Spielergeneration ist aber anders und das hat er, denke ich, gemerkt, als er von Indiana, wo er die NCAA dominiert hatte, zu Texas Tech gewechselt ist. Er war sehr innovativ in seinem Coaching, egal ob es in der Offensive oder in der Defensive war. Daher waren alle Geschichten, die uns mein Dad über ihn erzählt hat, immer von tiefstem Respekt geprägt. Ich war auch bei seinen Clinics in Indiana und er war immer sehr gut zu mir. Daher schaue ich zu ihm auf uns sehe ihn als Vorbild. Andere Leute schauen vielleicht mehr auf die vielen kontroversen Dinge, die er getan hat. Ich sehe nur das Positive und bin ein großer Fan von Coach Knight.

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