Henrik Rödl hätte schon als Bundestrainer in die EM gehen sollen
Stephen Arigbabu: Warum hätte das so sein sollen? Es wurde doch von Anfang an kommuniziert, dass Fleming noch einmal Head Coach ist. Und er ist für mich auch eine sehr gute Lösung. Darüber hinaus arbeitet er ohnehin schon eng mit Rödl zusammen, der in alle Abläufe involviert ist. Wenn er dann nach dem Sommer übernimmt, passt das doch. Außerdem könnte es auch einen positiven Einfluss auf das Team haben, dass Fleming noch einmal dabei ist. Die Jungs wissen ja auch, dass es das letzte Turnier des Coaches ist und wollen für ihn was Gutes abliefern. Zumindest bei uns war es damals so, dass wir für den Trainer gespielt haben. Und Fleming hat das nötige Standing innerhalb der Mannschaft.
Thorben Rybarczik: Da bin ich bei dir. Fleming hat in der Vergangenheit stets das Beste aus den ihm zu Verfügung stehenden Teams herausgeholt. Dabei hatte er gewissermaßen einen undankbaren Job, denn auch wenn die vielen Absagen ein Phänomen sind, das es schon immer gab, hatte wohl kein Bundestrainer vor ihm so viele Ausfälle zu beklagen. Warum sollte er also nicht die Chance haben, noch einmal ein großes Turnier zu spielen und damit einen würdigen Abschluss zu feiern? Zumal er ja schon für die - zugebenermaßen etwas holprige - Qualifikation gesorgt hat.
Stephen Arigbabu: Eben. Er hat seine Ziele immer erreicht, auch wenn es Kritik gab. Wie du schon sagst: Wenn es Spieler gibt, die aus privaten Gründen während eines Quali-Turniers abreisen, dann wird es schwer für den Trainer. So etwas gab es in unserer Generation übrigens nicht. So gesehen hätte es sicherlich auch Trainer gegeben, die nach dem vergangenen Quali-Sommer gesagt hätten: 'Das war's, ich hab' die Schnauze voll'. Das hat Fleming nicht getan, was man ihm hoch anrechnen muss.
Ole Frerks: Fleming hatte einen verdammt schwierigen Job - einerseits die vielen Absagen, andererseits späte Zusagen, kaum Möglichkeiten für gemeinsames Training, und so weiter. Er hat daraus viel, wenn auch womöglich nicht das komplette Maximum rausgeholt. Ich finde es daher auch angemessen, dass er eine letzte Chance erhält, noch etwas richtig Positives aus seiner Amtszeit herauszuholen.
Thorben Rybarczik: Trotzdem halte ich Rödl für den optimalen Nachfolger - allein schon deshalb, weil die Nationalmannschaft für ihn immer die höchste Priorität hatte. Das war bei Fleming zumindest in der jüngeren Vergangenheit nicht der Fall. Vielleicht hat das ja auch auf die Spieler abgefärbt, bei denen das offensichtlich genau so war.
Ole Frerks: Das finde ich Fleming gegenüber nicht fair. Auch die Top-Teams in Europa haben teilweise Coaches in Doppelfunktion - Djordjevic betreut Serbien und Bayern, Collet coacht Frankreich und Straßburg, Messina coacht Italien und ist Assistant Coach bei den Spurs, und so weiter. Es hängt für mich mehr an den Spielern, die sagen müssen: ‚Ich habe Lust, ich spiele.' Das ist bei den Deutschen anders als bei den klassischen Basketball-Nationen wie Serbien. Ich hoffe deswegen wie gesagt, dass Schröder in Zukunft das Vorbild für die anderen Talente sein wird. Dadurch hätte Rödl dann in Zukunft auch einen angenehmeren Job als Fleming ihn hatte, ohne dass er das selbst direkt beeinflussen würde.
Robert Arndt: Bei dieser These bin ich sehr zwiegespalten. Ich halte Rödl auch für die beste Wahl, gerade weil er eben immer vor Ort ist und auch den Stallgeruch vorweist. Er weiß, wie die Dinge beim DBB laufen und hat sich hoffentlich zudem bei Fleming ein paar Sachen abschauen können. Denn bei aller Kritik halte ich Fleming weiter für einen exzellenten Coach, der aber wohl besser als Klub-Trainer aufgehoben ist, der täglich in der Halle steht. Andererseits ist es jetzt nur konsequent am Amerikaner festzuhalten. Mit welchem Trainer auch immer: Das deutsche Team wird bei diesem Turnier (leider) nicht weit kommen. Rödl kann im Hintergrund seine Lehren ziehen und steht nicht im Kreuzfeuer der Kritik, falls es tatsächlich ernüchternd läuft. So bekommt Rödl nach der Eurobasket die Chance auf einen frischen Start.