Der dreimalige Toursieger Greg LeMond hat schwere Anschuldigungen gegen Lance Armstrong und den Radsport-Weltverband UCI erhoben. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" bezichtigte der Amerikaner seinen Landsmann Armstrong der versuchten Bestechung und wirft zugleich der UCI mafiöse Strukturen vor.
Unterdessen soll LeMond im Zuge der Doping-Ermittlungen gegen Armstrong und weitere Mitglieder des früheren US-Postal-Teams am 30. Juli vor der Grand Jury aussagen. Das berichtet die "New York Daily News". Der 49-Jährige solle seine Kenntnisse über die Praktiken der Teams mitteilen, für die Armstrong seit 1998 gefahren ist.
Zuvor griff er Armstrong nochmal öffentlich an. "Ich weiß, dass er jemanden bezahlen wollte. Ich kann nicht sagen, wer es ist, weil derjenige heute noch im Feld arbeitet. Aber er bekam letztes Jahr 300.000 Dollar dafür geboten, um zu behaupten, dass ich Epo nahm. Er hat abgelehnt. Weil es nicht stimmt", behauptete LeMond.
Armstrong habe alle in der Hand
Der siebenmalige Toursieger sei 2001 in sein Leben gerast, so LeMond, nachdem er einen Kommentar über die Zusammenarbeit Armstrongs mit dem verurteilten Dopingarzt Michele Ferrari gemacht habe. "Seitdem nahm er plötzlich Einfluss auf mein Leben, auf meine Fitness-Firma in Montana, auf die Radfirma Trek, für die er wirbt, sie trennte sich von mir. Er versucht halt, andere zu dominieren. Wie früher im Rennen", ergänzte der 49-Jährige.
Es werde Zeit, dass Armstrong gehe, so LeMond weiter: "Er und seine Leute waren meiner Meinung nach mit das Schlimmste, was dem Radsport passiert ist."
Armstrong habe sie alle in der Hand, die Veranstalter, die Organisation dahinter. "Es ist ja nicht nur seine Art, die kontrovers ist: Er hat positive Dopingproben abgeliefert wie 1999. Oder im Müll seines Teams haben sie seltsame Dinge gefunden, wie letztes Jahr nach der Tour oder wie 2000. Nun hat Floyd Landis zu seiner US-Postal-Zeit ausgesagt. Aber: Der Radsport schweigt. Das ist die Realität."
"Kommt rüber in die Staaten und klagt!"
Insbesondere mit der UCI geht der Kalifornier hart ins Gericht. "Ich weiß nicht, ob ich den Vergleich benutzen sollte, aber es erinnert mich schon an die katholische Kirche und ihre Missbrauchsopfer. Auch dort müsste die Spitze ersetzt werden, denn sie hatten Kenntnisse von alledem - und haben nichts unternommen. Das Gleiche ist im Radsport passiert: Jeder war Teil des dreckigen Spiels, und niemand sagt: "Lasst uns das Haus durchkehren!", moniert LeMond.
Nach Informationen von LeMond habe Armstrong sogar 500.000 Dollar an die UCI gezahlt. Zuletzt hatte Präsident PatMcQuaid zwei Spenden in Höhe von 125.000 Dollar einräumen müssen. "Allein der Fakt, dass es journalistischer Recherchen bedurfte, damit sie wenigstens die 125.000 einräumen mussten, spricht doch für sich. Wenn das keine Korruption ist, was sonst? Schweigen, zahlen - es ist fast wie bei der Mafia", so LeMond weiter.
Er habe bereits drei Briefe von McQuaid mit Klage-Androhungen bekommen, weil er die UCI korrupt genannt habe, ergänzte LeMond. "Und ich habe seine Briefe gesehen an Landis, auch die von Hein Verbruggen (Anm. d. Red.: McQuaids Vorgänger), und ich kann beiden nur sagen: Kommt rüber in die Staaten und klagt!"
"Armstrong wird es erwischen"
LeMond verknüpft große Hoffnungen mit den Ermittlungen in den USA gegen Armstrong und weiteren Mitgliedern des früheren US-Postal-Teams im Zuge der Doping-Anschuldigungen von Landis.
"Armstrong wird es erwischen, da bin ich mir sicher, er ist Geschichte. Aber wenn es auch den Verband betrifft, die UCI - und ich glaube, das ist möglich -, dann wird es noch interessanter", sagte der Amerikaner.
LeMond glaubt zu wissen, dass Landis durchaus Beweise für die Anschuldigungen gegen Armstrong habe. Er habe außerdem gehört, dass viele aussagen werden, "obwohl sie sicher Angst haben werden, dass er sie aus dem Geschäft drängt. Aber lügen ist jetzt nicht mehr möglich. Denn es ist die Bundespolizei", ergänzte LeMond, der Landis einen Rechtsbeistand besorgt habe.
LeMonds Anschuldigungen zurückgewiesen
Das sei nötig, wenn man Armstrong als Gegner habe. Das Einzige, worauf Armstrong noch bauen könne, seien seine erstaunlichen Kontakte in die Politik. "Aber es wird nichts helfen. Und im Gegensatz zu seiner Sache war Balco ein kleiner Fall. Da ging es doch um die Beschaffung von ein paar Dopingmitteln", so LeMond weiter.
Dass Armstrong gegen Landis nicht klage, habe seinen Grund. "Weil Floyd die Wahrheit sagt! Und sie wissen es, er selbst, die anderen Beschuldigten, ihre Anwälte wissen es.Solche Verhandlungen zu Klagen entwickeln ja ihr Eigenleben, und darauf verzichten sie wohl lieber", meinte LeMond. Sowohl Armstrongs Sprecher als auch der Radsport-Weltverband wiesen die Anschuldigungen des früheren Radprofis zurück.