Zwischen Umbruch & Abenteuerreisen

Von SPOX
Allerlei Kurioses erlebten die Redakteure Simbeck, Reimann, Tittmar, Regelmann und Gruber (v.l.)
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Beklaut & begeistert - CL-Wahnsinn in Madrid

Von Daniel Reimann (Volontär)

"Nicht alle Spanier sind Taschendiebe", sagt Chechu, tätschelt mich herzlich und reicht mir einen Oldskool-Laptop von Dell. "Tausend Dank", sage ich zu ihm. "Scheiß drauf. Hauptsache, das Ding kann noch Word", denke ich mir über den Laptop. Chechu hat mir soeben den Arsch gerettet.

Chechu, das ist einer der Bosse von Opta Spain. Ich war und bin SPOX-Volontär, machte meine Hospitanz in der Opta-Redaktion von Madrid. Aber an jenem Tag war ich auch Opfer eines unfassbar gerissenen Taschendiebes, der - wie die Bezeichnung schon nahelegt - mir am Abend zuvor die Tasche geklaut hat.

Als ich es bemerkt hatte, galt der erste Gedanke EC- und Kreditkarte. Schnell gesperrt, alles gut. Und schon der zweite Gedanke galt dem Laptop, der ebenfalls in der Tasche war. "Verdammtnochmal", dachte ich mir. "Dann ist's Essig mit dem Stadionbesuch." Ohne Übertreibung eine mittelschwere Katastrophe für mich. Erst die weiteren Gedanken galten der Problematik, wie ich überhaupt ohne Hausschlüssel, Geld und Handy um 23 Uhr noch einen Platz zum Schlafen finden soll.

Wenige Tage später stieg das Halbfinalhinspiel der Champions League. Real Madrid - FC Bayern. Bei SPOX sind solche Partien Chefsache, ein Fall für die Bayern-Reporter Gaber, Lehner oder Demireli. Aber glücklicherweise war ich im April 2014 ohnehin in Madrid - und zog damit den größtmöglichen Jackpott. Real - Dortmund, Atletico - Barca, Real - Bayern, alles in jenem April. Und der Volontär Reimann macht plötzlich die Vor-Ort-Coverage. Läuft.

Topscorer-Bingo im Opta-Büro

Ich weiß nicht, in welchem Moment ich aufgeregter war: Beim ersten Betreten der Opta-Hallen oder des Bernabeu. Komplett verschiedene Momente und doch brutal aufregend. Bei Opta legte sich die Nervosität mit Chechus erstem Händeschütteln. Der Typ ist ein Phänomen: Gefühlt 2,70m groß, breit wie Bagger und mit einem väterlichen Teddybär-Grinsen ausgestattet. Wohlfühlfaktor 10 schon in den ersten Minuten.

Opta? Diese Statistik-Jungs? Sind das nicht alles brutale Nerds? Ja und nein. Wenn sich Victor und Enrique wechselseitig Topscorer-Listen abfragten, war das schon faszinierend nerdy. Doch davon abgesehen waren die Jungs nicht großartig anders als meine Kollegen bei SPOX: Brutal hilfsbereit, unternehmungslustig und mit leicht ordinärem Humor ausgestattet.

So saß ich da, lauschte dem täglichen Topscorer-Bingo ("Sanchez?" - "13?!" - "15!" - "Mierda!") und schusterte mit meinem Abitur-Spanisch und Opta-Daten Artikel für Goal Espana zusammen. Nie hätte ich gedacht, dass man für eine kleine, schmutzige Datenvorschau derart lange brauchen und dennoch hinterher so kindisch stolz darauf sein kann.

Alles geklaut - alles egal

Die Highlights blieben dennoch die Stadionbesuche. Bernabeu, eine vollkommen surreale Wunderschüssel. Aus dem Journalisten Daniel Reimann wurde kurz der kleine Junge, der wie so viele selbst den Fußballer-Traum hatte, dem es kalt den Rücken herunterläuft, als er das noch beinahe leere Bernabeu betritt. Der seine seriöse Rolle kurz abstreift und sich auf den obersten Rang schleicht, um ein Poser-Panorama-Foto zu schießen.

Vicente Calderon, wo die Gegentribüne über einer Autobahn verläuft. Wo es die widerlichste Stadionwurst aber an jenem Abend die beste Stimmung gibt. Wo der Journalist Daniel Reimann in der 92. Minute die Analyse fertigstellt, damit Fußball-Bewunderer Daniel den Wahnsinn der letzten Minuten vor Abpfiff filmen kann. Gänsehaut ohne Ende.

Das Video kann ich heute leider nicht mehr sehen. Es war auf dem Handy, das mitsamt meiner Tasche geklaut wurde. Das jetzt irgendwo in Madrid von einem gerissenen Taschendieb genutzt wird. Der womöglich an meinem Laptop hockt, sich mit dem Bügel meiner Brille an der Nase kratzt und genüsslich den letzten Schluck Whiskey süffelt, der er sich hoffentlich von meiner Kohle gekauft hat. Wohl bekommt's, du Sackgesicht! Die geniale Zeit in Madrid konnte er mir trotzdem nicht vermiesen.

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