These: Bargnani ist mit Verspätung auf dem Weg zum nächsten Nowitzki
Philipp Dornhegge: Zunächst einmal: Was genau verleitet uns zu dieser Annahme? Er konnte die Vorschusslorbeeren bisher nicht rechtfertigen und wird das wohl auch nie tun. Er mag eine ordentliche Saison spielen, aber überragend ist die nun auch nicht und in Erfolgen spiegeln sich seine Leistungen auch nicht wider. Ich glaube, dass er sein Rolle als richtig guter NBA-Spieler gefunden hat, aber nie darüber hinauskommen wird. Wenn man sich allein seine Rebound-Zahlen anschaut: 5,5 Rebunds im Schnitt sind für einen 2,13-Meter-Mann mit über 30 Minuten Spielzeit schon erbärmlich. Der Vergleich mit Nowitzki hinkt aus meiner Sicht völlig. Er ist ein guter Schütze und als solcher mit Sicherheit auch in Drucksituationen nervenstark. Aber er ist weit entfernt von der Killer-Mentalität, die Nowitzki in der NBA in einem Maße verkörpert wie sonst nur Kobe, Melo oder Durant. Ich möchte Bargnani allerdings zugestehen, dass er mir im Nationalteam richtig gut gefällt. Italien hat ja bei der letzten EM schon enttäuscht. Eine Mannschaft mit drei etablierten Spielern wie Belinelli, Gallinari und eben Bargnani hätte ruhig mehr erreichen können. Ich bin aber der Meinung, dass gerade Bargnani getan hat, was er konnte. Auf europäischem Niveau ist er eben doch ein guter Rebounder, vor allem ein echter Shotblocker und dazu hat er ganz wichtige Würfe getroffen, ohne dabei egoistisch zu sein. Wenn sich Gallinari weiter entwickelt und Belinelli mannschaftsdienlicher spielt, dann halte ich die Italiener in den kommenden Jahren für eine Mannschaft mit Potenzial.
Ettore Messina: Potenzial ist in Italien vorhanden, doch wir haben das gleiche Problem wie Deutschland: Ihr habt Nowitzki, wir haben Bargnani, Gallinari und Belinelli - doch bei beiden Ländern fehlt die Tiefe. Die Spieler, die nicht in der NBA sind, müssen hervortreten und den Erwartungen gerecht werden, aber derzeit ist die Lücke einfach zu groß. Zu Andrea: Ich habe ihn drei Jahre trainiert und kenne ihn sehr, sehr gut. Die Parallelen zu Dirk sind offensichtlich und Andrea bringt ebenfalls großes Talent mit. Aus meiner Sicht wurde Andrea bisher von zwei Faktoren am Durchbruch gehindert. Punkt eins: In Toronto gab es lange keine Kontiunität. Wenn diese bei den Raptors einkehrt und höhere Ambitionen verfolgt werden können, wird Andrea enorm profitieren, davon bin ich überzeugt. Punkt zwei: Für mich ist Andrea ein klarer Power Forward und kein Center.
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Haruka Gruber: Genau das ist das große Missverständnis: Bargnani ist wie Dirk ein Power Forward. Ich habe noch nie verstanden, wie man auf die Idee kommen kann, ihn als Center einzusetzen. Selbst im absoluten Notfall findet sich irgendein D-League-Big-Man, der als Center geeigneter ist, damit Andrea auf der Vier spielen kann. Natürlich muss er mit seinen 2,13 Metern mehr Rebounds holen, andererseits steigern sich seine Rebound-Zahlen garantiert, wenn er auf der Power-Forward-Position auf weniger physische und bullige Gegenspieler trifft. Dirk wurde in der NBA über Jahre im Kern vielleicht richtig, aber übertrieben hart attackiert. Genau den gleichen Fehler sollte man bei Bargnani nicht begehen: Er hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt und sich anders als ein Milicic von der Kritik nicht entmutigen lassen. Das ist schon mal etwas. Ein nächster Dirk wird er womöglich nie - aber: Bargnani ist erst 26 Jahre alt, trifft 20 Punkte im Schnitt und bekommt in der kommenden Saison mit der litauischen Teenie-Sensation Valanciunas einen Center an die Seite gestellt, damit er zukünftig als Power Forward auflaufen kann. Valanciunas wird seine Zeit zur Umstellung brauchen, doch in ein, zwei Jahren könnten beide einen fantastischen Euro-One-Two-Punch bilden.
Florian Regelmann: Bisher wurde Bargnani in Toronto gefangen gehalten, das ist hart. Aber noch schlimmer ist für ihn, dass er in der Kategorie "Fantasy-Spieler" gefangen ist. Toller Scorer, toller Schuss - aber das Potenzial, um wirklich mal Superstar-Status zu erlangen, sehe ich einfach nicht. Dass seine Rebound-Zahlen ein schlechter Witz sind, weiß jeder, aber er hat vor allem auch nicht die Persönlichkeit, um mal in die Nähe von Nowitzki zu kommen. Im Gegensatz zu Landsmann Gallinari. Gallo kann man spielerisch mit Dirk nicht vergleichen, weil er ein ganz anderer Typ ist. Dirk ist ein purer Scorer, während Gallo als Point Guard aufgewachsen und viel mehr der Playmaker ist. Das ist seine Mentalität. George Karl hat Detlef Schrempf gecoacht und Gallinari mit ihm verglichen. Was Gallinari so besonders macht, ist sein komplettes Paket an verschiedenen Skills. Ich habe das vor Jahren gesagt und ich bleibe dabei: Ich bin großer Fan von Gallo, wenn der Junge in Denver endlich mal verletzungsfrei bleibt, wird er nicht auf Nowitzki-Niveau kommen, das wäre etwas viel verlangt, aber Gallinari wird mal der beste Europäer in der NBA sein. Und nicht Bargnani.
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