Teil IV: Dwight Howard als Hemmschwelle
Dwight Howard, das Lakers-Enigma. Er sollte aus den Lakers die zweite NBA-Macht neben den Miami Heat machen, stattdessen weiß in L.A. niemand so recht, was man vom vermeintlich besten Center der Welt halten soll.
Ist er noch immer angeschlagen, weswegen er seine übermenschliche Physis nur für kurze Perioden in Leistungen umwandeln kann? Oder fehlt ihm der Output, weil er von seinen Mitspielern geschnitten wird, die ihn wahlweise für einen Störenfried, einen Faulpelz oder ein Weichei halten? Entsprechende Insider-Berichte gibt es zuhauf.
"Howard macht den Eindruck, als ob er unter einer Glocke spielt. Häufig sehnen sich Superstars nach einer Komfort-Zone, in der sie sich sicher sind, wie viele Minuten sie spielen und wie viele Würfe sie bekommen. Ohne diese Sicherheit sind sie unglücklich", sagt Bauermann.
Vom Zwischenmenschlichen abgesehen könnte es jedoch auch taktische Gründe geben, die erklären, warum selten Angriffsspielzüge für Howard gelaufen werden und er daher so teilnahmslos wirkt. So kommt das von D'Antoni besonders akzentuierte Pick'N'Roll Howard nicht gelegen: "Er ist kein klassischer Center, der in einer fließenden Bewegung zum ballführenden Mitspieler läuft, fließend einen Block setzt und sich fließend abrollt. An der Dreierlinie kommt er sich verloren vor. Stattdessen fühlt er sich in statischen Brettsituationen deutlich wohler, bei denen er angespielt wird und sich direkt am Brett durchsetzt." (siehe Diashow)
Umso verwunderlicher ist es, dass Howard in der Offensive spärlich eingebunden wird. Im Vergleich zum Vorjahr in Orlando nimmt Howard über 3 Würfe weniger pro Spiel (von 13,4 auf 10,3), und die wenigen Versuche ergeben sich häufig aus selbst erarbeiteten Offensiv-Rebounds.
Dabei wäre die "Vier außen, einer innen"-Ausrichtung wie geschaffen, um über Howard einfache Punkte zu erzielen: Die vier Mitspieler binden ihre Gegenspieler an der Dreierlinie, so dass Howard in der Mitte gegen den in der Regel deutlich unterlegenen gegnerischen Center das One-on-One suchen kann.
"Dass Howard dennoch so selten angespielt wird, muss mit etwas Tiefergehendem zusammenhängen, welches über Ressentiments hinausgeht. Sehr wahrscheinlich fehlt den Mitspielern wegen Howards Freiwurfschwäche das Urvertrauen in ihn", sagt Bauermann (siehe Diashow) und verweist auf selbst Erlebtes.
"In Leverkusen trainierte ich Tony Dawson, einen unglaublich guten Flügelspieler, der in der NBA ein paar Spiele machen durfte und in der Bundesliga scorte, wie er wollte, egal ob er von drei Mann bewacht wurde. Ich hatte nur einen Konflikt mit ihm: Wenn der gegnerische Center zu ihm rotierte, um ihn beim Wurf zu stören, gab er den Ball nie an unseren Center Sascha Hupmann ab, obwohl er komplett frei stand", erinnert sich Bauermann.
"Ich fragte Tony: 'Warum passt du nicht und lässt Sascha dunken? Dann machst du ihn glücklich und er rackert für dich im Gegenzug in der Defense.' Seine Antwort: 'Coach, ich sehe es anders: Selbst wenn ich von mehreren Gegenspielern verteidigt werde, ist die Chance größer zu punkten, als wenn ich Sascha anspiele. Wenn er beim Wurf gefoult wird, trifft er höchstens einen von zwei Freiwürfen.' So ist die normale Logik eines Spielers. Und so entstehen Hemmschwellen, die sehr problematische Prozesse in einer Mannschaft einleiten, weil der Center lediglich 50 Prozent der Freiwürfe trifft. Dabei braucht Howard das Gefühl, dass man auf ihn setzt, sonst wird es nichts mehr mit den Lakers. Wenn er weiter so wenige Würfe bekommt, geht er irgendwann in die innere Immigration."
Teil I: Die Suche nach Identität