Teil I: Nowitzki & Ellis - The Two Men Group
Dass ihm das All-Star-Game seit jeher nicht besonders behagt, hatte Dirk Nowitzki vor der diesjährigen Austragung noch einmal bekräftigt. "Selbst als ich noch jung war, entsprach es nicht wirklich meine Vorstellung eines Basketball-Spiels. Jetzt, da ich alt bin, entspricht es erst recht nicht meinen Vorstellungen", sagte Nowitzki, der das Wochenende lieber zur Entspannung genutzt hätte.
Dabei war die erneute Nominierung für das All-Star-Game schlicht ein Zeichen der Anerkennung. Sollte er seine 21,7 Punkte halten, wäre er der sechste Spieler der NBA-Geschichte nach Kareem Abdul-Jabbar, Karl Malone, Elgin Baylor, Alex English und Michael Jordan, der mit einem Alter von 35 Jahren oder älter in einer Saison mindestens 21 Zähler im Schnitt erzielt.
Noch beeindruckender: Er steht nach der MVP-Season 2006/07 zum zweiten Mal in seiner Karriere vor einem historischen 50/40/90-Jahr. Sprich: eine Saison mit einem Schnitt von 50 Prozent getroffenen Würfen, 40 Prozent getroffenen Dreiern und 90 Prozent getroffenen Freiwürfen. Aktuell liegt er bei 49,2 Prozent, 41,2 Prozent sowie 91,0 Prozent. Mitglieder des exklusiven 50/40/90-Klubs sind neben ihm nur Steve Nash, Larry Bird, Mark Price, Reggie Miller und Kevin Durant.
Derlei Leistungen nach zwei bestenfalls mittelmäßigen Jahren wurde Nowitzki kaum mehr zugetraut und lassen sich auf zwei Faktoren zurückführen: Auf seine wieder erlangte Fitness und auf seinen neuen Partner Monta Ellis. "Das Auffälligste an den Mavs in dieser Saison ist, dass Dirk nach einer sehr langen Zeit nicht mehr im alleinigen Fokus der offensiven Strategien steht", sagt Dirk Bauerman.
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"Dallas besitzt sicherlich nicht die am stärksten besetzte Mannschaft. Daher lassen sich die Erfolge nur damit erklären, dass das Zusammenspiel der beiden Führungsspieler gut klappt und es kein Element von Neid und Wettbewerb um die größere Anzahl von Würfen gibt."
Mit 6 Siegen aus den letzten 7 Spielen gehören die Mavs zu den formstärksten Teams der NBA und sind Sechster im Westen. Ligaweit weisen sie die achtbeste Bilanz auf. All das wäre ohne Ellis nicht denkbar. Bauermann: "Monta zählt nicht zu den ganz Großen des Basketballs, aber dennoch ist er wertvoll, weil er viel Druck von Dirk nimmt und zwei oder drei Gegenspieler auf sich zieht."
Erstaunlich ist vor allem, wie ausgewogen die Verantwortung geteilt wird. Nowitzki (15,9 Versuche pro Spiel) und Ellis (15,4) nehmen fast identisch viele Würfe und stimmen sich bei vielen Angriffsspielzügen gegenseitig ab. Etwa beim "77" (siehe Diashow), wenn Ellis als Point Guard den Play einleitet und am Ende Nowitzki davon profitiert. "Das 77 spielen die Mavs vor allem aus der Transition heraus. Ein hoher Pick'N'Roll hat im Basketball den Begriff '7' und weil zwei hintereinander ablaufen, erst mit Dirk, dann mit Sam Dalembert, heißt es '77'", sagt Bauermann.
Wenn Ellis freie Räume erkennt für den schnellen Gegenstoß, versucht er sich oft alleine - angesichts des fortgeschrittenen Alters der meisten Mitspieler häufig die einzige Möglichkeit der Mavs, um aus klassischen Fast-Break-Situationen zu punkten. So ist es auch zu erklären, dass Ellis (136,4) hinter Nicolas Batum (139,6) und Klay Thompson (137,3) die meisten Kilometer überhaupt läuft.
Insgesamt nimmt Ellis für einen klein gewachsenen Combo-Guard erstaunliche 44,7 Prozent seiner Würfe direkt am Korb und trifft dort starke 54,6 Prozent. Und: Pro Spiel erzielt er laut NBA.com 7,4 Punkte nach einem Drive - Nummer eins in der NBA. "Wenn der Gegner zum Wurf hochgeht, sprintet Ellis sofort los, um beim einem Fehlversuch leichte Körbe geschenkt zu bekommen. Dieses 'Cherrypicking' schmerzt den Mavs beim Defensiv-Rebound sehr, andererseits würden sie anders gar nicht zu Fast-Break-Punkten kommen", sagt Bauermann.
Denn: Von Ellis abgesehen verfügt in der Starting Five der Mavs niemand über die athletischen Fähigkeiten, um einen Gegner zu überrennen. Stattdessen soll Ellis mit seiner Schnelligkeit derart die gegnerische Verteidigung aufwühlen, dass Jose Calderon und vor allem Nowitzki zu freien Würfen kommen. Hilfreich dabei sind Ellis' unterschätzte Fähigkeiten als Passgeber (5,7 Assists).
Nowitzki beschränkt sich so fast nur noch auf Versuche aus der der Mittel- und Dreierdistanz. Lediglich 9,7 Prozent aller Würfe erfolgen direkt am Korb, was den Trend seit der Meisterschaft 2011 fortsetzt. Damals waren noch 20,1 Prozent aller Würfe direkt am Korb.
"Das ist die typische Entwicklung bei Spielern dieser Kategorie. Sie besitzen die Fähigkeit, sich auf die geringer werdende Athletik anzupassen. Michael Jordan hatte früher fast ausschließlich den Korb attackiert, bevor er zum Sprungwerfer wurde. Tim Duncan ist viel seltener in klassischen Post-Up-Situationen, sondern kommt immer mehr aus dem Pick'N'Roll und wirft der Mitteldistanz", sagt Bauermann und verweist auf die vielen Isolation-Plays, die für Nowitzki angesagt werden (siehe Diashow).
Allerdings bringt das Agieren am Perimeter einen erheblichen Nachteil mit sich. Der am gegnerischen Brett noch nie besonders auffällige Nowitzki hält sich noch seltener am Korb auf und holt daher nur 0,5 Offesiv-Rebounds pro Spiel - ein Karriere-Minuswert. Insgesamt greift er sich so wenige Rebounds ab wie seit der Rookie-Saison nicht mehr (6,1).
"Dirk war nie ein dominanter, aber sehr verlässlicher Rebounder. Dass es offensiv nicht mehr so klappt, weil er sich weiter weg vom Korb aufhält, ist logisch. Dass er defensiv ebenfalls weniger Rebounds holt, deutet wohl daraufhin, dass er einen halben Schritt langsamer geworden ist."
Teil I: Nowitzki & Ellis - The Two Men Group
Teil II: Calderons Rezept: Die zweite Welle
Teil III: Die Gründe für die miese Defense
Teil IV: Methusalem-Alarm auf den Flügeln