NBA

Vier außen, einer drin - und null Identität

Von Aufgezeichnet von Haruka Gruber
Vince Carter kommt ungehindert zum Wurf - World Peace, Howard und Kobe (v.l.) sind zu weit weg
© imago

Mit aller Macht und Blockbuster-Deals planten die Los Angeles Lakers die Übernahme des NBA-Throns. Doch trotz guter Ansätze wie beim Erfolg bei den Dallas Mavericks bleiben sie die große Enttäuschung. Zuletzt setzte es in Denver die nächste Niederlage. Woher kommt die Schwäche der individuell so überragend besetzten Mannschaft? Die Taktik-Analyse mit Ex-Bundestrainer Dirk Bauermann.

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Teil I: Die Suche nach Identität

Ein literarisches Denkmal: 2005/06 begleitete der Journalist Jack McCallum für eine gesamte Saison die Phoenix Suns und dokumentierte das Wirken des Trainers Mike D'Antoni, der mit der Idee des radikal-fundamentalistischen Offensiv-Basketballs die NBA veränderte. Der Buchtitel ":07 Seconds or Less" ist D'Antonis Mantra des schnellen Spiels, welches selbst bei der mäßig beeindruckenden Arbeit in New York zu erkennen war.

Bei den Lakers allerdings sind auch drei Monate nach Amtsübernahme nicht einmal Restspuren vom früheren D'Antoni-Basketball vorhanden. "Die Lakers haben noch keine Identität gefunden. Wenn man die Spieler fragen würde, wie sich die Mannschaft definiert, gibt es als Antwort vermutlich ein vielstimmiges Konzert, aber keine einheitliche Meinung. Indifferenzen in den Köpfen bilden sich immer auf dem Spielfeld ab", sagt Dirk Bauermann.

Die Indifferenzen in den Köpfen, also die Unschlüssigkeit der Spieler, macht Bauermann an einem Kernfaktor fest: die Zeit.

"Der Mannschaft merkt man deutlich an, dass sie sich im Prozess befindet. Sie wurde massiv verändert, unter anderem auf den zwei entscheidenden Positionen, der des Point Guards und des Centers", sagt der polnische Nationalcoach und ehemalige Bundestrainer.

"Umso wichtiger wäre eine Vorbereitungsphase gewesen. Durch den Trainerwechsel von Mike Brown zu D'Antoni wurden mitten in der Saison teils komplett neue Offensiv- und Defensivsysteme eingeführt. Nimmt man die Verletzungen hinzu, wird es fast unmöglich, Stabilität und eine Chemie zu entwickeln."

Obwohl die Lakers weit entfernt davon seien, mit dem Tempo der damaligen Suns zu spielen, gäbe es eine Gemeinsamkeit: die Grundformation in der Offensive, so etwas wie D'Antonis Signatur (siehe Diashow). "Als europäisch geprägter Trainer bevorzugt er ein Setplay mit vier Spielern draußen und nur einem Spieler innen. Der Innenspieler geht dabei häufig mit raus und bietet sich dem ballführenden Außenspieler für das Pick'N'Roll an. Diese massive Orientierung auf Pick'N'Roll-Situationen ist typisch für D'Antoni", sagt Bauermann und erinnert sich an dessen Zeit in Europa als Spieler.

"Ende der 80er Jahre beobachtete ich als Leverkusens Co-Trainer ein Spiel zwischen Saturn Köln und Olimpia Mailand mit D'Antoni als Point Guard. Mailand praktizierte den klassischen 'Vier außen, einer innen'-Basketball und D'Antoni lief mit Center Dino Meneghin einen hohen Pick'N'Roll nach dem anderen. Beide waren nicht zu stoppen und machten Mailand zur damals überragenden Mannschaft der 80er Jahre."

Jene "Vier außen, einer innen"-Formation erfordert jedoch besonders für die Big Men ein taktisch gut geschultes Verhalten: "Meneghin war nicht so groß, dafür ein Bulle von Mann, der unglaublich clever war und ein hervorragendes Timing für das Pick'N'Roll besaß." Diese Sicherheit fehlt den Großen der Lakers. Selbst der in Europa ausgebildete Pau Gasol fühlt sich unbehaglich, was in vielen Situationen sichtbar ist (siehe Diashow).

"An Gasol lässt sich am besten illustrieren, wie schwierig offenbar die Umstellung verläuft. Er besitzt einen guten Wurf und kann den Dreier treffen. Wobei er am effektivsten am linken Block ist, wenn er in eine Post-Up-Position gebracht wird. Nur bekommt er dort relativ selten den Ball, weil das taktisch nicht vorgesehen ist", sagt Bauermann.

Daher bietet D'Antoni seit der Gasol-Verletzung mit Earl Clark oder Metta World Peace zwei Small Forwards als Power Forwards auf, weil diese eher dem "Vier außen, einer innen"-Schema entsprechen. Dass die Lakers deswegen von Gasols Ausfall sogar profitieren könnten, verneint Bauermann dennoch: "Systematisch passen Clark und World Peace besser rein. Aber Gasol ist individuell so gut, dass man Wege finden kann, um ihn erfolgreicher einzubinden. Addition durch Subtraktion funktioniert lediglich in den allerseltensten Fällen."

Teil I: Die Suche nach Identität

Teil II: Kobe Version 2013

Teil III: Die Defense - Zeugnis der Misere

Teil IV: Dwight Howard als Hemmschwelle